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Bundestrainer Klinsmann Von Chaos keine Rede

Offiziell bestätigt hat der DFB noch nichts. Weder, dass Klinsmann Bundestrainer wird, noch, dass Holger Osieck assistieren wird. Reaktionen aber gibt es reichlich und nicht alle sind Jubel-Arien.

"Wenn wir vier Wochen nach dem überraschenden Rücktritt von Rudi Völler eine so überzeugende Lösung präsentieren könnten, wäre der DFB mal wieder besser als sein Ruf", sagt DFB-Pressesprecher Harald Stenger gute Laune verbreitend. Denn sein Arbeitgeber, der Deutsche Fußball-Bund (DFB) ist auf der Suche nach Führungspersonal für die Nationalmannschaft anscheinend fündig geworden.

Einen Tag nach der prinzipiellen Einigung mit dem designierten Teamchef Jürgen Klinsmann meldete am Donnerstag "positive Gespräche" mit dem als Co-Trainer vorgesehenen Holger Osieck, die DFB-Chef Gerhard Mayer-Vorfelder sowie die Vize-Präsidenten Franz Beckenbauer und Horst R. Schmidt am Mittwochabend in Zürich geführt haben. Stenger bestätigte damit indirekt die sich anbahnende Lösung. Zugleich widersprach er Kommentaren, in denen vom "Chaos bei der Trainersuche" die Rede ist.

Noch mehr Reaktionen

Dietmar Beiersdorfer (Sportchef Hamburger SV): "Das ist eine relativ revolutionäre Lösung. Klinsmann hat grundsätzlich Recht mit seiner Kritik am DFB. Ich hoffe, dass es sich nicht nur um eine öffentlichkeitswirksame Maßnahme handelt, sondern wirklich eine Restrukturierung bzw. Sanierung vorgenommen wird. Ich kenne keine Konzepte, hoffe aber, dass die Ideen wirklich mit Leben gefüllt werden". Klaus Toppmöller (Trainer Hamburger SV): "Dazu äußere ich mich nicht mehr".

Bernd Schneider (Nationalspieler): "Ich kann nicht entscheiden, wer den Posten übernimmt. Da werden wir als Nationalspieler ja nicht gefragt. Letztendlich müssen allein wir, die Spieler, die Leistung auf dem Platz bringen. Da ist die Mannschaft gefragt und nicht der Trainer auf der Bank."

Heribert Bruchhagen: (Vorstandsvorsitzender Eintracht Frankfurt): "Ich habe zu Holger Osieck, mit dem ich bei Schalke zusammengearbeitet habe, Oliver Bierhoff und Jürgen Klinsmann vollstes Vertrauen. Alle drei sind im Fußball aufgewachsen und groß geworden. Dazu besitzt Klinsmann die sehr gute Gabe in der Außendarstellung. Die Frage ist, wie weit die einzelnen Persönlichkeiten ihre Teamfähigkeit zeigen und beweisen können."

Winfried Schäfer (Nationaltrainer Kamerun): "Der Jürgen Klinsmann ist ein Sonnyboy. Der hat eine Art, dass er viel bewegen kann. Wie er als Trainer arbeitet, kann ich nicht beurteilen. Er ist jedenfalls ein positiver Typ. Holger Osieck ist ein fantastischer Trainer mit großer internationaler Erfahrung, der aber als Nummer eins gearbeitet hat und dann wie Michael Skibbe bei Rudi Völler ins zweite Glied treten müsste. Man muss das ganze eben als Paket sehen. Und Oliver Bierhoff ist ein sehr souveräner Typ. Nur weiß ich bis jetzt nicht so ganz genau, was er für Aufgaben übernehmen soll."

Mario Basler (Ex-Nationalspieler und Trainer SSV Jahn Regensburg): "Ich denke, diese Entscheidung ist nicht verkehrt. Natürlich muss man auch erst einmal abwarten, der Jürgen hat ja noch nie eine Mannschaft trainiert. Aber er kennt den DFB gut. Auch die Idee mit Klinsmann, Osieck und Bierhoff ist nicht so schlecht. Auch Oliver kennt den DFB, er hat lange genug selbst in der Nationalmannschaft gespielt."

Rudi Carrell (Alt-Showmaster): "Seine größte Leistung hat er mit den Beinen gemacht und nicht mit dem Kopf. Er wäre auch nicht gut genug, Winnie Schäfer wäre besser."

Im Personal-Puzzle als Team-Manager eingeplant ist zudem Ex-Nationalspieler Oliver Bierhoff. Eine Lösung will der DFB nach Aussage von Werner Hackmann, dem Präsidenten der Deutschen Fußball Liga (DFL), spätestens am Sonntag präsentieren.

