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Central Europe Rally Mit Vollgas durch die Puszta

Nach der Absage der Rallye Dakar gibt sich die Elite der Extremfahrer im April in Ungarn und Rumänien ein Stelldichein. Statt durch Wüstensand geht es bei der Premiere der Dakar-Series über steiniges und kurviges Terrain. Einer kam bereits vorher kräftig ins Schwitzen: Organisator Szalay Balázs.
Von Kai Behrmann

Eigentlich liebt Szalay Balázs Herausforderungen. Bereits neun Mal ist der Ungar bei der Rallye Dakar an den Start gegangen. Fünf Mal hat er dabei sein Auto bei sengender Hitze durch den staubigen Wüstensand Nordafrikas und über unwegsame Geröllpisten am Ende auch über die Ziellinie in der senegalesischen Hauptstadt Dakar gesteuert. Im Vergleich zu seiner derzeitigen Aufgabe erscheinen die Strapazen bei dem berühmtesten Langstreckenrennen der Welt allerdings in einem anderen Licht. Seit Mitte Januar organisiert der Ungar die "Central Europe Rally (CER)", die Teil der neuen Dakar-Series ist. "Ein Rennen zu organisieren ist anstrengender, als selbst im Auto zu sitzen", musste Balázs mittlerweile feststellen. "Ich hatte vorher keine Ahnung, wie viel Arbeit das ist", räumt er ein.

Balázs' Augen wirken müde. Er spricht mit leiser Stimme. Ursprünglich sollte die CER erst im kommenden Jahr stattfinden. Doch weil die 30. Jubiläumsausgabe der Rallye Dakar in diesem Jahr aufgrund von Terrorgefahr abgesagt wurde, entschied die "Amaury Sport Organisation (A.S.O.)", den Termin vorzuziehen. "Am 19. Januar habe ich grünes Licht von der A.S.O. bekommen, mit den Vorbereitungen zu beginnen", erzählt Balázs. Seitdem arbeitet er fast rund um die Uhr, damit die Dakar-Sparvariante, die vom 20. bis 26. April durch Ungarn und Rumänien führt, ein Erfolg wird.

Schläge für Nacken und Rücken

Bei Dirk von Zitzewitz laufen die Vorbereitungen ebenfalls auf Hochtouren. Der deutsche Co-Pilot von VW-Fahrer Giniel de Villiers aus Südafrika studiert bereits intensiv die Streckenkarten. Darüber hinaus arbeitet der Vizeweltmeister bei den Marathon-Wüstenrallyes 2007 hart an seiner Fitness. Ausdauerläufe, Kraftraum und Motocrossfahrten stehen auf dem Trainingsplan des 39-Jährigen. "Besonders Rücken und Nacken sind auf dem unebenen Terrain heftigen Schlägen ausgesetzt", erklärt der achtmalige Dakar-Teilnehmer. "Deshalb müssen wir in der Lage sein, die Wirbelsäule stabil zu halten." In den kommenden Tagen ist außerdem ein weiterer Besuch vor Ort geplant, "um einen Eindruck davon zu bekommen, was uns bei der CER erwartet".

Der Schleswig-Holsteiner gibt zu, anfangs sehr überrascht davon gewesen zu sein, dass ein solches Rennen in Europa veranstaltet wird. "Hier ist der Platz doch relativ begrenzt. Da kann man sich in unserem Sinne nicht so gut austoben", sagt von Zitzewitz, der eher mit Russland oder Asien als Austragungsort für den Auftakt der neu gegründeten Dakar-Series gerechnet hatte. Dennoch ist er froh, bald wieder auf den Beifahrersitz seines 280 PS-starken VW Race Touareg 2 klettern zu dürfen. "Dass die Veranstalter die CER nach der Absage der Rallye Dakar vorgezogen haben, war das Beste, was uns Piloten passieren konnte." Auch die Sponsoren der Teams, die viel Geld in Fahrzeuge und Ausrüstung investiert haben, dürften sich über den vorgezogenen Beginn der Dakar-Series gefreut haben. Neben der Rallye in Ungarn und Rumänien, soll im Herbst der zweite Lauf der in Portugal stattfinden. Die große Unsicherheit, wie es nach der Dakar-Absage weitergeht, scheint damit erstmal vom Tisch.

Widerstand von Umweltaktivisten

Für Balázs bedeutete die Entscheidung der A.S.O. jedoch eine Menge Stress. Statt Hindernisse auf der Strecke zu umkurven, musste sich Ungarns erfolgreichster Rallye-Fahrer in den vergangenen Wochen vor allem dem Widerstand von Umweltschützern erwehren. Auf deren Druck hin wurde zum Beispiel die erste Etappe von ursprünglich 118 auf 78 Kilometer verkürzt. Der Grund: "Die Grünen befürchten, dass die Zuschauer am Streckenrand für große Schäden sorgen könnten." Die Veranstalter rechnen bei den Etappen in Ungarn mit jeweils bis zu 100.000 Schaulustigen, in Rumänien mit rund 50.000. Mit dem Rennen an sich hätten die Umweltaktivisten dagegen keine Probleme, betont Balázs. Allerdings würden die Umweltaktivisten seiner Ansicht nach das große Medieninteresse an der größten Motorsportveranstaltung in den beiden osteuropäischen Ländern dafür nutzen, ihre Muskeln kräftig spielen zu lassen.

