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Apple Watch im Test Was taugt Apples erste Uhr?

Die Apple Watch ist das meisterwartete Gadget des Jahres. Doch was kann die Uhr? Wir haben sie drei Wochen lang getestet - und viel Tolles, aber auch einige Schwachstellen entdeckt.
Von Christoph Fröhlich

Die Apple Watch ist das erste völlig neue Produkt von Apple seit fünf Jahren. Dementsprechend hoch sind die Erwartungen: Kann Apple nach dem MP3-Player (iPod), Smartphone (iPhone) und Tablet (iPad) noch einmal einen ganzen Markt umkrempeln - den der Smartwatches?

Bislang waren die schlauen Armbanduhren nicht mehr als Spielzeug für Nerds. Apple schickt sich nun an, mit seiner eigenen Uhr die Gerätekategorie der sogenannten Wearables - also tragbare Technik - in den Mainstream zu hieven. Die Vorzeichen dafür stehen nicht schlecht: Selten hat ein Produkt über Monate so viel Aufmerksamkeit bekommen wie die Apple Watch.

Wir haben die Apple Watch drei Wochen lang intensiv getestet und alle Funktionen der Uhr ausprobiert. Unsere Erfahrungen schildern wir in diesem ausführlichen Test.

Material & Design: Schick, schick

Beim iPhone ist die Auswahl überschaubar: Das Handy gibt es in drei Farben (Silber, Gold und Space-Gray) und in drei Speichergrößen (16, 64 und 128 Gigabyte). Das war's. Wer sich dagegen eine Apple Watch kaufen will, muss sich ungleich mehr Gedanken machen.

  • 38 oder 42 mm? Das 38-Millimeter-Modell ist günstiger, hat aber einen kleineren Bildschirm und einen kleineren Akku.
  • Sport, Apple Watch oder Edition? Die Sport-Modelle (ab 399 Euro) bestehen aus Aluminium, das Display aus Ion-X-Glas. Die Apple Watch (ab 649 Euro) ist aus Edelstahl gefertigt, das Display wird vom kratzfesteren Saphirglas geschützt. Die sündhaft teure Edition (ab 11.000 Euro) setzt auf Gold.
  • Farbe der Uhr? Die Sport und die normale Apple Watch gibt es in Silber und Space-Gray, die Edition in Gelb- und Roségold.
  • Welches Armband? Die definitiv schwerste Entscheidung: Welches Armband soll es sein? Prinzipiell kann man jede Uhr mit jedem Band kombinieren - theoretisch kann die 11.000-Euro-Uhr aus Gold mit einem 59-Euro-Sportarmband verbunden werden. Beachten Sie: Schwarze Uhren sind in der Auswahl eingeschränkt. Das Sport-Modell in Space-Gray kommt mit einem schwarzen Kunststoff-Band, die schwarze Apple Watch mit einem Stahlgliederarmband in Schwarz.
  • Farbe des Bandes? Und nochmal das Armband: Welche Farbe soll es haben? Wieder gilt: Schwarze Uhren kommen nur mit schwarzen Armbändern, und einige Bänder gibt es nur in einer Farbe - das Milanaise etwa nur in Silber. Bei den Leder- oder Kunststoff-Modellen gibt es dagegen mehr Auswahl.

Technisch gibt es keine Unterschiede zwischen den einzelnen Modellen: Die günstige Apple Watch Sport (ab 399 Euro) hat die gleichen Sensoren wie die goldene Premium-Variante für 18.000 Euro. Die Entscheidung für ein bestimmtes Modell sollte also vor allem aus modischen oder finanziellen Gesichtspunkten getroffen werden.

Die Uhr selbst ist weniger klobig, als man es von den Bildern erwarten würde. Das eckige Design ist Geschmackssache, wir finden es sehr stimmig. Eine runde Version gibt es leider (noch) nicht.

An der Verarbeitung der Watch gibt es nichts zu meckern: Unsere Edelstahl-Version fühlt sich edel an, das Deckglas des Displays geht ohne spürbare Kante in das Metallgehäuse über. Viele Android-Smartwatches wirken deutlich billiger. Vollständig wasserdicht ist die Watch leider nicht, zum Schwimmen und Tauchen sollte man sie besser ablegen. Regen und Schweiß hält sie aber aus, auch beim Duschen kann sie getragen werden.