Allerdings trifft die bevorstehende Dreier-Lösung laut einer Umfrage der Nachrichtenagentur DPA auf ein geteiltes Echo. Während vor allem bei Marktführer Bayern München und den Nationalspielern die Reaktionen durchweg positiv ausfallen, ist sie bei einigen Club- Vertretern und auch ehemaligen Klinsmann-Weggefährten umstritten.

Bayern-Manager Uli Hoeneß nannte die vorbereitete Dreier-Lösung "mutig und gut", Nationalkeeper Oliver Kahn bezeichnete seinen Ex-Kollegen Klinsmann einen "sehr intelligenten, sehr erfahrenen Mann, der sich im internationalen Fußball sehr gut auskennt". Und: "Es ist ein Schritt in eine andere Richtung, aber mit sehr, sehr erfahrenen Leuten. Wenn es so kommt, ist es jedenfalls eine große Veränderung."

"Klinsmann ist ein Mann, der integrationsfähig ist. Der wie Rudi Völler damals everybody’s darling ist, der eine gute Medienpolitik macht. Osieck ist ein sehr erfahrener Mann. Und wenn Bierhoff Manager wird, das würde ich für sehr gut halten", sagte Uli Hoeneß. Und fügte schnippisch hinzu: "Ich habe das Gefühl, als hätten sich die älteren Herren in der Trainerfindungskommission richtig ins Zeug gelegt."

Auch Hertha-Stürmer Fredi Bobic sieht die jüngste Entwicklung nach den Absagen der Wunschkandidaten Ottmar Hitzfeld und Otto Rehhagel positiv: "Schön, dass endlich eine Lösung gefunden ist. Jürgen hat viele Erfahrungen, die er hoffentlich im Team rüberbringen wird." Team- Kollege Arne Friedrich sprach von einem "guten Team: Klinsmann und Bierhoff sind eine gute Mischung und damit eine gute Lösung".

Ganz anders der Standpunkt von Rudi Assauer. "Über diese Trainerfindung könnte man einen Film drehen. Das ist eine schallende Ohrfeige für die handelnden Personen", so der Manager des FC Schalke kritisch. Sein Trainer Jupp Heynckes moniert: "Fußballerisches Profil ist wohl nicht gefragt." Auch andere Club-Vertreter drückten ihre Skepsis aus. "Die Wahl mit Klinsmann wäre im Endeffekt ein Schlag ins Gesicht der Trainergilde im DFB. Es wäre zum zweiten Mal nach Völler, dass einer gewählt wird, der noch nie im Leben eine Mannschaft trainiert hat", sagt Manager Jürgen Heidel vom FSV Mainz 05.

"Jeder, der einen kennt, wird ins Gespräch gebracht"

Ex-Nationalspieler Thomas Berthold, 1990 mit "Klinsi" Weltmeister geworden, merkte kritisch an: "Ich habe den Eindruck, hier wird ohne Konzept gesucht. Jeder, der einen kennt, wird ins Gespräch gebracht. Erst hieß es Hiddink oder Olsen, jetzt plötzlich Klinsmann. Für mich muss ein Bundestrainer ein anderes Profil haben und schon Erfahrungen gesammelt haben. Die Nationalelf ist doch keine Übungswiese." Und für Trainer Holger Fach von Borussia Mönchengladbach liegen die Probleme ohnehin woanders: "Die Qualität unserer Jugendarbeit und Ausbildung ist einfach schlecht. Dort müssten viel mehr gute Trainer arbeiten."

Offiziell bestätigen wollte der DFB die am Vortag bekannt gewordenen Pläne allerdings nicht, denn zunächst sollen die Verträge mit dem beteiligten Trio perfekt gemacht werden. "Die Gespräche mit Osieck werden fortgesetzt", sagt Stenger. Mit dem von der "Süddeutschen Zeitung" ins Gespräch gebrachten Bierhoff wurde nach Informationen der DPA bisher noch gar nicht gesprochen.

Der Europameister von 1996 hatte aber seine Bereitschaft zur Mitarbeit bereits signalisiert. Ein Problem könnte sein, dass der Golden-Goal-Schütze im EM-Finale 1996 bei SAT.1 als Champions-League- Kommentator unter Vertrag steht. "Ich könnte mir vorstellen, dass beide Tätigkeiten miteinander zu vereinbaren wären", so Sportchef Erich Laaser. Der DFB arbeitet mit Hochdruck und will möglichst rasch Vollzug melden. Liga-Chef Hackmann: "Wir haben uns vorgenommen, bis zum Sonntag eine endgültige Lösung vorzulegen."

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