Seit die Russen ukrainische Drohnen über ihren eigenen Dächern sichten, wächst die Angst in Russland, der Krieg könnte aus der Ukraine zu ihnen zurückkehren. Den Kreml kümmern die Ängste der Bevölkerung allerdings wenig.
Andrej Kartapolow, Vorsitzender des Verteidigungsausschusses der Staatsduma, machte dies in einem Kommentar deutlich: Er riet russischen Unternehmen eigene Luftverteidigungssysteme zu erwerben, wenn die Drohnen ihnen Sorgen bereiten würden. "Es gibt ziemlich kostengünstige Mittel zur Bekämpfung unbemannter Luftfahrzeuge, die jedes Unternehmen mit etwas Selbstachtung kaufen und auf seinen Objekten positionieren kann", erklärte er im Gespräch mit Wladimir Solowjow, einem der wichtigsten Gesichter der Kreml-Propaganda.
Soll heißen: Wer Schutz will, muss selbst dafür sorgen. Die Mittel des Verteidigungsministeriums seien begrenzt und würden für "die Abdeckung wichtiger staatlicher und militärischer Einrichtungen konzentriert", fügte der Generaloberst hinzu, der gleichzeitig auch der Stellvertreter des Verteidigungsministers Sergej Schoigu ist.
Putins Berg-Villa
Zu den "wichtigen staatlichen und militärischen Einrichtungen" gehört offenbar auch die Berg-Villa von Wladimir Putin. Dies fand das Team des inhaftierten Oppositionspolitikers Alexej Nawalny anhand von entsprechenden Aufnahmen heraus. Auf den Bildern ist der Standort eines Luftabwehrsystems eindeutig zu erkennen, sagen die Mitstreiter von Nawalny. Das lokalisierte Panzir-S1, ein modernes russisches Kurzstrecken-Flugabwehrraketen-System, stehe auf einer Wiese rund einen Kilometer von einem beliebten Aufenthaltsort Putins entfernt.
Auf 20 Hektar Land, versteckt zwischen hohen Bäumen, stehen hier auf einem Gipfel zwei große Villen. Ein Hubschrauberlandeplatz und ein privater Ski-Lift ermöglichen ein unerkanntes An- und Abreisen. Beides ist aus der Luft gut zu erkennen, etwa auf Yandex Maps.
Offiziell gehört die Anlage Gazprom. Bei einem Besuch vor Ort berichten Einheimische, wer hier die Bergsonne genießt: Wladimir Putin. Eine hohe Mauer schirmt die Umgebung meilenweit ab. Die Erfahrung zeigt: Wer sich dem gewundenen Weg nähert, der in Schleifen den Anhang hinauf zum Anwesen führt, wird von schwer bewaffneten Männern angehalten – und unsanft wieder in die entgegengesetzte Richtung geschickt.
Naturparadies rund um Sotschi
Während aber der Kreml nach weiteren Vorwänden sucht, um Nawalnys Haftstrafe bis an dessen Lebensende zu verlängern, haben sich seine Mitstreiter der Jagd nach geheimen Reichtümern des russischen Diktators verschrieben.
Einiges davon hat Putin im Gebiet rund um die Stadt Sotschi untergebracht. Die Gegend gehört zu den liebsten Aufenthaltsorten des Kreml-Chefs. Kein Wunder: Kann man doch hier innerhalb einer halben Stunde von einem Sandstrand am blauen Wasser des Schwarzen Meeres in die schneebedeckten Gipfel des Kaukasus-Gebirges wechseln.
In diesem Naturparadies verfügt Putin über eine offizielle Residenz und mindestes drei private Anwesen. Dazu gehört auch der berüchtigte Palast an den Klippen über dem Schwarzen Meer, den Putin aber bislang aufgrund eines Schimmelbefalls wohl nie beziehen konnte. Auch die Frau an seiner Seite verfügt in Sotschi über ein angemessenes Domizil (Hier erfahren Sie, wo Putins Geliebte das Leben einer geheimen Königin führt).