Armbänder: Teures Vergnügen

Mit der Apple Watch positioniert sich Apple mehr denn je als Fashion-Marke. Damit die Uhr nicht nur als schnödes Gadget wahrgenommen wird, sondern auch ernsthaft in der Liga der Edel-Schmuckstücke mitspielt, hat sich Apple viel Mühe bei den Armbändern gegeben.

Dank eines cleveren Systems kann man die Armbänder der Apple Watch im Handumdrehen und ohne Werkzeug wechseln. Am oberen und unteren Ende der Watch gibt es eine Art Führungsschiene, in die das Armband eingeschoben wird. Um es zu lösen, muss man an der Unterseite einfach mit dem Fingernagel eine kleine Kerbe eindrücken, anschließend kann man das Armband ohne Probleme herausziehen. So tauscht man vor dem Sport das schwere Stahlglieder-Armband gegen das deutlich robustere Kunststoff-Band aus.

Qualitativ gibt es an den Armbändern nichts zu meckern. Die Verarbeitung ist hervorragend - für den Preis kann man das aber auch erwarten. Besonders raffiniert ist das Stahl-Gliederarmband gestaltet. Die Glieder können einzeln entnommen werden, sodass das Band um jeden Arm passt. Das spart den Gang zum Uhrmacher.

Doch so schick die Armbänder auch sind - die Preise stoßen sauer auf: Das bunte Sportarmband ist mit 59 Euro noch vergleichsweise günstig. Teurer wird's beim feingewebten Milanaise-Armband, das mit 169 Euro zu Buche schlägt. In einer ähnlichen Liga spielen die Lederarmbänder: Das Loop-Lederarmband und das klassische Armband kosten 169 Euro, das moderne Leder-Armband mit zweiteiligem Magnetverschluss ist 100 Euro teurer. Für das Edelstahl-Gliederarmband werden satte 499 Euro fällig. Das Armband ist zwar schick, der Preis dennoch unverschämt. Zum Vergleich: Für so viel Geld bekommt man eine 42mm-Version der Apple Watch Sport - inklusive Armband!

Langfristig wird es wohl dank Adaptern und Armbändern von Drittherstellern aber mehr und vor allem günstigere Alternativen geben.

Display: Und jetzt einmal feste drücken

Die Apple Watch hat einen berührungsempfindlichen Amoled-Bildschirm mit Retina-Auflösung. Das 38mm-Modell hat eine Auflösung von 272x340 Pixeln, das größere 42mm-Modell löst mit 312x390 Pixeln auf. Der Bildschirm ist scharf und die Farben sind kräftig, selbst aus schrägen Blickwinkeln ist alles gut erkennbar. Auch im direkten Sonnenlicht kann man die Uhr noch gut ablesen.

Eine Besonderheit des Bildschirms ist die Force-Touch-Technologie. Sie sorgt dafür, dass der Screen zwischen leichtem Tippen und starkem Drücken unterscheiden kann und je nach Kontext eine andere Aktion ausführt - sozusagen eine Art Rechtsklick. Force Touch wird etwa benutzt, um das Watchface (Uhrzeitanzeige) anzupassen oder in der Nachrichten-App eine neue Mitteilung zu erstellen. Als Bestätigung, dass ein Force Touch ausgeführt wurde, klopft die Uhr zusätzlich noch leicht ans Handgelenk.

Force Touch ist das cleverste Feature der Apple Watch, denn es ist eine natürliche Bewegung und ermöglicht auf dem winzigen Bildschirm viele innovative Bedienkonzepte. Vermutlich werden auch die nächsten iPhones und iPads die Technik unterstützen.

Allerdings ist nicht erkennbar, wann auf der Apple Watch ein Force Touch zur Verfügung steht. Manche Apps bieten die Funktion, andere nicht - man muss also jedes Mal erst fest drücken und schauen, ob etwas passiert. Das ist leider wenig intuitiv.

Bedienung: Die Krone der Schöpfung?

Neben dem Display bietet die Apple Watch zwei weitere Bedienfunktionen: die Krone und einen Button.

Krone


Neben dem Display befindet sich die Digitale Krone. Sie ist die zentrale Eingabetaste und fühlt sich toll an. Es macht einfach Spaß, mit ihr durch Listen zu scrollen oder in Karten zu zoomen. Die Krone hat genau den richtigen Druckwiderstand und ist wie der Home-Button beim iPhone der wichtigste Anker für Neueinsteiger. Hat man sich in einem Menü verloren, muss man die Krone nur oft genug drücken - irgendwann landet man immer in der Uhrenanzeige.

