Gipfeltreffen Wer alles beim G8-Gipfel dabei ist

Die Regierungschefs der acht wichtigsten Industrienationen debattieren drei Tage lang über das Weltgeschehen im japanischen Toyako. Das was genau erwarten die Staatschefs von dem Treffen? Lesen Sie hier die politischen Hintergründe.

Im japanischen Toyako sind die Staatschefs Russlands, Italiens, Deutschlands, Frankreich, Japans, der USA, Kanadas und Großbritanniens zum G8-Gipfel zusammengekommen. Themen des Treffens sind unter anderem der Klimaschutz, die weltweiten Nahrungsmittelpreise und die sicherheitspolitische Lage im Nahen Osten. Doch jeder Regierungschef hat seinen eigenen Hintergrund bei der Diskussion.

Russlands Präsident Dmitri Medwedew, 42, zeigt sich demonstrativ gesprächsbereit - auch gegenüber den Nachbarstaaten Ukraine und Georgien, deren Nato-Ambitionen dem Kreml seit langem ein Dorn im Auge sind. Bislang verzichtete er auf die Drohung, russische Raketen auf die Standorte der geplanten US-Raketenabwehr in Mitteleuropa auszurichten. Zugleich unterstrich der jungenhaft wirkende Kremlchef, dass auch er (wie Ziehvater Wladimir Putin) von den Pentagon-Plänen für Polen und Tschechien und einer neuen Nato-Erweiterung wenig hält. Zudem beansprucht er eine größere Rolle Russlands in der internationalen Politik.

Japans innenpolitisch bedrängter Regierungschef Yasuo Fukuda will den Gipfel auf dem Berg nutzen, um sein Land als führende Kraft beim Kampf gegen den Klimawandel zu profilieren. Als er kürzlich seine "Fukuda Vision" darlegte und für Japan eine Reduzierung der Treibhausgase um 60 bis 80 Prozent bis 2050 ankündigte, ging er mit gutem Beispiel voran. Wer jedoch annehmen sollte, beim G8-Gipfel könnte es eine Einigung auch auf mittelfristige Ziele bis 2020 geben, wurde von Fukuda enttäuscht. Die G8 sei dafür "kein Forum".

Fulminanter Auftritt Bushs erwartet

US-Präsident George W. Bush nimmt auf Hokkaido Abschied. Zum letzten Mal in seiner Amtszeit wird der weltweit unbeliebte Bush wohl wieder für Irritation sorgen: Er wird den offensiven Kampf der freien Welt gegen die islamistische Herausforderung fordern, vermutlich wieder mal dem Iran mit einem Militärschlag drohen. Er wird auf ein stärkeres Eingreifen im bürgerkriegs-geplagten Darfur und auf mehr Hilfe für den Irak und Afghanistan drängen.

Einem weitreichenden, international verbindlichen Klima-Abkommen, wie es die Europäer fordern, wird er auf der japanischen Insel nicht zustimmen. Jim Connaughton, Umweltberater von US-Präsident George W. Bush, hat bereits zum Auftakt die Aufmerksamkeit auf sich gezogen: Atomkraftwerke seien "der Lackmustest für die Ernsthaftigkeit" der Staaten beim Klimaschutz, sagte er. Deutschland habe er dabei allerdings nicht ansprechen wollen, betonte Connaughton später.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ist unangefochten. Das gilt für ihre Position als Regierungschefin ebenso wie für den Vorsitz der CDU. Aber das Murren gegen die Parteichefin innerhalb der eigenen Reihen - vor allem in der Unionsfraktion - hat zugenommen. Ihr wird angelastet, zu oft auf den Koalitionspartner SPD zuzugehen - vor allem in der Sozial- und Steuerpolitik. Merkels Außenpolitik und ihre Auftritte auf der internationalen Bühne werden dagegen sogar vom politischen Gegner anerkannt.

Brown innenpolitisch stark angeschlagen

Der britische Premierminister Gordon Brown ist zum ersten Mal bei einem G8-Gipfel dabei. Für den 57-Jährigen ist es enorm wichtig, sich außenpolitisch zu profilieren, da er im eigenen Land stark angeschlagen ist. Zuletzt hatte seine Labour-Partei Kommunalwahlen haushoch verloren; es wurde auch schon über die vorzeitige Ablösung des Premiers spekuliert.

Auch wirtschaftlich steht Großbritannien nicht mehr so gut da. Der als trocken geltende Brown wird bei dem Gipfel voraussichtlich versuchen, sich von Blair abzusetzen, der im Gegensatz zu ihm selbst den schillernden Auftritt liebte. Bisher ist Brown mit außenpolitischen Themen nicht besonders hervorgetreten. Als langjähriger Finanzminister wird ihm aber ein großes Fachwissen über die Weltwirtschaft zugeschrieben.

