Bundeskanzler Gerhard Schröder hält auch nach dem Wahldebakel der SPD in Hamburg an seinem Reformkurs fest. "Wir werden ihn noch sorgfältiger erklären müssen, aber wir werden ihn fortsetzen", sagte Schröder am Montag in Berlin. Das Abschneiden der SPD nannte er "schmerzlich". Die Grünen-Fraktionschefinnen Krista Sager und Katrin Göring-Eckardt betonten, das Landesergebnis werde keine Auswirkungen auf die rot-grüne Koalition in Berlin haben.
Wechselt Mirow nach Berlin?
Der Kanzler bescheinigte dem Hamburger SPD-Spitzenkandidaten Thomas Mirow, einen engagierten Wahlkampf geführt zu haben. In der letzten Phase des Wahlkampfs habe die Nominierung von SPD-Fraktionschef Franz Müntefering zum neuen Parteivorsitzenden einen Mobilisierungsschub gebracht, sagte Schröder.
Spekulationen über einen möglichen Wechsel Mirwos nach Berlin als Nachfolger des glücklosen Verkehrsminister Manfred Stolpe löste die Aussage Schröders aus, er erwarte, auch künftig mit Mirow zusammenzuarbeiten, "in welcher Funktion auch immer".
Regierungssprecher dementiert Pläne zur Kabinettsumbildung
In Anspielung auf die Pläne des früheren Innensenators Ronald Schill sagte Mirow nur scherzhaft, er werde sicher nicht nach Südamerika auswandern. Er ziehe sich zwar aus der Landespolitik zurück, stehe aber weiter der SPD zur Verfügung, fügte er hinzu. Wörtlich sagte er: "Ich will mit Anfang 50 nicht grundsätzlich ausschließen, dass ich auch noch mal ein politisches Amt übernehme."
Nach Aussage des Regierungssprechers Bela Anda plant Kanzler Schröder allerdings auch nach der SPD-Niederlage bei der Hamburg-Wahl keine Kabinettsumbildung. "Hier gilt das Kanzler-Wort: Jeder bleibt an seinem Platz", sagte Regierungssprecher Anda in Berlin. Diese Festlegung Schröders sei "von Dauer".
Mirow übernimmt Verantwortung für Wahlergebnis
Mirow selbst übernahm die Verantwortung für das schlechte Abschneiden der SPD übernommen. Als Gründe für den Wahlsieg der CDU nannte er das hohe persönliche Ansehen des Spitzenkandidaten Ole von Beust. Außerdem meinten viele Hamburger, dass die CDU nach nur zwei Jahren an der Macht eine zweite Chance verdiene. Schließlich sei auch die "Großwetterlage" für die SPD "nicht so furchtbar erfreulich" gewesen.

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Ex-Parteichef Lafontaine rügt Reformkurs
Mehr soziale Akzentsetzung bei der Regierungspolitik forderten zwei prominente Vertreter der SPD-Linke als Konsequenz aus der SPD-Schlappe in Hamburg. Der ehemalige SPD-Parteichef Oskar Lafontaine erklärte das schlechte Abschneiden der SPD bei der Hamburger Wahl mit dem Reformkurs der Bundesregierung. In Hamburg habe die SPD eine Quittung für "eine falsche Politik erhalten", sagte Lafontaine bei "Sabine Christiansen" am Sonntagabend.
Nach Ansicht von Bundesvorstandsmitglied Andrea Nahles hat die Umstrukturierung an der Spitze der Bundes-SPD "noch nicht die nötige Wirkung gezeigt".Nahles betonte, die Reform-Agenda sei „im Kasten“. Es werde nun keinen "zweiten Aufschlag" geben, sondern einen "Politik-Mix, der sozial besser ausbalanciert ist".
Grüne zeigen sich solidarisch
Der sozialdemokratische Koalitionspartner in Berlin zeigte sich erfreut über ihren Erfolg in Hamburg. Die Grünen hatten fast vier Prozent der Stimmen hinzugewinnen können. Fraktionschefin Göring-Eckardt sagte, das Wahlergebnis der Hamburger Grünen sei "ein echter Auftrieb für die weiteren anstehenden Wahlen". Angesichts des schlechten Abschneidens der Sozialdemokraten betonte die Fraktionschefin, dass es „keine Alternative zum gemeinsamen Kurs“ mit der SPD in Berlin gebe.
Auch Sager hob hervor, dass das Hamburger Ergebnis "keine direkten Auswirkungen auf die Koalition in Berlin haben werde". Als Grund für das gute Ergebnis der Hamburger Grünen nannte sie die Geschlossenheit, mit der ihre Partei auftreten.