Doch im direkten Vergleich zeigt sich, dass die Krone viel komplizierter ist als der Home-Button des iPhones. Der hat genau einen Zweck: Den Nutzer zum Home-Bildschirm bringen. Ist er da bereits, bleibt ein weiterer Druck ohne Folgen. Zwar hat Apple den Home-Button im Laufe der Jahre um viele Funktionen ergänzt (Doppelklick für Multitasking, gedrückt halten für Siri), die Grundfunktion hat sich jedoch nie geändert.

Bei der Krone ist das anders: Sie öffnet je nach Kontext ein anderes Menü. Drückt man die Krone im Watchface, kommt man zur App-Übersicht. Hat man die Mitteilungszentrale oder die Checks (eine Art Schnellauswahl der wichtigsten Funktionen) geöffnet, kommt man wieder zur Uhrenanzeige. Drückt man die Krone zweimal schnell hintereinander, wechselt man zur zuletzt geöffneten App. Hält man sie gedrückt, startet man den Sprachassistenten Siri.

Wenn man die Uhr ein paar Tage nutzt, geht die Bedienung in Fleisch und Blut über - doch unerfahrene Nutzer müssen sich zunächst einige Handgriffe merken oder die Tutorial-Videos auf der Apple-Webseite anschauen. Die von Apple gewohnte selbsterklärende Nutzung bietet die Apple Watch nicht.

Die Seitentaste
Unter der Krone befindet sich ein weiterer Button, der nur einen einzigen Zweck hat: Er öffnet eine Schnellauswahl mit den zwölf wichtigsten Kontakten. Mit der Krone kann man schnell zwischen den Personen hin- und herwechseln, ein Druck auf die große Blase in der Mitte öffnet den Kontakt. Von dort aus verschickt man Nachrichten und leicht gruselig wirkende Smileys oder startet einen Anruf.

Hat der Gesprächspartner ebenfalls eine Apple Watch, stehen noch weitere Möglichkeiten zur Auswahl: Man kann beispielsweise Zeichnungen verschicken, indem man mit dem Finger auf das Display kritzelt.

Außerdem ist es möglich, seine Herzfrequenz aufzuzeichnen und diese zu verschicken - beim Gesprächspartner rüttelt die Uhr dann im Takt des eigenen Herzens am Handgelenk. Braucht man das? Maximal verliebte Pärchen.

Siri
Neben den haptischen Tasten zur Steuerung gibt es noch den Sprachassistenten Siri. Den startet man entweder indem man die Krone für kurze Zeit gedrückt hält oder indem man das Handgelenk zum Mund führt und laut "Hey Siri" sagt. Die Sprachsteuerung funktioniert weitgehend zuverlässig, auch auf Deutsch. Diktieren und das Erstellen von Terminen ist kein Problem. Bei komplizierten Wörtern streicht Siri aber die Segel. Die Star-Trek-Technik, die man sich einst erhofft hatte, ist Siri noch lange nicht.

Apple Watch App: Welches Menü war das nochmal?

Auf jedem iPhone mit iOS 8.2 oder neuer ist die Apple Watch App vorinstalliert. Sie ist nötig, um die Uhr einzurichten (funktioniert ab iPhone 5 und neuer). Das ist kinderleicht: Nach dem ersten Start muss man nur die iPhone-Kamera auf das Display der Apple Watch ausrichten, auf der eine Art Galaxie wabert. Wenige Sekunden später sind beide Geräte miteinander gekoppelt. Ein nerviges Verbinden via Bluetooth oder Zahlencodes ist nicht nötig. Allerdings dauert die Ersteinrichtung eine Weile.

In der App selbst stellt man so gut wie alles ein, was die Uhr betrifft: Man kann die Software aktualisieren (die aktuelle Version ist Watch OS 1.0.1), das App-Layout verändern und die Mitteilungen konfigurieren. Bei der Ersteinrichtung wirkt die Anwendung daher etwas unübersichtlich.

Ganz so leicht zu durchschauen ist Apples Konzept ohnehin nicht: Manche Einstellungen müssen zwingend in den Apps auf dem iPhone vorgenommen werden, andere im Unter-Menü der Apple Watch. Und als wäre das noch nicht genug, werden manche Einstellungen - etwa Eilmeldungen von Nachrichten-Apps wie dem stern - direkt aus den Grundeinstellungen des iPhones gezogen. Hier verliert man schnell die Übersicht, wann man wo welchen Haken setzen muss. Apple, bitte nachbessern: Das sollte einfacher gehen.

