Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) steht in seiner Partei nach Ansicht des Vorsitzenden Lars Klingbeil wegen seiner Verbindungen zu Russland völlig allein da. In einer Sitzung des SPD-Vorstands mit dem Länderrat sei deutlich geworden, dass Schröder "komplett isoliert" sei, sagte Klingbeil am Donnerstag. Es gebe niemanden, der Schröders Gebaren "auch nur ansatzweise gutheißt" oder es rechtfertige.
Konkrete Schritte gegen Schröder leitete die Parteispitze aber zunächst weiter nicht ein. Klingbeil und die SPD-Ko-Vorsitzende Saskia Esken verwiesen darauf, dass sie den Ex-Kanzler per Brief aufgefordert haben, seine Mandate bei russischen Energiekonzernen niederzulegen. Noch gebe es darauf keine Antwort, sagte Klingbeil am Donnerstag. Darauf werde nun gewartet und anschließend entschieden, wie es weitergehe.
SPD-Gliederungen haben Parteiordnungsverfahren gegen Schröder auf den Weg gebracht
"Ich gehe davon aus, dass wir zeitnah eine Antwort von ihm bekommen werden", sagte der SPD-Chef weiter. Schröders Festhalten an den Mandaten sei "in keinster Weise mit der Haltung der Sozialdemokratie vereinbar". Darüber habe im Parteivorstand Einigkeit geherrscht. Klingbeil äußerte sich auch persönlich enttäuscht von Schröder, in dessen Büro er einst eng mit ihm zusammengearbeitet hatte.
Klingbeil bestätigte, dass mehrere SPD-Gliederungen Parteiordnungsverfahren gegen Schröder auf den Weg gebracht haben. Das erste solche Verfahren sei auf Initiative der Heidelberger SPD bei der zuständigen Schiedskommission in der Region Hannover eingegangen, weitere entsprechende Anträge seien zu erwarten. Auch der SPD-Bundesvorstand könnte ein solches Verfahren einleiten oder bereits laufenden beitreten. Auf diese Option ging Klingbeil jedoch nicht ein.
Gerhard Schröder mit engen Verbindungen zu Russland
Ein Parteiordnungsverfahren kann verschiedene Strafen bis hin zum Parteiausschluss nach sich ziehen. Da Schröder abgesehen von seiner Mitgliedschaft in der SPD schon lange keine Ämter mehr innehat, ist der Spielraum für Sanktionen begrenzt. Allerdings könnte als Sofortmaßnahme ein zeitweises Ruhen der Mitgliedsrechte vom Bundesvorstand angeordnet werden.
Deutlich wurde SPD-Parteivize Anke Rehlinger. "Bleibt Schröder auf Putins Gehaltsliste, kann er nicht in der SPD bleiben. Punkt", schrieb sie auf Twitter.
Schröder pflegt nicht nur eine freundschaftliche Verbindung zum russischen Staatschef Wladimir Putin, sondern ist auch Vorsitzender des Gesellschafterausschusses der Nord Stream AG und Aufsichtsratschef beim staatlichen russischen Energiekonzern Rosneft. Außerdem kandidiert Schröder für einen Posten im Aufsichtsrat des staatlichen russischen Energiekonzerns Gazprom.
Schröder-Köpf distanziert sich von früheren Putin-Aussagen
Nach Beginn des russischen Angriffs in der Ukraine vor einer Woche hatte Schröder erklärt, der Krieg müsse "schnellstmöglich" beendet werden. Zugleich schrieb er im Verhältnis zwischen Russland und dem Westen beiden Seiten Fehler zu. In den vergangenen Tagen wuchs der Druck auf Schröder. Unter anderem strich ihm der Fußballbundesligist Borussia Dortmund die Ehrenmitgliedschaft, mehrere Unternehmen entzogen Schröder Medienberichten zufolge seine bisherigen Funktionen für die Firmen.

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick
Abonnieren Sie unseren kostenlosen Hauptstadt-Newsletter – und lesen Sie die wichtigsten Infos der Woche, von unseren Berliner Politik-Expertinnen und -Experten für Sie ausgewählt!

Niedersachsens Migrationsbeauftragte Doris Schröder-Köpf (SPD) hat sich nach Kritik an ihren früheren Aussagen über Wladimir Putin vom russischen Präsidenten distanziert. "Das Gesicht Putins, das wir heute sehen, war damals nicht erkennbar", sagte die Ex-Frau von Altkanzler Gerhard Schröder am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf ihre Begegnungen mit Putin. "Dieser Krieg gegen die Ukraine ist ein schwerwiegender Bruch des Völkerrechts, der durch nichts gerechtfertigt werden kann."
Äußerungen Schröder-Köpfs sorgen für Kritik
Schröder-Köpf betonte, dass ihre Treffen mit Putin schon lange zurücklägen. "Meine Begegnungen mit dem russischen Präsidenten Putin fanden in einer Zeit statt, als er im Bundestag mit stehenden Ovationen gefeiert wurde. Das war eine andere Zeit, eine Zeit der Hoffnung, dass nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und dem Zusammenbruch des Warschauer Pakts etwas zusammenwächst. Putin verkörperte als junger Präsident auch diese Hoffnung. Das war das Zeitgefühl damals", sagte sie. "Das hat mit heute nichts zu tun, heute ist es eine andere Welt, leider."
Als niedersächsische Landesbeauftragte für Migration und Teilhabe setze sie sich dafür ein, dass auch die Geflüchteten aus der Ukraine in unserem Land einen sicheren Hafen und eine Heimat fänden.
Zuvor hatte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" Äußerungen von Schröder-Köpf aus dem Jahr 2017 aufgegriffen. Im russischen Medium "Sputnik" hatte sie Putin damals als klugen Menschen beschrieben, der auch offen für Kritik sei. Niedersachsens Landtags-Vizepräsident Frank Oesterhelweg (CDU) sagte der Zeitung dazu: "Schröder-Köpf ist als Migrationsbeauftragte nicht mehr tragbar." Er könne sich schwer vorstellen, wie sie ukrainische Flüchtlinge begrüße. "Eigentlich muss sie sich bei denen entschuldigen."
Eine Sprecherin von Ministerpräsident Weil teilte mit, die Staatskanzlei halte an Schröder-Köpf als Migrationsbeauftragte fest. Die SPD-Politikerin hat das Ehrenamt seit April 2013 inne.