Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die USA zu einem zügigen Beschluss der Milliardenhilfe für den Bankensektor aufgefordert. "Die Bundesregierung (...) erwartet, dass dieses Rettungspaket noch diese Woche verabschiedet wird", sagte Merkel am Dienstag am Rande einer CDU/CSU-Fraktionssitzung in Berlin. Es sei die Grundlage dafür, dass wieder Vertrauen an den Finanzmärkten einziehe. Vertrauensbildung sei auch das Motiv für die Bundesbürgschaft für die angeschlagene Hypo Real Estate.
Klärungsbedarf bei der Opposition
Bundesbankpräsident Axel Weber sagte, die Hypo Real Estate sei "damit in eine zukunftsfähige Situation" geführt worden. Verwerfungen im Interbankengeschäft seien verhindert worden. Das Rettungspaket sei auch wichtig zur Stützung des Pfandbriefmarktes, der ein wichtiges Finanzierungsinstrument des Mittelstandes sei.
Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) und Weber informierten am Dienstag die Parlamentsfraktionen über die Details des Rettungspaketes für die Hypo Real Estate, die in Liquiditätsprobleme geraten war. Nach langwierigen Verhandlungen war in der Nacht zum Montag mit den privaten Banken unter Mitwirkung von Bundesbank und der Aufsichtsbehörde BaFin vereinbart worden, dass die HRE rund 35 Milliarden Euro Kreditlinien von Privat- und Notenbanken erhalten soll. Die Bundesregierung und die Banken sollen dies absichern durch eine Bürgschaft in gleicher Höhe, von der rund 26,6 Milliarden Euro auf den Bund entfallen.
Kauder will mehr Einfluss
Die Bundesregierung kann bei der Milliardenbürgschaft auf die Unterstützung der beiden Koalitionsfraktionen setzen. Sowohl Unionsfraktionschef Volker Kauder als auch sein SPD-Kollege Peter Struck nannten das Vorhaben am Dienstag richtig und zur Abwendung eines Flächenbrandes im deutschen Finanzsystem geboten. Die Oppositionsparteien sehen dagegen noch Klärungsbedarf.
Unionsfraktionschef Kauder drang als Gegenleistung für die Bürgschaft auf mehr Einfluss der Politik auf den Dax-Konzern. Es sei zwar "völlig richtig", dass die Bundesregierung bei der HRE-Rettung mithelfe. Daraus müsse aber folgen, dass der Staat dann auch bei den Vergütungen und Bonus-Zahlungen für Manager mitspreche. "Es wird nicht einfach so sein, der Staat gibt einfach Geld und dann ist es in Ordnung." Vielmehr müsse man die Strukturen verändern. Auch Unionshaushälter Steffen Kampeter sprach gemessen an den Alternativen von dem vernünftigsten und für den Steuerzahler preiswertesten Fall.

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Rolle der Finanzaufsicht
SPD-Fraktionschef Struck kündigte an: "Es ist klar, dass wir dem (Bürgschaftspaket) zustimmen werden." Damit werde Vertrauen in den Markt gebracht. Andernfalls wäre es zu einer schweren Gefährdung des deutschen Bankensystems gekommen. Er gehe nicht davon aus, dass die Bürgschaft in Anspruch genommen werden müsse. Er wie sein Vize, der Finanzpolitiker Joachim Poß, wollen daher auch nicht Abschied nehmen vom Ziel eines ausgeglichenen Bundeshaushalts bis 2011.
Die stellvertretende Fraktionschefin der Grünen Christine Scheel sagte, es gebe noch viele offene Fragen zum Rettungsplan. Sie verlangte Aufklärung, was Steinbrück mit der Formulierung von der "geordneten Abwicklung" der HRE gemeint habe. Auch forderte sie als Konsequenz Einfluss des Staates bei Hilfen an Banken auf die Vergütungen von deren Managern. Die Rolle der Finanzaufsicht im Falle HRE bedürfe gleichfalls der Klärung.
Der FDP-Haushaltspolitiker Otto Fricke sagte, die Frage sei nicht ob in dem Krisenfall geholfen werde, sondern wie geholfen werde. Es müsse vor allem darauf ankommen, dass die Bürger sich auf die Sicherheit ihrer Bank-Einlagen verlassen können.
Der DGB kritisierte die "Art und Weise der öffentliche Nothilfe für die HRE" als einen Schlag ins Gesicht der Steuerzahler. Es sei "völlig inakzeptabel", dass diese für 26,6 Milliarden Euro bürgen sollten ohne dafür eine Gegenleistung zu erhalten. Wer zahle, müsse am Eigentum beteiligt werden und auf die Geschäftspolitik Einfluss haben. Die EU-Kommission kündigte in Brüssel eine rasche Entscheidung über die Vereinbarkeit der Hilfen für die HRE mit dem EU-Recht an.
Die Hypo Real Estate steht nach Darstellung von Bundesbank und Finanzaufsicht BaFin unterdessen vor einem umfassenden Umbau. In einem der Deutschen-Presse-Agentur vorliegenden Schreiben an das Bundesfinanzministerium heißt es: "Anders als bei einer sofortigen Insolvenz, wird eine geordnete und Substanz schonende Neustrukturierung der HRE-Gruppe durch einen den Wert erhaltenden Verkauf der Bankentöchter oder von deren Vermögenswerten ermöglicht."
Eine nicht vertretbare Schonung der Aktionäre der börsennotierten HRE-Holding werde dadurch vermieden, dass die Aktien der Gruppe als Sicherheit zur Verwertung abgetreten würden, heißt es in dem am Dienstag in Berlin bekanntgewordenen Schreiben von Bundesbank und BaFin weiter.