Mitteilungen: Es klopft am Handgelenk

Mitteilungen funktionieren auf der Apple Watch so wie bei den meisten Smartwatches: Es rüttelt am Handgelenk, man schaut auf die Uhr und bekommt Informationen zu sehen. Apples großer Trick ist die sogenannte "Taptic Engine". Dahinter verbirgt sich ein Aktuator, also ein kleiner Vibrationsmotor, der mit Klopfen und Pulsieren subtile Hinweise gibt. Das heißt konkret: Bekommt man eine SMS, klopft es anders am Handgelenk als bei einem Anruf.

Daran muss man sich erst gewöhnen und auch nach drei Wochen kann ich sie nicht klar voneinander unterscheiden. Unverständlich ist für mich, warum man die Klopfzeichen nicht individuell in der App festlegen kann. Die Vibrationen und Signaltöne sind selbstverständlich abschaltbar.

Generell sollte man genau justieren, welche Mitteilungen man am Handgelenk haben will und welche nicht. Wichtige Nachrichten wie SMS und Eilmeldungen sind sehr praktisch. Jede Interaktion auf Twitter und Instagram gepusht zu bekommen, wird dagegen schnell nervig. Lässt man aber zu wenige Benachrichtigungen durch, fühlt sich die Apple Watch schnell überflüssig an, weil man dann doch häufiger das Handy aus der Tasche zieht. Nach einigen Tagen hat man aber das Level gefunden, mit dem man sich gut fühlt.

Clever: Nutzt man aktiv sein iPhone und erhält eine Nachricht, poppt die Meldung nur auf dem Handy auf - die Uhr dagegen bleibt stumm.

Leider ist man bislang noch zu sehr auf Apples App-Universum angewiesen. Auf iMessages kann man auf der Apple Watch prima antworten, Konkurrenten wie Whatsapp gibt es noch nicht.

Vorinstallierte Funktionen: Zeig mir den Weg, Watch!

Neben den Grundfunktionen - Uhrzeit, Nachrichten, E-Mail - hat Apple seiner Smartwatch noch ein paar Extras spendiert. So kann man mit einer App beispielsweise einen Apple TV oder den iTunes-Player auf dem Mac fernsteuern. Ebenfalls praktisch ist Passbook: In der App werden Flugtickets, AirBnB-Buchungen oder etwa die digitale Starbucks-Kundenkarte gespeichert. Darin öffnet man einfach den QR-Code der jeweiligen App und hält die Uhr an den Scanner des Terminals - anschließend ist man eingecheckt oder hat Bonuspunkte gesammelt. Sehr bequem und praktisch.

Besonders gut gefallen hat die Navigations-App: Fragt man Siri nach den Weg von A nach B, wird auf dem Display eine Mini-Karte mit Route angezeigt. Wischt man zur Seite, erscheinen detailliertere Richtungshinweise. Gesprochene Anweisungen gibt es leider nicht, dafür klopft einem die Uhr ans Handgelenk, wenn man nach links oder rechts abbiegen muss. In unseren Tests in Berlin und Hamburg klappte die Fußgängernavigation meist zuverlässig, sofern Apple Maps die richtige Route berechnete.

Hier liegt der Knackpunkt, denn manchmal hätte mich der Kartendienst einmal um den Block geschickt statt einfach den kürzesten Direktweg vorzuschlagen. An die Qualität von Google Maps kommt der Apple-Kartendienst nicht heran, leider gibt es die entsprechende App noch nicht für die Watch. Zum Start der Navigation sollte man die Route also lieber nochmal auf dem iPhone anschauen. Dafür muss man allerdings das Handy wieder aus der Tasche kramen - und das soll die Uhr ja eigentlich überflüssig machen. Vermutlich wird Apple hier noch nachbessern, erst kürzlich kaufte das Unternehmen einen neuen Kartendienst.

Ein Kern-Feature der Apple Watch wird in Deutschland derzeit noch nicht unterstützt: Apple Pay. Damit ist es möglich, bargeldlos zu bezahlen. Den Dienst gibt es derzeit nur in den USA, ob und wann er hierzulande startet, ist nicht bekannt.