Die Handschrift des wahren Besitzers
Zum Skifahren begibt sich Putin aber auf die Höhen rund um das Örtchen Krasnaja Poljana, das trendige Skigebiete wie Rosa Chutor zu bieten hat. Hier fanden 2014 die Olympischen Winterspiele statt. Die Ski-Pisten sind also auch gut genug für Putin.
Dem Team von Nawalny ist es nun gelungen, in Erfahrung zu bringen, was genau sich hinter den hohen Mauern verbirgt, die von einem Luftabwehrsystem beschützt werden müssen. Baupläne für eines der Hauptgebäude verraten: Die Villa verfügt über vier Stockwerke, zwei ober- und zwei unterirdisch. Die Gesamtwohnfläche beträgt 3800 Quadratmeter.
Auf der untersten Etage befinden sich demnach Räume für das Personal und Kammern, die solche Namen tragen wie "Raum für die Verarbeitung von Eiern", "Abteilung für Gemüse", "Abteilung für Backwaren", "Gefrierraum für Fisch" oder "Kammer für Eingelegtes".
Hier ist deutlich die Handschrift des wahren Besitzers zu erkennen. Auch im Palast an der Küste des Schwarzen Meeres gibt es Räume, die in den Bauplänen genau solche Bezeichnungen tragen. Jede Art von Nahrungsmitteln, die Putin zu sich nimmt, erfordert offenbar eine gesonderte Lagerung und Verarbeitung.
Ebenso spiegelt sich in der Berg-Villa Putins Vorliebe für unterirdische Räume wider. Die russische unabhängige Investigativ-Plattform "The Insider" fand einst heraus, dass der Palast am Schwarzen Meer einen 16-stöckigen Bunker beherbergt.
Eine Kryokammer und eine Küche für den FSO
Auch in den oberirdischen Stockwerken findet sich alles, was Putin in seinen Residenzen gewöhnlich unterbringen lässt: ein riesiger Spa-Bereich samt Pool, mehrere Sauna-Räume, eine Salzgrotte, Kneipp-Bäder und die unabdingbare Kryokammer.
Ein Raum auf der obersten Etage liefert den entscheidenden Hinweis auf den Besitzer der ganzen Pracht: "Küche für den FSO", heißt er auf dem Bauplan. FSO ist der Schutzdienst, dessen Hauptaufgabe die Sicherheit des russischen Präsidenten ist. Die Männer dieses Dienstes bewachen den Kreml-Chef rund um die Uhr. Zu ihrem Waffenarsenal zählen nun auch Luftabwehrsysteme.
Überall Luftabwehrsysteme
Die geheime Berg-Villa ist nicht das einzige Anwesen Putins, das von Luftabwehrsystemen abgeschirmt wird. Auch in der Nähe seiner Residenz in der Region Waldai steht ein solches System, ebenso unweit seiner offiziellen Niederlassung in Nowo-Ogorjowo. In Moskau wurden in den vergangenen Wochen Luftabwehrsysteme auf den Dächern öffentlicher Gebäude aufgestellt. "Sie sind so positioniert, dass der Kreml von allen Seiten beschützt ist", sagt Georgi Alburow, einer der Mitstreiter Nawalnys. "Putin hat wahrhaftig Angst, dass er mit einer Rakete angegriffen wird, während er arbeitet." Und offenbar auch, während er die Annehmlichkeiten seiner Paläste genießt.
Von der Motte zu Putin, dem Ewigen – der blutige Weg des Kreml-Herrn in Bildern

Wladimir Putin und seine Reichtümer
Um seinen Besitz macht Putin ein noch größeres Geheimnis als um sein Privatleben. Zum letzten Mal veröffentlichte er 2021 eine Steuererklärung. 114.000 Euro Jahresgehalt, drei Autos, ein Pkw-Anhänger und eine 77 Quadratmeter große Wohnung: Das ist alles, was der Kreml-Chef besitzen will. Dabei gehen Experten davon aus, dass Putin zu den reichsten Menschen der Welt gehört. Auch in Russland nimmt niemand die offiziellen Angaben ernst. Und so hielt es der Kreml in diesem Jahr – wie auch schon im vergangenen – nicht einmal für nötig, wenigsten zum Schein eine Steuererklärung zu veröffentlichen.
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