Was wird bei Bidens Besuch passieren?
Eigentlich sollte es der erste Staatsbesuch eines US-Präsidenten in Deutschland seit fast 40 Jahren werden – mit allen protokollarischen Ehren und gekrönt von einem großen Ukraine-Solidaritätsgipfel in Ramstein. Davon übrig geblieben ist eine etwa 19-stündige Stippvisite des 81-jährigen Joe Biden in Berlin. Ohne Staatsbankett. Ohne den Ramstein-Gipfel. Und ohne eine große Rede an die deutsche Öffentlichkeit, wie es sie bei Berlin-Besuchen von US-Präsidenten früher so oft gegeben hat. John F. Kennedy ("Ich bin ein Berliner") und Ronald Reagan ("Herr Gorbatschow, reißen Sie diese Mauer nieder") sind in der ehemaligen Frontstadt des Kalten Krieges bis heute unvergessen.
Eine Rede Bidens war von vornherein nicht geplant, eine gemeinsame Pressekonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit Journalistenfragen aber schon. Auch die entfällt nun. Es sind nur kurze Statements der beiden vor Kameras geplant.
Welche Sicherheitsmaßnahmen gibt es?
Die Sicherheitsvorkehrungen inklusive Sperrung eines Großteils des Regierungsviertels, Scharfschützen auf den Dächern, Tauchern in der Spree und versiegelter Gullydeckel blieben unverändert zum geplanten ersten Besuchstermins Bidens.
Warum wurde der Besuchstermin verschoben?
Schuld daran, dass der Besuch so eingedampft wurde, ist vor allem der Hurrikan "Milton". Wegen des Sturms hatte Biden seinen ersten bilateralen Besuch in Berlin in seiner vierjährigen Amtszeit um eine Woche verschoben. In den vergangenen Tagen wurde hektisch daran herumgetüftelt, überhaupt noch ein angemessenes Programm für seinen Abschiedsbesuch in Deutschland auf die Beine zu stellen - ein Alptraum für die Protokollbeamten in Kanzleramt und Bundespräsidialamt.
Wen trifft Biden?
Biden wird nach seiner für Donnerstagabend geplanten Ankunft am Freitagmorgen im Schloss Bellevue zunächst von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit militärischen Ehren empfangen und bekommt dann die "Sonderstufe des Großkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik" - die höchste Auszeichnung, die Deutschland zu vergeben hat. Von den 14 US-Präsidenten, die seit Bestehen der Bundesrepublik regiert haben, wurde bisher sonst nur George Bush senior so hochkarätig dekoriert.
Anschließend geht es weiter ins Kanzleramt, wo Biden zunächst Scholz alleine trifft. Später kommen der französische Präsident Emmanuel Macron und der britische Premierminister Keir Starmer hinzu. Damit sitzen die Staats- und Regierungschefs der vier mächtigsten Nato-Partner und die wichtigsten Verbündeten der Ukraine zusammen.
Um welche Themen geht es?
Es dürfte vor allem um den "Siegesplan" des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gehen. Die USA und Deutschland stehen bei der zentralen Forderung Selenskyjs auf der Bremse, der bedingungslosen Einladung der Ukraine in die Nato. Scholz machte zum Auftakt des EU-Gipfels am Donnerstag ziemlich deutlich, dass er nicht bereit ist, sich zu bewegen. "Sie kennen die Haltung Deutschlands in den Fragen, die da berührt sind. Daran wird sich auch nichts ändern", sagte er zum Fünf-Punkte-Plan Selenskyjs.
Für Scholz war es bei der Unterstützung der Ukraine immer wichtig, im Gleichschritt mit den USA zu gehen. Biden ist der Staatschef, den er am meisten von allen schätzt. Auch deswegen dürfte es für ihn eine besondere Genugtuung sein, dass der US-Präsident drei Monate vor seinem Ausscheiden noch einmal in Berlin vorbeikommt.