Telefonieren: Knight-Rider-Feeling

"Sie können mit Ihrer Uhr Anrufe empfangen! So etwas wollte ich machen, seit ich fünf Jahre alt war! Endlich ist es so weit", frohlockte Tim Cook bei der letzten Apple-Keynote. Und ich dachte mir: Wer will denn ernsthaft mit seiner Uhr telefonieren? Was soll der Quatsch? Doch ob man es glaubt oder nicht: Es macht tatsächlich Spaß, wie Knight Rider mit der Uhr zu sprechen.

Ist das iPhone gerade in der Tasche, wenn es klingelt - beispielsweise am Lenkrad des Autos -, wird der Anruf automatisch auf die Uhr weitergeleitet. Für die kompakten Maße klingen die Lautsprecher nicht schlecht. Der Gesprächspartner ist deutlich zu verstehen, wenn auch etwas blechern. Und auch das eingebaute Mikrofon leistet einen guten Job, wenn ich meinem Gesprächspartner glauben kann. Der konnte nicht unterscheiden, ob ich gerade ins Telefon rede oder in die Uhr.

Das Ganze funktioniert natürlich nur in leisen Räumen. In der vollen U-Bahn ist so ein Uhrentelefonat nämlich nicht nur peinlich, sondern auch kaum zu verstehen.

Externe Apps: Ohne iPhone geht nichts

Ein schwieriges Thema sind Apps von Drittanbietern: Mit mehr als 3000 verfügbaren Apps kurz nach Marktstart hat Apple eine echte Duftmarke hinterlassen. Die Konkurrenz kam bislang nur auf wenige Hundert. Doch Masse allein genügt nicht: Viele Apps wirken noch halbgar, beispielsweise Twitter. Alle paar Tweets muss man die Timeline nachladen, das nervt auf Dauer. Ein echter Ersatz zur Smartphone-App ist die Apple-Watch-Anwendung (noch) nicht.

Zudem stören die teilweise endlos langen Ladezeiten: Weil die Uhr selbst keine Internetverbindung hat, müssen sämtliche Daten über das iPhone bezogen werden - und das kann dauern. Im Test kam es vor, dass man bei MyTaxi erst einmal 15 Sekunden warten musste, bis sich ein Taxi rufen ließ. In der Zeit hätte ich das iPhone dreimal aus der Tasche gekramt. Auch beim simplen Abrufen von Nachrichten kommt es gelegentlich zu Hängern. Das ist frustrierend - was soll man mit einer Uhr, die einen warten lässt?

Apple hat das Thema offenbar erkannt, beim jüngsten Update wurden bereits einige Funktionen für Entwickler verbessert. Damit die Apps aber schneller starten, braucht man native Apps für die Apple Watch - denn derzeit sind sie praktisch nur Verlängerungen der iPhone-App. Womöglich wird Apple hier zur Entwicklerkonferenz WWDC am 8. Juni nachlegen. Das ist bitter nötig, denn erst die Apps werden die Apple Watch von anderen Smartwatches wirklich abheben.

Doch es gibt auch gelungene Apps. Der Musikerkennungsdienst Shazam ist am Handgelenk beispielsweise praktischer als auf dem Handy. Sitzt man in einem Café und will wissen, welcher Song aus den Boxen dudelt, genügen zwei Klicks - kurz darauf steht der Song auf der Uhr. Ebenfalls praktisch ist Onefootball: In der iPhone-App muss man zunächst seinen Lieblingsverein angeben, die Apple Watch hält einen dann über jedes Tor auf dem Laufenden.

Ärgerlich: Ohne Handy ist die Uhr weitgehend wertlos. Wenn das iPhone zu weit weg liegt, bekommt man nur eine Fehlermeldung zu sehen. Das dürfte sich erst mit einer zukünftigen Generation von Apple Watches ändern, die völlig autark mit dem Internet verbunden ist und eine eigene SIM-Karte hat. Nachrüstbar ist die aktuelle Generation nicht - mit diesem Umstand muss man also leben.

Fitness: Und jetzt Aufstehen!

