Mit Demonstrationen an fast 250 Orten in Deutschland fordert die Klimaschutzbewegung Fridays for Future (FFF) an diesem Freitag von der Politik mehr Ehrgeiz im Kampf gegen die Erderwärmung. Rund um den Globus sind Hunderte weitere Kundgebungen und sogenannte Klimastreiks an Schulen geplant – mit der Forderung eines zügigen Ausstiegs aus Kohle, Öl und Gas. "Nie war es deutlicher als in diesem Sommer: Wir erleben live die Verschärfung der Klimakrise und gleichzeitig eine Regierung ohne klimapolitischen Plan", sagte die Aktivistin Annika Rittmann der Deutschen Presse-Agentur.
Besonders viele Teilnehmer dürften hierzulande wie immer in den Millionenstädten zusammenströmen. In Hamburg spielt unter anderem live Herbert Grönemeyer auf der Kundgebung, in Berlin ist ein Auftritt der Popband Juli geplant.
Es ist der inzwischen 13. globale "Schulstreik fürs Klima". Die Bewegung wurde vor fünf Jahren von der Schwedin Greta Thunberg ins Rollen gebracht.
Tausende demonstrieren mit Fridays for Future in Berlin
In Berlin nahmen mehrere tausend Menschen an der Demonstration mit Fridays for Future teil. Die Demonstranten versammelten sich am Freitagmittag am Brandenburger Tor und wollten nach einer Auftaktkundgebung durch das Regierungsviertel ziehen. Eine erste Teilnehmerzahl lag von der Polizei zunächst noch nicht vor.
Unter den Demonstranten waren sehr viele jüngere Menschen, dem Augenschein nach auch sehr viele im Alter von Schülern. Auf Transparenten stand "Klimaschutz ist Grundrecht" und "Profit heute, tote Welt morgen". Zu sehen waren auch Fahnen der Umweltschutzinitiativen Greenpeace und BUND.
In Deutschland verlangt die Bewegung die Einführung eines Klimagelds und die Verschärfung des Klimaschutzgesetzes. Das sogenannte Klimageld ist im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP festgeschrieben. Es soll steigende Preise für den Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen sozial ausgleichen. Das geltende Klimaschutzgesetz sieht vor, die klimaschädlichen Emissionen bis 2030 um 65 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Zurzeit beträgt die Minderung laut Umweltbundesamt rund 41 Prozent.
Weltweit sind von Freitag bis Sonntag Hunderte weitere Demonstrationen und Protestaktionen vorgesehen, zu denen die Veranstalter Millionen Menschen erwarten. Laut dem Climate Action Network richtet sich die "historische Mobilisierung" auch an einen Klima-Gipfel am 20. September in New York (Climate Ambition Summit), zu dem UN-Generalsekretär António Guterres eingeladen hat.
Weltweite Klima-Proteste starten in der Arktis
Klimaforscher in der Arktis hatten den globalen Klimaprotesttag mit einem Bild vom Nordpol eingeläutet. Knapp 40 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einer Expedition des Forschungsschiffes "Polarstern" stellten sich für das Foto hinter einem Banner mit der Aufschrift "We deliver the facts. It's time to act" (Wir liefern die Fakten. Es ist Zeit, zu handeln) auf. Veröffentlicht wurde die Aufnahme am Freitag von Wissenschaftlern des Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts (AWI) auf der Online-Plattform X, entstanden ist es aber aufgrund der unwägbaren Wetterverhältnisse in der Region bereits vor einigen Tagen.
Den fossilen Brennstoffen müsse dringend ein Ende gesetzt werden, forderten die AWI-Wissenschaftler in dem Beitrag. Damit stellten sie sich hinter eine zentrale Forderung der Klimaschutzbewegung Fridays for Future nach einem zügigen Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas.
Die führenden Fridays-for-Future-Aktivistinnen Greta Thunberg und Luisa Neubauer teilten den Beitrag der Arktis-Forscher auf ihren X-Konten, wodurch der Post bereits in den Morgenstunden eine enorme Reichweite gewann. "Der Klimastreik geht weltweit los, den Anfang macht der Nordpol", schrieb Neubauer dazu.
Deutschland ist schon jetzt 1,6 Grad wärmer
Trotz aller Klimaschutz-Versprechen der vergangenen Jahre haben die weltweiten Emissionen nach Zahlen der Internationalen Energie-Agentur 2022 einen neuen Höchststand erreicht. Schon jetzt hat sich die Welt im Vergleich zur vorindustriellen Zeit um etwa 1,1 Grad erwärmt, Deutschland sogar um 1,6 Grad. Die acht wärmsten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen waren die vergangenen acht.
Fridays-for-Future-Aktivistin Rittmann verwies auf die fatalen Folgen der Erderhitzung, wie jene Hurricans über dem Mittelmeer, die zur Katastrophe in Libyen geführt haben, brennende und überschwemmte griechische Inseln und auch bei uns in Deutschland Starkregen, Dürre und Hitzetote. "Nie war es wichtiger als in dieser Zeit, dass Menschen mit uns auf die Straße gehen, um gemeinsam für die Vision einer besseren Zukunft einzustehen."
Der Aktivist Pit Terjung sagte, nach der Hälfte ihrer Amtszeit sehe die Klimabilanz der Ampel-Regierung verheerend aus. "Mit der drohenden Entkernung des Klimaschutzgesetzes, das Fridays for Future hart erkämpft hat, plant sie jetzt einen untragbaren Rückschritt."
Die Aktivistin Luisa Neubauer sagte auf Instagram, die Regierung reagiere in Sachen Klimaschutz erfahrungsgemäß nur auf Druck von der Straße. Sie schrieb auf Twitter: "Wir jungen Menschen werden unsere Probleme nicht alleine lösen können. Wir appellieren an alle Generationen und alle Berufsgruppen, ebenfalls Verantwortung zu übernehmen."
Die Einstellung der Deutschen zu Klima- und Umweltfragen hat Fridays for Future einer Umfrage von Infratest Dimap zufolge bisher nicht grundlegend ändern können. Für drei Viertel der Deutschen (75 Prozent) hatten die Demonstrationen wenig (35 Prozent) oder sogar gar keinen Einfluss (40 Prozent) auf ihre persönliche Einstellung zu Klima- und Umweltfragen, wie aus dem "Deutschlandtrend" im ARD-"Morgenmagazin" hervorgeht. Nur 23 Prozent fühlen sich von der Bewegung stark (19 Prozent) oder sehr stark (4 Prozent) beeinflusst.