Die Grünen machen immer stärker Front gegen das geplante Atomgeschäft mit China. Der Europaabgeordnete Daniel Cohn-Bendit kündigte an, den Export der Hanauer Plutonium-Anlage auf EU-Ebene zu stoppen. Die Bundestagsabgeordneten Winfried Hermann und Michaele Hustedt wollen über einen Entschließungsantrag der Bundestagsfraktion Druck auf die Regierung ausüben. Fraktionschefin Krista Sager hatte bereits am Freitag ein Koalitionsgespräch gefordert. Parteichef Reinhard Bütikofer betonte in der heutigen Ausgabe des «Tagesspiegel», der Konflikt müsse «zwischen SPD und Grünen vernünftig geklärt werden».
Union und FDP erklärten unterdessen, über das Atomgeschäft in der kommenden Woche im Bundestag und im Auswärtigen Ausschuss beraten zu wollen.
Kritik kam auch aus der SPD. Das Vorstandsmitglied Andrea Nahles sagte dem "Focus": "Wir sollten doch keinesfalls den Chinesen beim Lösen ihrer Energieprobleme helfen, indem wir ihnen Atomanlagen schicken. ... Wir bauen hier Arbeitsplätze im Bereich neuer Energien auf und halten unser Land sauber, indem wir alte Brocken ins Ausland schicken? Das finde ich falsch."
"Schröder kann nicht Basta überall und immer sagen"
Am Freitag war bekannt geworden, dass die Bundesregierung nicht nur den Export der Siemens-Anlage nach China befürwortet, sondern zudem noch vor Weihnachten über eine Hermes-Bürgschaft für den Bau eines Atomreaktors in Finnland entscheiden will.
Cohn-Bendit sagte in der heutigen Ausgabe der "Berliner Zeitung": "Wir sehen eine Möglichkeit, dieses Geschäft zu verhindern." Der Export widerspreche dem Waffenembargo der Europäischen Union für China, da eine militärische Anwendung der Anlage nicht ausgeschlossen werden könne. "Wenn es nur eine geringe Chance gibt, dass die Hanauer Atomfabrik zu militärischen Zwecken genutzt wird, muss der Export verboten werden." In Richtung des Bundeskanzlers, der das Atomgeschäft unterstützt, sagte er im WDR: "(Gerhard) Schröder kann Basta in Berlin sagen, Schröder kann nicht Basta überall und immer sagen."
Der Grünen-Abgeordnete Hermann forderte Außenminister Joschka Fischer (Grüne) auf, sich dafür einzusetzen, dass die Geschäfte nicht zu Stande kommen. "Ich will Fischer kämpfen sehen", sagte Hermann der Zeitung "Die Welt". Die Grünen-Fraktion solle über den geplanten Entschließungsantrag Anfang kommender Woche abstimmen. Der "unhaltbare und gefährliche" Export von Atomanlagen widerspreche dem Geist des Atomausstiegsgesetzes, heiße es in dem Antrag.
Fischer muss endlich Farbe bekennen
Die Union ist dagegen für den Export der Anlage. Ihr außenpolitischer Fraktionssprecher Friedbert Pflüger sagte in Berlin: "Ich begrüße das Geschäft mit China, hätte es aber vorgezogen, die in Deutschland entwickelte Hochtechnologie in Hanau zur Anwendung zu bringen, anstatt sie im Schlussverkauf nach China zu verscherbeln." Er kündigte an, das Geschäft am kommenden Mittwoch in der Fragestunde des Bundestags zu thematisieren. "Wir wollen wissen, wo Außenminister Fischer in dieser Frage steht." Er müsse endlich Farbe bekennen.

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FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhard sieht Fischers Außenpolitik indes immer stärker vom Bundeskanzler dominiert. "Der Bundesaußenminister ist immer mehr gezwungen, die außenpolitische Linie des Bundeskanzlers mitzugehen und diese so lange wie möglich vor seiner eigenen grünen Fraktion zu verheimlichen", sagte er in einem dpa-Gespräch.