Die Apple Watch ist nicht nur ein digitaler Zeitanzeiger, sondern auch ein mächtiger Fitness-Tracker. Besitzer der Uhr sollen sich mehr bewegen, predigte Apple-Chef Tim Cook mehrfach auf den vergangenen Events. Dafür hat Apple einen Trainings-Coach eingebaut, der den Watch-Besitzer einmal pro Stunde zum Aufstehen auffordert. Das ist gut gemeint und aus gesundheitlichen Gründen nachvollziehbar. Doch manchmal nervt die Cyber-Gouvernante. Immerhin: Nach der jeweiligen Ermahnung hält sich die Uhr angenehm zurück.

Für Sportler gibt es zwei wichtige Apps auf der Apple Watch: Da wäre zum einen die Aktivitäts-App, in der drei Kreise die Bewegungsdaten des aktuellen Tages zusammenfassen. Wie lange hat man sich bewegt, wie viele Kalorien wurden verbraucht, hat man nur herumgelungert oder ist man auch oft genug aufgestanden? Mehr Details gibt es in der gleichnamigen iPhone-App. Die Anwendung hat uns sehr gut gefallen, sie zeigt die wesentlichen Informationen übersichtlich auf einen Blick.

Die zweite Fitness-Anwendung ist die Workout-App. Hier kann man verschiedene Disziplinen auswählen, etwa Crosstrainer, Rudergerät, Outdoorwalken, Stepper oder Radeln. Bei jeder Sportart kann man festlegen, ob man eine bestimmte Kalorienzahl verbrennen, eine Zeit erreichen oder einfach ohne Ziel trainieren will. Startet man die App, wird die eigene Herzfrequenz permanent gemessen.

Die Workout-App ist ein guter erster Schritt, doch hier gibt es noch einiges zu tun: Man kann nicht einmal die gelaufene Jogging-Route nachvollziehen, ganz zu schweigen von detaillierten Analysen für einzelne Rennabschnitte. Das ist schade, immerhin ermittelt die Apple Watch recht zuverlässig die Geschwindigkeit oder Distanzen. Hier sollten Profis eher zu Apps wie Runtastic und Co. greifen - dann muss man aber auf die Watch-Herzfrequenzdaten verzichten. Auch eine soziale Komponente gibt es nicht, man kann sich nicht mit seinen Freunden vergleichen und gegenseitig anstacheln.

Herzfrequenzmesser: Tschüss, Brustgurt

Auf der Unterseite der Uhr befinden sich vier Dioden, die mithilfe von grünem Licht den Blutfluss im Handgelenk und damit die Herzfrequenz messen. Die Technik nennt sich Photoplethysmographie und basiert auf dem Prinzip der Lichtreflexion. Dabei absorbiert das Hämoglobin, das unserem Blut eine rote Farbe verleiht, das grüne Licht. Lichtempfindliche Fotodioden messen dann, wie viel Blut zu einem bestimmten Zeitpunkt durch die Adern fließt.

Die Messmethode ist ziemlich genau: Vergleiche mit einer speziellen Sportuhr, die alle drei Sekunden die Herzfrequenz misst, zeigen, dass die Apple Watch praktisch in einer Liga mit sonstigem Sport-Equipment spielt. Der unbequeme Brustgurt ist für Hobbyathleten nun überflüssig.

Ein Wermutstropfen: Bei tätowierten Armen arbeitet der Sensor nicht zuverlässig. Vor allem Tattoos mit dunklen Farben wie Schwarz oder Rot scheinen den Sensor der Apple Watch zu verwirren. Bei hellen Farben wie Gelb oder Orange treten dagegen weniger Probleme auf. Hier sollte Apple bei der nächsten Generation nachbessern.

Akku: Könnte ein wenig länger halten

Nach der Vorstellung der Apple Watch wurde keine Diskussion so hitzig geführt wie die um die Akkulaufzeit. Kein Wunder, immerhin soll das Gerät den ganzen Tag am Handgelenk des Nutzers und nicht ständig an der Steckdose hängen. Doch die meisten Ängste lassen sich ausräumen: Im Test fiel die Akkulaufzeit deutlich besser aus als erwartet. Selbst bei intensiver Nutzung - darunter ein 70-minütiger Workout, bei dem permanent der Herzfrequenzmesser lief - rutschte die Apple Watch innerhalb eines Tages nie unter die 15-Prozent-Marke. In dem dreiwöchigen Testzeitraum schaffte ich es jeden Abend mit Restladung zur Steckdose.