Von den Bürgermeistern der Städte und den Vertretern der Regionen, durch die im April die Rallye-Piloten donnern werden, hat Balázs ausnahmslos große Unterstützung erfahren. "Wir sind sehr stolz, ein Teil dieser Veranstaltung sein zu dürfen und helfen, wo wir können", verspricht beispielsweise István Bóka, Bürgermeister von Balatonfüred. Die 13.000-Einwohner-Stadt am Nordufer des Plattensees ist Ziel der CER. Balázs ist dankbar für die Hilfe seitens der Politiker. "Sie stellen uns unter anderem Feuerwehrleute und Sanitäter zur Verfügung", sagt er. Um während des Rennens für die Sicherheit der Fahrer zu garantieren, stehen alle 15 Kilometer ein Rettungswagen mit drei Ärzten sowie ein Bergungsfahrzeug bereit. Außerdem ist ständig ein Notarzt-Hubschrauber in der Luft.

Hochkarätige Besetzung

Ein Blick auf das Teilnehmerfeld lässt Balázs' Augen wieder leuchten. Außer dem kompletten VW-Team haben Bruno Saby, Guerlain Chicherit und Nasser Al Attiyah von der BMW X-Raid-Mannschaft ebenso gemeldet wie Jean-Louis Schlesser in seinem blauen Buggy. Außerdem tritt Robby Gordon in seinem Hummer an. Komplettiert wird die illustre Liste der Rallye-Prominenz durch die drei Dakar-Sieger 2007 Stéphane Peterhansel (Auto/Mitsubishi), Cyril Despres (Motorrad/KTM) und Hans Stacey (Truck/MAN). Insgesamt rechnen die Veranstalter mit rund 110 Motorrädern, 70 Autos und 37 Trucks. "Alle Top-Fahrer der Dakar Rallye gehen hier an den Start. Das wird ein guter und vor allem spannender Wettkampf werden", freut sich von Zitzewitz. Trotz der starken Konkurrenz rechnet der gebürtige Eutiner sich und seinem Partner gute Chancen aus: "Es wird zwar nicht einfach werden. Aber ich halte uns durchaus für einen der Favoriten."

Steinig, kurvig und stark bewaldet

Auf das starke Teilnehmerfeld wartet eine anspruchsvolle Strecke. Sieben Etappen und insgesamt 3061 Kilometer müssen die Fahrer auf dem Weg von der ungarischen Hauptstadt Budapest bis zum Zielort Balatonfüred am Plattensee zurücklegen. Die schwierigste Passage dürfte dabei laut Balázs der dritte Tag bereithalten. Das Terrain um die rumänische Stadt Sovota im Herzen von Transsylvanien am westlichen Rande der Karpaten sei sehr steinig, kurvig und stark bewaldet. "Wenn man da von der Strecke abkommt, prallt man leicht gegen einen Baum", warnt der Rallye-Experte. Von Zitzewitz erwartet ebenfalls eine sehr "zick-zack-mäßig" verlaufende Strecke, "die wenig bis gar keinen Raum für freie Navigation bieten wird". Anders als bei der Rallye Dakar werde somit das fahrerische Element stärker in den Vordergrund treten.

Als Generalprobe für die Rallye Dakar, die im kommenden Jahr in Chile und Argentinien stattfindet, sieht von Zitzewitz die CER daher nicht. Die Bedingungen seien nicht vergleichbar. "Trotzdem bekommt man ein Feedback, wo das Auto und man selbst sportlich steht." Von dem angeblichen Vorhaben der A.S.O., mit der Dakar-Series ein Punktesystem einzuführen, über das sich die Fahrer in Zukunft für die Rallye Dakar qualifizieren können, hält von Zitzewitz dagegen sehr viel. Zurzeit sei es noch so, dass sich jeder anmelden kann. Zwar würde das dem Abenteuer- und Amateurgedanken des legendären Wüstenritts entsprechen. "Aber für den sportlichen Wettkampf kann das auch sehr gefährlich sein, weil Leute an dem Rennen teilnehmen, die der Herausforderung nicht gewachsen sind", sagt von Zitzewitz.

Vom Schreibtisch zurück auf den Fahrersitz

Apropos Herausforderung. Für Balázs ist die CER gleich eine im doppelten Sinne: außer einer organisatorischen auch eine fahrerische. Am 20. April tauscht er nämlich seinen Schreibtisch wieder gegen den Fahrersitz. Am Steuer seines Opel Antara RR will er seinen "Heimvorteil" nutzen und am Ende unter die ersten Zehn kommen. Bei dem Gedanken entspannt sich sein Gesicht. Balázs weiß: Wenn er beim Startschuss auf dem Heldenplatz in Budapest den Zündschlüssel umdreht, werden die Strapazen der zurückliegenden Wochen schlagartig vergessen sein.

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