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Szenarien, Ablauf, Gemengelage Höcke gegen Ramelow: Das sollten Sie zur Wahl in Thüringen wissen

Björn Höcke (l.), AfD-Landeschef in Thüringen, und Bodo Ramelow (Die Linke), früherer Ministerpräsident des Freistaats
Björn Höcke (l.), AfD-Landeschef in Thüringen, und Bodo Ramelow (Die Linke), früherer Ministerpräsident des Freistaats
© Martin Schutt/Emmanuele Contini/NurPhoto / DPA / Picture Alliance
Auf ein Neues: Der Thüringer Landtag nimmt einen weiteren Anlauf zur Regierungsbildung und wählt einen neuen Ministerpräsidenten. Wer tritt an? Was ist möglich? Wie wird gewählt? Der Blitz-Check.

Regierungskrise, bundesweite Empörung, etliche Rücktritte: Einen Monat nach der desaströsen Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten steht Thüringen erneut vor einer Zitterpartie. Ein neuer Wahlanlauf, bei dem wieder die AfD mitmischt, soll am Mittwoch (14 Uhr) die Dauerregierungskrise in Thüringen beenden. 

Verfolgen Sie hier alle aktuellen Ereignisse zur Wahl.

An den schwierigen Mehrheitsverhältnissen hat sich im Landtag allerdings nichts geändert – als ausgemacht gilt bei dieser Wahl daher kaum etwas. Wer tritt an? Was ist möglich? Wie wird gewählt? Der Blitz-Check zur Wahl.

Die Kandidaten

Der frühere Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) tritt abermals für den Posten des Regierungschefs an. Die Thüringer AfD schickt ihren Landespartei- und Fraktionschef Björn Höcke in die Wahl.

Die Ausgangslage ...

Ramelow strebt eine rot-rot-grüne Minderheitsregierung an. Doch sein Wunschbündnis aus Linke, SPD und Grünen kommt nur auf 42 Sitze im Parlament. Zu wenig für eine absolute Mehrheit, die es in den ersten beiden Wahlgängen braucht, um als Ministerpräsident gewählt zu werden.

Höckekann nur mit der Unterstützung seiner eigenen Fraktion (22 Sitze) rechnen, deren Chef er seit 2014 ist. Allerdings: Bei der Ministerpräsidentenwahl am 5. Februar hatten sowohl Ramelow als auch AfD-Kandidat Christoph Kindervater teils mehr Stimmen bekommen als aus ihren eigenen Lagern zu erwarten gewesen waren.

... und die Gemengelage

Der Ex-Ministerpräsident Ramelow will sich nun doch nicht mit Stimmen der CDU-Fraktion im ersten Wahlgang zum Regierungschef wählen lassen. Zunächst hatte er geplant, sich im ersten Wahlgang wählen zu lassen. Dafür braucht er – wie im zweiten Wahlgang – eine absolute Mehrheit. Die fehlt seiner rot-rot-grünen Minderheitsregierung. Ramelow habe sich am Dienstag mit dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Mario Voigt über die Situation ausgetauscht und ihm mitgeteilt, dass er erforderlichenfalls in allen drei Wahlgängen antreten werde. 

Voigt empfahl seiner CDU-Fraktion, sich in allen drei Wahlgängen zu enthalten. So könne Thüringen wieder in ruhigeres Fahrwasser kommen, "ohne dass wir gegen unsere politischen Grundüberzeugungen verstoßen". Ein CDU-Bundesparteitagsbeschluss verbietet den Christdemokraten eigentlich jede Zusammenarbeit mit der Linken und mit der AfD. 

Daher sind für die absolute Mehrheit Stimmen aus der CDU- oder der FDP-Fraktion nötig. Im dritten Wahlgang reicht es laut Thüringer Verfassung, die meisten Stimmen zu bekommen. Die FDP-Fraktion kündigte am Dienstag an, bei der Abstimmung den Plenarsaal verlassen zu wollen, weil man weder für Ramelow noch für Höcke stimmen wolle und Nein-Stimmen bei zwei Kandidaten nicht vorgesehen seien.

Die Regeln

Im ersten Wahlgang ist gewählt, wer die absolute Mehrheit erreicht. Im aktuellen Landtag sind dafür 46 Stimmen nötig. Dabei gilt, dass die Mehrheit der Mitglieder des Landtages entscheidend ist – nicht der anwesenden Abgeordneten.

Schafft im ersten Wahlgang keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit, gibt es eine zweite Runde. Auch hier braucht es wieder die absolute Mehrheit, also 46 Stimmen. 

Scheitern die Kandidaten zum zweiten Mal, heißt es in der Landesverfassung: "Kommt die Wahl auch im zweiten Wahlgang nicht zustande, so ist gewählt, wer in einem weiteren Wahlgang die meisten Stimmen erhält." Im zweiten und dritten Wahlgang sind nach Angaben der Landtagsverwaltung auch neue Kandidaten möglich. CDU und FDP haben die Aufstellung von Kandidaten diesmal ausgeschlossen. Denkbar sei aber auch, dass Fraktionen ihre Kandidaten wieder zurückziehen.

Die Szenarien

Ramelow wird Ministerpräsident. Der wahrscheinlichste Ausgang der Wahl. Es ist davon auszugehen, dass Ramelow im dritten Wahlgang gewählt wird. Rot-Rot-Grün fehlt die erforderliche Mehrheit (insgesamt 46 Sitze), um die Wahl bereits im ersten Wahlgang zu gewinnen. FDP und CDU wollen sich bei der Wahl enthalten. Dass die AfD erneut ihren eigenen Kandidaten fallen lässt, um Ramelow aus Kalkül zu unterstützen, wäre möglich. Aber ein strategischer Schachzug mit fragwürdiger Außenwirkung – vom Demokratieverständnis ganz abgesehen: Faktisch würden die Rechtspopulisten einen Linken ihrem eigenen Fraktionschef vorziehen. 

Höcke wird Ministerpräsident. Möglich, aber sehr unwahrscheinlich. Dieses Szenario könnte nur eintreten, wenn Ramelow im ersten Wahlgang scheitern, die Linksfraktion ihren Kandidaten zurückziehen und es zu einem dritten Wahlgang kommen würde. Gewählt ist laut Landesverfassung dann, wer die meisten Stimmen erhält. Wäre Höcke in einem solchen dritten Wahlgang alleiniger Kandidat, könnte er nur mit AfD-Stimmen (22 Stimmen) zum Ministerpräsidenten gewählt werden.

Das Desaster wiederholt sich. Der "Tabubruch" vom 5. Februar könnte erneut passieren. Theoretisch. Praktisch ist dieses Szenario unwahrscheinlich. Die FDP-Fraktion kündigte an, bei der Abstimmung den Plenarsaal verlassen zu wollen. Weder die Liberalen noch CDU haben vor, einen eigenen Kandidaten in die Wahl zu schicken. Und es gilt als kaum vorstellbar, dass CDU und FDP Höcke wählen. Es dürfte bei einem Duell Höcke/Ramelow bleiben.

fs DPA AFP

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