An die musste die Apple Watch trotzdem täglich. Selbst für kurze Wochenendtrips sollte man also ein zusätzliches Ladekabel mitschleppen. Da ein vollständiges Aufladen etwa zwei bis drei Stunden dauert, empfiehlt sich die Ladung über Nacht. Damit kann man leben - immerhin hat man sich auch daran gewöhnt, das Smartphone jede Nacht aufzuladen. Zudem halten die meisten anderen Smartwatches nicht viel länger durch. Komfortabel ist es trotzdem nicht. Für zukünftige Generationen der Apple Watch sollte es eine deutlich längere Akkulaufzeit sein - am besten drei Tage Minimum.

Das Aufladen der Apple Watch gestaltet sich anders als bei den restlichen Apple-Geräten: Statt eines einsteckbaren Lightning-Steckers gibt es ein magnetisches Dock, das ein wenig an ein futuristisches Stethoskop erinnert und an der Unterseite der Apple Watch befestigt wird. Das mitgelieferte Kabel ist praktischerweise ganze zwei Meter lang.

Wenig überraschend: Durch die permanente Bluetooth-Verbindung zum iPhone wird auch der Akku des Smartphones belastet. Mehr als ein paar Prozentpunkte sind das aber nicht. Und wer aus Bequemlichkeitsgründen sein Bluetooth sowieso nie deaktiviert, wird keinen Unterschied bemerken. Meiner Erfahrung nach bleibt der Akkuverbrauch ohnehin ein Nullsummenspiel: Zwar erhöht die Apple Watch den Akkuverbrauch beim iPhone, dafür ziehe ich das Handy deutlich seltener aus der Tasche als vorher - wodurch sich der Verbrauch wiederum reduziert.

Fazit: Ist das 400 Euro wert?

Mit der Apple Watch zeigt Apple ein bisschen Zukunft. Die Uhr ist schick, mit den unterschiedlichen Armbändern taugt das Gerät auch als Fashion-Statement.

Das Bedienkonzept mit der Krone und dem Force-Touch-Screen bietet viele spannende Innovationen, leider fehlt der letzte Schliff. Vor allem Einsteiger werden von der Vielfalt erschlagen: Wann muss man nochmal fest drücken, wohin bringt mich die Krone jetzt? Zwar durchschaut man nach einiger Zeit die Steuerung - so intuitiv und selbsterklärend wie ältere Apple-Geräte ist die Uhr dennoch nicht. Hier sollten die Entwickler in Cupertino noch einmal entschlacken.

Ein schwieriges Thema sind die Apps: Die meisten Apple-eigenen Anwendungen leisten bereits gute Arbeit, auch wenn wir uns vor allem bei den Sport-Anwendungen noch mehr Features wünschen. Anders sieht es bei den Apps von Drittanbietern aus: Hier muss man immer wieder länger warten, als nötig. Für ein Gerät, das für eine kurze Nutzung entwickelt wurde, sind die Ladezeiten definitiv zu lang. Apple muss den Entwicklern dringend die Möglichkeit geben, native Apps zu entwickeln.

Am praktischsten ist die Uhr bei Mitteilungen. Es macht einfach Spaß, Nachrichten, Eilmeldungen oder Fußball-Ergebnisse auf der Watch zu lesen - und man hat nie das Gefühl, etwas Wichtiges zu verpassen. Auch das Telefonieren klappt besser als gedacht. In solchen Momenten fühlt sich die Apple Watch großartig an.

Für iPhone-Nutzer ist die Apple Watch eine nette Ergänzung. So kann man am Handgelenk etwa deutlich schneller zum nächsten Song wechseln als auf dem iPhone. Ein wirkliches Killer-Feature sucht man vergebens. Sieht man einmal von den Fitness-Funktionen ab, kann die Apple Watch aber nichts besser, als es das iPhone könnte.

Ist das 400 Euro wert? Eine klare Kaufempfehlung können wir nicht geben. Dafür stören einige Kinderkrankheiten der Apple Watch zu sehr, vor allem die Akkulaufzeit und die Geschwindigkeit der Apps. Möglicherweise sieht zweiteres in ein paar Monaten anders aus. Wer die Uhr nur ausprobieren will, sollte deshalb zum 400-Euro-Modell (Sports) greifen. Das bietet den vollen Funktionsumfang, mit einem teureren Armband kann man die Uhr dann später noch aufpeppen. Unentschlossene Käufer sollten bis zur nächsten Generation warten. Das erste iPhone beherrschte ja auch nur einen Bruchteil der heutigen Funktionen.

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