Angesichts der hohen Zahl von Corona-Infektionen rund um den Schlachtbetrieb von Marktführer Tönnies hat Grünen-Chefin Annalena Baerbock ein Krisentreffen von Bund und Ländern gefordert. Das System der Agrar- und Fleischproduktion müsse sich grundlegend ändern, sagte Baerbock am vergangenen Montag in Berlin. "Für das Billigfleisch zahlen Arbeiter, Bauern und Tiere einer ganzen Region einen extrem hohen Preis." Schlachthöfe müssten bundesweit sicherer gemacht werden. Agrarministerin Julia Klöckner müsse die Agrar-, Gesundheits- und Arbeitsminister von Bund und Ländern einladen, um für gemeinsame Standards für ganz Deutschland zu sorgen.

Klöckner hatte sich für eine Tierschutzabgabe ausgesprochen, die auch von einer Kommission ihres Ministeriums empfohlen wird. Das Gremium unter Leitung des früheren Agrarministers Jochen Borchert schlägt eine Abgabe auf tierische Produkte vor, die als Verbrauchsteuer umzusetzen wäre. Denkbar wären demnach Aufschläge von 40 Cent pro Kilogramm Fleisch und Wurst oder zwei Cent pro Kilo Milch und Frischmilchprodukte.
"Keine weiteren Milliarden ins Billigfleisch-System pumpen"
Baerbock begrüßte, dass man auch in der Union nun über eine Tierwohl-Abgabe nachdenke. Es brauche aber auch verbindliche gesetzliche Haltungskennzeichen für alle Tiere. Das staatliche Tierwohl-Label gilt bisher nur für Schweine. Auf EU-Ebene müsse Klöckner dafür sorgen, "dass nicht weitere Milliarden in das Billigfleisch-System gepumpt werden", sagte Baerbock.
Klöckner hatte sich für eine Tierschutzabgabe ausgesprochen, die auch von einer Kommission ihres Ministeriums empfohlen wird. Das Gremium unter Leitung des früheren Agrarministers Jochen Borchert schlägt eine Abgabe auf tierische Produkte vor, die als Verbrauchsteuer umzusetzen wäre.
"Gesellschaftlicher Druck auf Regierung muss hoch bleiben"
Parteichef Robert Habeck sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Wir müssen hin zu einer Tierhaltung, die am Wohle der Tiere ausgerichtet ist, und nicht einzig und alleine auf Dumping-Preise und Wettbewerbslogiken." Eine Abgabe könnte als "Tierschutzcent" ausgestaltet sein, der Landwirten beim Umbau von Ställen helfe. Es werde beides gebraucht – staatliche Förderung für Stallumbauten durch die Tierhalter mit entsprechenden Vorgaben, aber auch höhere Preise an der Ladentheke für mehr Wertschätzung.
Der gesellschaftliche Druck auf die Bundesregierung müsse jetzt hoch bleiben, so Habeck. "Die Haltungsbedingungen der Tiere, die wir töten, um sie zu essen oder deren Produkte wir konsumieren, sind oft unter aller Sau." Nötig sei unter anderem auch eine verbindliche Haltungskennzeichnung, die Verbrauchern Aufschluss darüber gebe, welche Art der Tierhaltung sie auf dem Tisch haben. Auch die EU-Steuermilliarden für Landwirte müssten Anreize setzen, Tierwohl, Umwelt und Klimaschutz stärker in den Blick zu nehmen.
"7-Punkte-Plan" der Grünen wurde im Mai bereits vorgestellt
Baerbock und Habeck beziehen sich in ihren Forderungen jeweils auf den "7-Punkte-Plan zur Verbesserung der Lage in den Schlachthöfen", den Die Grünen schon am 18. Mai vorlegten. Darin fordern sie unter anderem: "Der Standard 'Billigfleisch' muss ein Ende haben. [...] Im Lebensmitteleinzelhandel darf ein Mindestpreis für tierische Produkte nicht mehr unterschritten werden." Nötig sei zudem eine Infrastruktur für regionale, tierschutzkonforme Schlachtung. Tiertransporte müssten auf maximal vier Stunden begrenzt werden.
Quellen: "7-Punkte-Plan zur Verbesserung der Lage in den Schlachthöfen" / Empfehlungen des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung