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M. Beisenherz: Sorry, ich bin privat hier Prost von Beisi: Lieber Reinhard Grindel

Reinhard Grindel ist als DFB-Präsident zurückgetreten
Reinhard Grindel ist als DFB-Präsident zurückgetreten
© Boris Roessler / DPA
Reinhard Grindel ist zurückgetreten. Klar, der DFB hatte immer schon ein paar spezielle Vögel als Präsidenten, aber selten hat sich einer so dösig angestellt. Es ist weniger das unversteuerte Hamstern einer Luxusuhr, das ihn den Job gekostet hat. Dafür alles andere.
Von Micky Beisenherz
Stell dir vor, es ist Sommerzeit - und die Uhr stellt dich um.

Lieber Reinhard Grindel,

zunächst ein Kompliment: Das mit dem Rückzug haben Sie flott durchgezogen. Zumindest im Vergleich zu Horst Seehofer. Oder dem Brexit. So richtig schade findet es wohl keiner. Lagen Ihre Popularitätswerte doch irgendwo zwischen Fahrverboten und der kompletten FDP. Was wenig verwunderlich ist für einen, der vom Sternzeichen Funktionär ist. Solche liebt der Fußball wie Helene Fischer in der Halbzeitpause.

Selten allerdings hat sich einer so dösig angestellt. Wobei es unfair wäre, nur zu meckern. In Ihre Amtszeit fielen auch schöne Dinge: Der Sommer 2018 war herrlich. Und das mit Meghan und Harry ja irgendwie auch.

Micky Beisenherz: Sorry, ich bin privat hier

Mein Name ist Micky Beisenherz. In Castrop-Rauxel bin ich Weltstar. Woanders muss ich alles selbst bezahlen. Ich bin ein multimedialer (Ein-)gemischtwarenladen. Autor (Extra3, Dschungelcamp), Moderator (ZDF, NDR, ProSieben, ntv), Podcast-Host ("Apokalypse und Filterkaffee"), Gelegenheitskarikaturist. Es gibt Dinge, die mir auffallen. Mich teilweise sogar aufregen. Und da ständig die Impulskontrolle klemmt, müssen sie wohl raus. Mein religiöses Symbol ist das Fadenkreuz. Die Rasierklinge ist mein Dancefloor. Und soeben juckt es wieder in den Füßen.

Ansonsten sind Sie ein heißer Anwärter für den Titel des SchlePaz - Schlechtester Präsident aller Zeiten. Wobei das nicht stimmt. Es gibt schlechtere. Maduro. Mugabe. Trump. Nein, halt. Trump hat weniger Probleme mit Rassismus. Irgendwie.

Aber der Reihe nach: Gestern sind Sie zurückgetreten. Wegen einer Uhr für 6000 Euro. Ist das nicht auch schon mangelnde Ambition?

Da sagt der gemeine Fan natürlich: "Wo sind wir da hingekommen, wenn Funktionäre jetzt schon für Geschenke im nicht mal fünfstelligen Bereich zurücktreten. Das ist nicht mehr mein Fußball!"

Dummerweise sieht einer das ganz ähnlich. Also, Sie: "Ich bin tief erschüttert, dass ich wegen eines solchen Vorgangs meine Funktion als DFB-Präsident aufgeben muss."

Das ist natürlich ein schöner Kniff von Ihnen, jetzt so eine Lappalie wie einen Nobelwecker zum Grund für den Rücktritt zu verklären.

Manche bemessen die eigene Größe an der Kleinigkeit des Rücktrittgrundes. A Bobbycar named desire.

Nun, wenn es Sie beruhigt, Herr Grindel: Es ist weniger das unversteuerte Hamstern einer Luxusuhr, im Volksmund Morbus Rummenigge genannt, das Sie jetzt den Job kosten soll. (Geschenkt von einem "dubiosen ukrainischen Oligarchen". Obacht. Tautologie!)

Reinhard Grindel duckte sich weg, wenn's unangenehm wurde

Dafür alles andere. Die rund 80.000 Euro, die Sie heimlich in einem DFB-Aufsichtsrat kassiert haben. Das unwürdige Unter-den-Bus-werfen von Özil nach der sensationell miesen Kack-WM 2018. Das absolut blutleere Androiden-Gehabe als Polyester-Bot im Dienste des DFB, das nur durch einen einzigen emotionalen Moment gebrochen wurde: Als Sie im Interview mit der Deutschen Welle den Bosbach gegeben und sich davon gemacht haben, als Ihnen die Fragen nach der fischigen Fifa Global Nations League ein bisschen zu unangenehm wurden.

"Herr Grindel… Herr Grindel… Herr Grindel…

...die Ente bleibt draußen." Wir erinnern uns.

Sie können heute noch dem Herrgott danken, dass "TV Total" schon vor Ihnen in den Ruhestand gegangen ist. Für mich persönlich waren Sie bereits untragbar, als Sie sich zu der ernüchternden Aussage hinreißen ließen, Sie kämen "nie auf die Idee, zur Halbzeit in der VIP-Lounge Alkohol zu konsumieren". Schon da erhärtete sich der Verdacht: Wer sich im Stadion nicht betrinkt, der hat den Fußball nie geliebt.

Klar, der DFB hatte immer schon ein paar spezielle Vögel als Präsidenten - und jeder stand für irgendwas: Egidius Braun, der nette Oppa, der gerade eben noch Paul Breitner als Nationaltrainer abwenden konnte - nur, um Erich Ribbeck zu holen. Theo Zwanziger, der lustige Pelikan, der den halben DFB-Vorstand gewhistleblowt und den Frauenfußball gepusht hat (Anm.d. Autors: Das ist etwas Gutes.) Wolle Niersbach, dieser arme Kerl, den auf der Schmiergeld-Stammel-Konferenz diese Blitz-Demenz erwischt hatte.

Lustig, dass ausgerechnet SIE diesen Laden aufräumen sollten. Naja. Is egal. Wie haben Sie noch gesagt? "Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich nicht geldgierig bin."

Dem DFB zu unseriös, aber gut genug für die Fifa

Das stimmt. Wenn man sich meistens im Kreise der Fifa und Uefa aufhält, könnte das sogar stimmen. Und dort bleiben Sie ja auch erst einmal. Für 500.000 Euro im Jahr. Eigentlich geil, oder: Jemand, der selbst dem DFB zu unseriös ist, ist noch lange gut genug für die Fifa. Mein Vertrauen in den Fußball ist ungebrochen.

Danke, Sie Omega Mann, Sie RoLex Barker, Sie Breitling unter den schmalschultrigen Anpfiffsklaven auf dem Zenith Ihres Schaffens, Sie Tudor des Monats, ja, Du eisenharter Uhrensohn.

P.S.: Und das war wirklich eine Uhr für nur 6000 Euro? Von einem Oligarchen? Der Mann muss Sie ja förmlich verachtet haben! Selbst der Poolboy muss aufpassen, von seinem 25.000 Euro-Klunker am Arm nicht direkt ins Becken gezogen zu werden. Gott, ist das traurig.

Sehen Sie im Video: "Wasser predigen und Wein saufen" – alte Bundestagsrede fällt Grindel auf die Füße 

Reinhard Grindel

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