Harper wenig kompromissbereit

Der konservative kanadische Premierminister Stephen Harper gilt im Gegensatz zu früheren kanadischen Regierungschefs als wenig kompromissbereit. Der 49-Jährige Volkswirt regiert das Land seit über zwei Jahren mit einer Minderheitsregierung. Im März hatte er gegen erbitterten Widerstand aus Parlament und Bevölkerung den umstrittenen Afghanistan-Einsatz bis zum Jahr 2011 verlängert.

Im Juni punktete er allerdings innenpolitisch mit einer offiziellen Entschuldigung gegenüber den kanadischen Ureinwohnern. Beim Gipfeltreffen der G8- Staats- und Regierungschefs in Heiligendamm im vergangenen Jahr wollte er sich nicht auf eine fortschrittliche Klimapolitik gemäß des Kyoto- Protokolls festlegen.

Berlusconi will auch außenpolitisch mitreden

Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi ist in punkto G8-Gipfel schon ein alter Hase. Bereits 1994 nahm er kurz nach seiner ersten Wahl zum Regierungschef am G8-Treffen in Neapel teil, nach seiner zweiten Wahl reiste er zu den Treffen der Großen nach Genua (2001) und Gleneagles in Schottland (2005). Seit fast sieben Wochen ist der Mailänder Medien-Milliardär in Rom nun zum dritten Mal an der Macht.

Innenpolitisch sitzt der 71-Jährige fest im Sattel, verfügt er doch in beiden Parlamentskammern über eine komfortable Mehrheit. Aber auch außenpolitisch hat Berlusconi immer wieder Ehrgeiz gezeigt, ein Wort mitzureden. Ärger im eigenen Land brachte ihm allerdings die Entscheidung, den Irak-Krieg voll zu unterstützen. Im Juni 2003 hatte er auf Bitten seines "Freundes George" erste Truppen in das Kriegsgebiet geschickt.

Der französische Präsident Nicolas Sarkozy (53) gilt als "Turbo-Politiker" mit großen Ambitionen in der Innen- und Weltpolitik. Seit seiner Wahl im Mai 2007 hat er eine Vielzahl von Reformen angeschoben vom Arbeitsrecht über das Rentensystem bis zum Umweltschutz. Gleichzeitig tut er alles, um Frankreich als Global Player der Weltpolitik im Spiel zu halten. Durch die Hochzeit mit dem singenden Ex- Mannequin Carla Bruni wurde Sarkozy zum Star der Klatschpresse.

Der direkt gewählte Präsident regiert wie ein König. Er verteilt Ministern Noten und lässt ihre Interviews im Präsidentenpalast kontrollieren. Über Kriegseinsätze und Außenpolitik entscheidet er alleine. Das Parlament kann er bei Unbotmäßigkeit jederzeit auflösen. Allerdings will Sarkozy den Abgeordneten mehr verfassungsmäßige Rechte einräumen. Im Volk ist Sarkozy derzeit unbeliebt. Sein burschikoser Stil und die Kaufkraftkrise haben seine Umfragewerte abstürzen lassen.

In "Outreach"-Gesprächen Schwellenländer mit einbeziehen

Neben den Staats- und Regierungschefs der G8-Länder Deutschland, Japan, Großbritannien, Frankreich, Italien, USA, Kanada und Russland sind auch führende Vertreter sieben afrikanischer Länder (Algerien, Äthiopien, Ghana, Nigeria, Senegal, Südafrika, Tansania) sowie der Afrikanischen Union zum G8-Gipfel eingeladen. Außerdem kommen die G8-Länder für weitere sogenannte "Outreach"-Gespräche mit Brasilien, China, Indien, Mexiko und Südafrika zusammen, an denen ferner auch Vertreter Australiens, Indonesiens und Südkoreas teilnehmen. Insgesamt werden mehr als 2000 Delegierte erwartet.

Mehr als 140 Nicht-Regierungs-Organisationen (NGO) veranstalten parallel zum G8-Gipfel der Staats- und Regierungschefs ihren eigenen alternativen Gipfel im Sapporo Convention Center in Hokkaidos Provinzhauptstadt Sapporo. Da es für die NGOs schwierig sein dürfte, in der Zeit zum G8-Gipfelort Toyako zu gelangen, finden die Veranstaltungen der NGOs im wesentlichen in Sapporo sowie im Ort Rusutsu statt, wo auch das Internationale Medienzentrum liegt.

DPA
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