Freie Wähler "Aiwanger redet wie die AfD": Bayerns Vize-Ministerpräsident will "Demokratie zurückholen"

Hubert Aiwanger (Freie Wähler) auf der Demonstartion am Wochenende in Erding
Hubert Aiwanger (Freie Wähler) auf der Demonstartion am Wochenende in Erding
© Matthias Balk / DPA
Auf einer Rede stellte Bayerns Vize-Ministerpräsiden Hubert Aiwanger die Legitimation der Bundesregierung in Frage. Nach Ansicht vieler Kritiker hat er nun endgültig den Bogen überspannt.

Der stellvertretende bayerische Ministerpräsident und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) steht wegen seines Auftritts auf einer Demonstration in Erding bei München am vergangenen Wochenende in der Kritik.

Der 52-Jährige hatte dort bei Protesten gegen die Heizungspolitik der Bundesregierung unter anderem gesagt: "Jetzt ist der Punkt erreicht, wo endlich die schweigende große Mehrheit dieses Landes sich die Demokratie wieder zurückholen muss und denen in Berlin sagen: 'Ihr habt's wohl den Arsch offen da oben.' Wir wollen unsere Demokratie zurückholen. Wir wollen, dass Politik das umsetzt, was der Bürger will in der Mehrheit. Und der Bürger will in der Mehrheit, dass es Papa und Mama gibt, dass wir Fleisch essen dürfen, dass wir Auto fahren dürfen, dass wir Häuser heizen dürfen, dass wir auch in den Urlaub fahren dürfen (...)" Unter anderem verbreitete der Freie-Wähler-Politiker Alexander Hold eine Aufnahme des Auftritts in den sozialen Medien:

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Ein Unterschied zur Wortwahl der AfD ist nach Ansicht von Kritikern kaum noch zu erkennen. Von einem "neuen Tiefpunkt im politischen Diskurs", schrieb die "Süddeutsche Zeitung" in einem Kommentar, Aiwanger habe eine rote Linie überschritten. In dem Blatt äußerte sich auch die bayerische Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU). "Man kann die Entscheidungen der Ampel für richtig oder eben falsch halten. Aber die Entscheidungen wurden demokratisch gefällt. Das sollte auch ein stellvertretender Ministerpräsident und Vorsitzender einer Partei in Regierungsverantwortung nicht infrage stellen." Bundesbauministerin Klara Geywitz sprach bei RTL und ntv von "Populismus". CDU-Urgestein Ruprecht Polenz schrieb bei Twitter: "Aiwanger von den Freien Wählern redet wie die AfD."

Hubert Aiwanger in der Kritik

Tatsächlich heizte Aiwanger auf der Veranstaltung in Erding mit rund 13.000 Menschen mit Unwahrheiten die Stimmung an. Er sprach der von einer Mehrheit im Deutschen Bundestag getragenen Regierung die Legitimation ab – und malte Schreckgespenster von Urlaubs-, Autofahr- oder Fleischverboten an die Wand, um damit einen Kulturkampf zu befeuern. Tatsächlich sind solche Maßnahme weder Teil der Pläne der Bundesregierung noch durchsetzbar. "Wirklich gefährlich", nannte Grünen-Chefin Ricarda Lang im Bayerischen Rundfunk den Auftritt des Wirtschaftsministers.

Aiwangers Chef, Bayerns CSU-Ministerpräsident Markus Söder, trat auf derselben Demonstration auf. Ihm werden die Worte seines Stellvertreters nicht entgangen sein – er lässt ihn abermals gewähren. Denn schon häufiger fiel Aiwanger durch Querschüsse in der bayerischen Koalition auf, torpedierte etwa die Corona-Politik der eigenen Landesregierung – ohne dass es Konsequenzen gab.

Im Freistaat wird am 8. Oktober ein neuer Landtag gewählt. Nach aktuellen Umfragen kann die derzeit regierende Koalition von CSU und Freien Wählern auf eine Fortsetzung des Bündnisses hoffen. Der Wahlkampf – das zeigte die Demonstration in Erding – hat bereits begonnen.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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