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Völlig offen statt abhörsicher "Das ist verrückt": Trumps Impeachment-Prozess verrät Sicherheits-Katastrophe

Donald Trump am Telefon im Oval Office
Statt über eine sichere Leitung soll Donald Trump direkt auf dem Mobiltelefon seines Botschafters angerufen haben
© Nicholas Kamm/AFP
Eine Aussage im Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump sorgt bei Experten für Entsetzen. Sie sind sicher: Der Präsident und seine Diplomaten wurden von Russland belauscht. Schuld ist Trumps laxer Umgang mit hochsensiblen Daten.

Die letzte Woche war alles andere als erfreulich für Donald Trump. Im US-Kongress wurde mit den ersten Zeugenbefragungen zu seiner Ukraine-Affäre nun vor den Augen der Öffentlichkeit das Amtsenthebungsverfahren gegen ihn begonnen. Die Aussage des Diplomaten William Taylor hätte auch alleine das Potenzial zum Skandal. Sie zeigt, wie wenig Trump die Sicherheitsprotokolle des Amtes wert sind - und wie er so gegnerische Spionage zum Kinderspiel macht.

Ein Mitarbeiter habe mithören können, wie Donald Trump gegenüber seinem EU-Botschafter George Sondland die Wichtigkeit der Ermittlungen gegen seinen demokratischen Konkurrenten Joe Biden betont hätte, sagte Taylor im Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses aus. Während die politischen Implikationen Trump schon in äußerst schlechtem Licht dastehen ließen, waren es vor allem die Details zum Telefonat, die bei Sicherheits-Experten alle Alarmglocken läuten ließen.

Völlig offen statt abhörsicher: "Das ist verrückt": Trumps Impeachment-Prozess verrät Sicherheits-Katastrophe

So unsicher, wie es nur geht

Sondland hatte das Gespräch nicht über eine sichere Leitung in der Botschaft, sondern auf seinem privaten Handy in einem Café geführt. "Aus Sicherheits-Perspektive ist das Wahnsinn", erklärte Larry Pfeiffer der "Washington Post". "In einem Land, das so sehr von russischen Geheimdiensten durchdrungen ist, ist es fast sicher, dass die Russen dem Gespräch zuhörten." Pfeiffer muss es wissen: Er leitete früher den "Situation Room", das Sicherheits-Zentrum des Weißen Hauses. Zudem war er persönlicher Assistent des CIA-Direktors.

 Auch andere Experten sind entsetzt. "Dass der Präsident und ein Diplomat über eine ungesicherte Leitung miteinander sprechen ist verrückt", erklärte der FBI-Beamte Todd Caroll "CNN". "Mir wurde schon als ich 2010 dort war gesagt, dass ich damit rechnen müsste, dass alle Gespräche mitgehört werden."

"Ich kann mich an keine Situation erinnern, in der ein Diplomat in einem so von Gegenspionage geprägten Umfeld wie in Kiew ein ungesichertes Gespräch mit einem amtierenden Präsidenten geführt hat. Das sollte nie vorkommen", erklärte Marc Polymeropoulos gegenüber "CNN". Er leitete bis zur Verrentung im Sommer die CIA-Operationen in Europa und Russland. "Wenn das stimmt, verstößt der Anruf gegen sämtliche Antispionage-Maßnahmen, auf die Sicherheitsbeamte - und auch politische Vertreter wie Diplomaten - immer wieder hingewiesen werden."

Mobilfunk als Abhör-Risiko

Normalerweise würden solche Gespräche über eine sichere Leitung in der Botschaft geführt, erklärte ein ehemaliger Beamter "CNN". Von allen Kommunikationsformen ist das Handy die am leichtesten angreifbare, weit mehr als ungesicherte Festnetzleitungen - die wiederum um ein Vielfaches unsicherer sind als gesicherte Verbindungen. "Es gibt jede Menge Risiken", erklärt NSA-Mitarbeiter Jake Williams "Ars Technica". "Selbst wenn das Land selbst seinen Mobilfunk nicht überwacht, tun andere es sicher.

"Wenn man so ein Gespräch in der Ukraine über ein ungesichertes Handy führt, hat Putin ein Transkript", ist sich auch der ehemalige US-Botschafter in Russland, Michael McFaul, gegenüber "MSNBC" sicher. Dass es sich um ein verschlüsseltes Smartphone handelt, darf man nicht als gesetzt sehen: Diese sind laut "CNN" bei Diplomaten nicht üblich. Da Sondland das Gespräch in einem Café führte und Taylors Mitarbeiter sogar Trump selbst sprechen hören konnte, könnten Spione aber auch mit ganz klassischen Abhörmethoden wie einem Mikrofon zugehört haben.

McFaul kann Sondlands Entscheidung deshalb nicht nachvollziehen. "Sondland hätte in der Botschaft sofort eine gesicherte Leitung haben können", gibt er sich verblüfft. "So ein Gespräch vor anderen Leuten zu führen, ist enorm schlampig. Er ist da offenbar völlig überfordert."

Es ist nicht das erste Mal, dass Trump und sein Team sich über sämtliche Sicherheitsprotokolle hinwegsetzen. Kurz nach dem Amtsantritt weigerte sich Trump, sein uraltes Samsung Galaxy S3 gegen ein sicheres Gerät zu tauschen. Routiniert gibt der Präsident seine eigene Handynummer heraus, führt über sein Gerät regelmäßig auch sensible Gespräche. Ein wichtiges Gespräch mit dem japanischen Staatsoberhaupt Shinzō Abe zur koreanischen Abrüstung führte Trump einfach im Restaurant seines Hotels Mar-a-Lago. Andere Gäste filmten die beiden dabei. Das Gespräch mit Sondland will er aber nicht geführt haben. In einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem türkischen Präsidenten Erdogan leugnete er, das Gespräch so geführt zu haben. "Davon habe ich noch nie gehört. Das ist alles aus zweiter Hand."

Quellen: Washington Post, CNN, MSNBC, Ars Technica, Axios

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