"Wir möchten euch erinnern, dass insbesondere die Arbeit der Verfassungsschutzämter in den letzten Jahren vor allem durch Skandale geprägt war. Diesen Behörden mehr Möglichkeiten einzuräumen, ist nicht klug", heißt es in dem Brief der Spitze der SPD-Jugendorganisation. Auch die geplante Ausweitung der Befugnisse der Bundespolizei sei grundlegend falsch. Angesichts derartiger Angriffe auf die Freiheits- und Bürgerrechte könne es für die Jusos schwierig werden, im Wahlkampf die Politik der SPD zu erklären und für diese zu werben, warnten die Unterzeichner.
Genützt hat der Brandbrief vom Mittwoch nichts. Am Donnerstag stimmte der Bundestag dafür, dass der Bundesverfassungsschutz künftig auch die Kommunikation überwachen kann, bei der Messengerdienste genutzt werden. Der Bundestag billigte ein Gesetz, das ausdrücklich auch die Quellen-Telekommunikationsüberwachung entsprechender Apps wie zum Beispiel Whatsapp ermöglicht. Dadurch solle erreicht werden, dass "Täter sich der Aufklärung technisch nicht mehr durch Wahl des Kommunikationsmittels entziehen können", hieß es in der Vorlage.
Es muss nicht Whatsapp sein: Das sind fünf sichere Messenger-Alternativen

Der Messenger Signal ist nicht nur für viele Kunden die Alternative zu Whatsapp – sondern auch für einen der Gründer. Jahre nachdem er mit dem Verkauf von Whatsapp Milliarden verdient hatte, verließ Brian Acton Facebook, vermutlich im Streit um die Sicherheit des Messengers. Danach steckte er Millionen in Signal. Dort wird Privatsphäre groß geschrieben: Der Betreiber kann die Chats nicht mitlesen, selbst die zur Suche nach anderen Nutzern hochgeladenen Telefon-Bücher werden vorher verschlüsselt und in einer für die Firma nicht verwertbaren Form („Hash“) miteinander verglichen. Die für Desktop, Android und iOS verfügbare App ist kostenlos.
Zähneknirschen bei Jusos und der SPD-Vorsitzenden
Für die Neuregelung stimmten in namentlicher Abstimmung 355 Abgeordnete vorwiegend von Union und SPD. Es gab 280 Gegenstimmen und vier Enthaltungen. Am Abend machten sich die Jusos mit einem Tweet Luft: "Das und unsere bodenlose Enttäuschung lassen wir hier einfach mal stehen." Dazu zeigt eine Grafik, wie die SPD-Fraktion bei der Änderung des Verfassungschutzrechts abgestimmt hat: 123 SPD-Abgeordnete waren demnach dafür, nur fünf dagegen und drei haben sich enthalten.
Auch die SPD-Vorsitzende Saskia Esken bleibt nach der Abstimmung bei ihrem Standpunkt: "Ich halte die Entscheidung für den Einsatz von Staatstrojanern auch weiterhin für falsch, insbesondere in den Händen von Geheimdiensten. Diese Form der Überwachung ist ein fundamentaler Eingriff in unsere Freiheitsrechte [...]", schreibt Esken auf Twitter.
Esken begründet ihre Ablehnung des Staatstrojaners
Sie respektiere die Mehrheit in der SPD-Fraktion, halte die beschlossenen Mittel aber für falsch. Die Ausweitung der Kontrollbefugnisse, insbesondere der Einsatz sogenannter Staatstrojaner, wird von zahlreichen Datenschützern, aber auch von Grünen, FDP und Linkspartei abgelehnt. Redner der SPD wiesen darauf hin, dass sie weitergehende Forderungen der Union hinsichtlich sogenannter Online-Durchsuchungen abgewehrt hätten. Aber das reicht offenbar weder der Parteivorsitzenden noch den Jusos aus. Monate vor der Bundestagswahl droht der SPD der nächste innerparteiliche Streit.

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Weitere Quellen: "Jusos.de".