Konflikt um iranisches Atomprogramm Erler sieht Strategieänderung der USA

Nach Einschätzung des SPD-Außenpolitikers Gernot Erler haben die USA ihre Taktik im Umgang mit internationalen Konflikten geändert. So setze Präsident George W. Bush im Streit mit dem Iran auf Verhandlungen statt auf militärischen Druck, sagte er stern.de.

SPD-Fraktionsvize Gernot Erler geht von einem Kurswechsel in der Taktik der US-Regierung beim Umgang mit internationalen Konflikten aus. Statt auf militärischen Druck setzte die USA nun offenbar stärker auf Verhandlungen, sagte der Außenpolitiker stern.de. Darauf deute auch das Verhalten der USA im Streit um das iranische Atomprogramm hin. Offenbar habe sich Washington für eine diplomatische Vorgehensweise entschieden. "Die amerikanischen Reaktionen auf die Ankündigungen und das Ultimatum des Irans waren in den letzten Tagen relativ zurückhaltend", sagte Erler. Dies deutet er als eine Entwicklung in der amerikanischen Diplomatie. "Offenbar gibt es auf amerikanischer Seite nun deutliche Hoffnungen, dass doch der europäische Weg der Verhandlungen zu einem Erfolg führt und auf diese Weise eine absolute Sicherheit vor einer künftigen Nuklearbewaffnung des Iran erreicht werden kann", sagte er.

Mit seinem neuen Kurs versucht US-Präsident George W. Bush offenbar, eine Isolierung der USA wie während des Irak-Krieges zu vermeiden. Indem die Amerikaner die Rolle der Vereinten Nationen (UN) bei der Beilegung des Konflikts betone, versuchen sie die internationale Legitimität ihrer Politik zu unterstreichen.

Eine Aufwertung der UN

In der Ernennung John Boltons zum neuen US- Botschafter bei den Vereinten Nationen sieht Erler eine Aufwertung der UN. Offenbar war es Bush wichtig, einen seiner Vertrauten dort zu platzieren. Dies lasse darauf schließen, dass der US-Präsident die UN-Politik ernst nehme. "Die Art und Weise der Ernennung des UN-Botschafters steht im Kontrast zur Position, die die Vereinten Nationen als eine unwichtige Quasselbude ansieht", sagte Erler, "damit wäre der Kraftakt gegenüber dem Kongress ja gar nicht zu vereinbaren." Bush ernannte den umstrittenen Konservativen Bolton nach monatelangem Ringen mit dem US-Kongress ohne Zustimmung des Parlaments. Erler wies jedoch auch darauf hin, dass Bush mit der Ernennung auch den Forderungen der UN-Kritiker in den USA entspreche. "Die Berufung ist ein Versuch von Bush, die künftige Arbeit und die Reform der Vereinten Nationen stärker auf die Interessen der wichtigsten Weltmacht auszurichten. Damit will er auch dem Unmut, der immer wieder in der amerikanischen Politik über die Rolle der Vereinten Nationen aufkommt, begegnen", so Erler.

Hintergrund der Äußerungen Erlers ist der Konflikt um das iranische Atomprogramm. Der Iran hat die Wiederaufnahme der Uran-Aufbereitung in der Atomanlage Isfahan angekündigt. Mittelfristig würde die Uran-Aufbereitung dem Land nicht nur die Energiegewinnung, sondern auch den Bau von Atombomben ermöglichen. Großbritannien, Frankreich und Deutschland haben einen Vorschlag für ein Abkommen vorgelegt, das dem Iran technologische Unterstützung für die zivile Nutzung von Uran zusichert. Bedingung ist jedoch, dass das Land auf eine militärische Nutzung der Atomtechnologie verzichtet. Trotz monatelanger Vorbereitungen des Abkommens und zahlreicher Provokationen des Irans haben die USA nichts unternommen, um die Vereinten Nationen für eine militärische Konfrontation mit dem Iran zu gewinnen.

Im Gegensatz dazu hatten die USA noch bis zum Februar dieses Jahres eine härtere Gangart gegenüber Iran gewählt – und auch mit militärischen Schlägen gedroht. Erst bei seinem Europa-Besuch im Februar war Bush auf die Linie der Europäer eingeschwenkt.