Nach der Entlassung des früheren Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm, steht Bundesinnenministerin Nancy Faeser weiterhin in der Kritik. Im Oktober 2022 hatte sie den Cybersicherheitschef seines Amtes enthoben. Zuvor wurde Schönbohm in einer Ausgabe des "ZDF Magazin Royal" von Moderator Jan Böhmermann vorgeworfen, eine zu große Nähe zu einem Verein mit angeblichen Kontakten zu russischen Geheimdiensten zu haben. Die Vorwürfe erhärteten sich jedoch nie.
Heute hatte die CDU/CSU-Bundestagsfraktion eine Sondersitzung des Innenausschusses beantragt, die sich mit der Causa Schönbohm befasste. Dabei war auch ein mutmaßlicher Einsatz eines Nachrichtendienstes in einem disziplinarischen Vorverfahren gegen Schönbohm Thema.
Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums wies die Vorwürfe zurück. Das Bundesamt für Verfassungsschutz habe keine nachrichtendienstlichen Maßnahmen gegen Schönbohm durchgeführt, sagte sie dem stern. In der Sondersitzung habe das Innenministerium darauf hingewiesen, dass die Vorprüfung zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens nach den gesetzlichen Grundlagen erfolgt sei. "Dabei geht Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Bei einer Vorprüfung, ob ein Disziplinarverfahren eingeleitet wird, werden alle belastenden und entlastenden Umstände sorgfältig geprüft. Dafür werden auch vorhandene Erkenntnisse anderer Behörden abgefragt", teilte die BMI-Sprecherin mit.
Oder einfacher gesagt: Das Innenministerium will Schönbohm weder abgehört noch überwacht haben. Vorhandene Erkenntnisse des Verfassungsschutzes können aber sehr wohl abgefragt worden sein.
Verfassungsschutz instrumentalisiert?
Bundesinnenministerin Faeser selbst ließ sich beim Innenausschuss am Dienstag aufgrund eines Arzttermins entschuldigen. An ihrer Stelle nahm eine parlamentarische Staatssekretärin teil.
Kritik kam im Vorfeld von der Union. "Wenn die Medienberichte zutreffen, ist endgültig klar, dass Frau Faeser Herrn Schönbohm grundlos abberufen hat", sagte die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Andrea Lindholz.
"Vor allem aber wiegt der sich aus den Ministeriumsakten ergebende Vorwurf extrem schwer, die Bundesinnenministerin habe den Verfassungsschutz instrumentalisiert, um ihre Entscheidung im Nachhinein zu rechtfertigen", so Lindholz.
Von "Varoufake" bis "Nuhr im Zweiten": Das sind Jan Böhmermanns zehn größte Aufreger
Schadenersatz von 5000 Euro
Bereits am Freitag wurde öffentlich, dass Arne Schönbohm vom Bund Schadenersatz verlangt. Schönbohm mache in der Klage einen Schadenersatzanspruch von 5000 Euro wegen einer Verletzung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht geltend. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums (BMI) teilte mit: "Das BMI kann sich wie üblich nicht zu möglichen einzelnen Personalangelegenheiten äußern."
Aus verfahrensrechtlichen Gründen sei zwar laut Schönbohms Anwalt die Bundesrepublik Deutschland Klagegegner. "In der Sache wird aber ein Fehlverhalten des Bundesministeriums des Innern und für Heimat und konkret des dort tätigen Leitungspersonals einschließlich der Bundesministerin selbst gerügt." Dieses Fehlverhalten bestehe darin, dass die disziplinarrechtlichen Vorermittlungen gegen Schönbohm auch dann noch fortgeführt worden seien, als bereits festgestanden habe, dass die gegen ihn erhobenen Vorwürfe haltlos seien. Zunächst werde ein Schadenersatzanspruch von 5000 Euro geltend gemacht. "Allerdings hat sich Herr Schönbohm eine spätere Erhöhung der Forderung ausdrücklich vorbehalten", teilte der Anwalt weiter mit.
Einige Tage davor war bereits bekanntgeworden, dass Schönbohm mittels eines weiteren Anwalts auch vom ZDF eine Entschädigung von 100.000 Euro und eine Unterlassungserklärung fordert. Der öffentlich-rechtliche Sender hatte dies zurückgewiesen. Auf der Klageebene ist das Ganze bislang noch nicht.
Quellen: Bundestag, CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nachrichtenagentur DPA