Elektroautos werden wie Sand am Meer vorgestellt. Die einen ähneln ihren Vorbildern mit Verbrennungsmotoren, die anderen wollen eine Mischung aus Ferrari und Tesla sein. Das Start-up Canoo hat nun ein Fahrzeug gebaut, dass konsequent umsetzt, wie ein E-Auto aussehen würde, wenn das Design die Technik ernst nimmt. Und sich bereits jetzt auf Formen besinnt, die das autonome Fahren prägen werden.
Skateboard-Plattform
Die technische Basis des Canoo ist eine Skateboard-Plattform. Die gesamte Technik steckt in einem flachen Deck im Boden des Fahrzeugs, an ihr befinden sich vier Räder. Der Aufbau kann so komplett frei gestaltet werden, er muss kaum Rücksichten auf die Technik nehmen, die das Fahrzeug antreiben. Canoo hat sich für das erste Modell für eine Art von Mikrobus entschieden, der eine Art von rollender Lounge beherbergt. Hinter Fahrer und Beifahrer gibt es nicht weitere Sitzreihen, sondern eine halbkreisförmige Bank, die den hinteren Teil umfasst. Das Ganze wirkt wie ein kleines Studio. Der Innenraum ist so groß wie in einem Full-Size-SUV, dabei ist der Wagen kaum größer als ein Modell der Kompaktklasse. "Dies ist das erste Projekt, an dem ich gearbeitet habe, wo ich denke, dass die Leute es wirklich brauchen", sagte der Designer Richard Kim zu "The Verge". Kim entwickelte das Design für das Elektrofahrzeug i3 von BMW und den Hybrid-Superwagen i8.
Kein Glanz angestrebt
Die ersten Prototypen des Canoo zeigen schon die Seriennähe, es sind jedenfalls keine funkelnden Show-Fahrzeuge, die nur für Ausstellungen gedacht sind. Das Interieur soll in der Realität nüchtern und sachlich wirken. Das Canoo bricht auch hier mit den Traditionen der Autohersteller. Das Fahrzeug soll keinen Besitzerstolz wecken, sondern perfekt eine Funktion erfüllen. "Autos sind immer so konzipiert, dass sie ein bestimmtes Bild und eine bestimmte Emotion vermitteln. Wir haben uns jedoch dafür entschieden, das Fahrzeugdesign komplett zu überdenken und uns darauf zu konzentrieren, was zukünftige Nutzer tatsächlich brauchen. So haben wir uns dieses vom Loft inspirierte Fahrzeug ausgedacht", so Kim.
Komplexes Steuermodell
Dazu gibt es eine weitere Besonderheit: Das Fahrzeug wird nicht verkauft, es wird mit einem Abonnement vertrieben. Alle Kosten sind dann in einer Rate enthalten. Die entscheidende Frage wie hoch diese Rate sein wird, wurde noch nicht beantwortet. "Wenn Sie ein Abonnement abschließen, denken Sie anders über ein Auto – dann wird der Wert durch den Nutzernutzen definiert. Wir haben die Bauhaus-Philosophie, die sich um Minimalismus und Funktionalität dreht, umgesetzt und mit der Reduktion auf das absolute Minimum begonnen."
Das Abomodell soll zudem Steuervorteile bieten. Da die Firma die Wagen behält und auch nicht an eine Art Leasinggeber herausgibt, kann der Wert des Fahrzeugs komplett abgeschrieben werden. Der Canoo soll 400 Kilometer Reichweite besitzen, der Motor an der Hinterachse leistet bis zu 300 PS. Mit etwa 2000 Kilogramm ist der Bus erwartungsgemäß kein Leichtgewicht. Technik und Konstruktion wurden in nur 19 Monaten abgeschlossen. 2021 sollen die ersten Autos auf die Straße kommen, so der CEO Ulrich Kranz. Canoo baut dafür keine eigene Produktion auf, sondern wird die Fahrzeuge bei einem Zulieferer aus Michigan bauen lassen.
Canoo will nicht nur weitere eigene Fahrzeuge für die "Skateboard"-Plattform entwerfen. Die Plattform kann auch von Dritten genutzt werden, um eigene Kabine darauf zu stellen.
Die Fahrzeuge von Canoo werden nicht flächendeckend angeboten. Um schnell die Gewinnschwelle zu erreichen, werden sie nur in Großstädten mit Elektroaffinität in den Markt kommen. In den USA sind mehr als zwei Drittel aller E-Autos in nur acht bis zehn Städte zugelassen. Hier will auch Canoo aktiv werden. Nach diesen Städten in den USA soll der Sprung nach China gewagt werden. Alt-Europa steht derzeit nicht auf dem Fahrplan.
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