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Lederhosen und Populismus Andreas Gabalier: "Ich muss nicht jedem Zucker in den Hintern blasen"

Andreas Gabalier
Andreas Gabalier sagt selbst, er habe sich zu oft gerechtfertigt
© Chris Heidrich
Zum zehnjährigen Jubiläum hat Andreas Gabalier ein Best-of-Album veröffentlicht. Im Gespräch mit dem stern rekapituliert der selbsternannte Volks-Rock'n'Roller seine Karriere – und gibt sich nachdenklich.

Seit zehn Jahren schon steht Andreas Gabalier auf den Bühnen Europas. Der stern traf den Musiker kurz bevor er und seine langjährige Partnerin, Moderatorin Silvia Schneider, ihre Trennung bekannt gegeben haben. Private Fragen waren untersagt. Stattdessen sprach Gabalier offen über seine Karriere, über die vielen Skandale und erzählte, wieso er den Umgang damit teilweise bereut. 

Herr Gabalier, gerade erst hat die "New York Times" Sie in einem Artikel vorgestellt. Die Überschrift war: "Rocking out in Lederhosen with a Hint of Populism" – ist das eine ganz gute Zusammenfassung Ihrer bisherigen Karriere?

"Rocking out in Lederhosen" natürlich auf jeden Fall. Es ist ein riesen Highlight, dass da drüben berichtet wird. Der Redakteur sagte, sie hätten das schon länger auf dem Schirm gehabt. Natürlich auch diese politischen Aufreger oder medialen Nachreden, die leider Gottes immer wieder mitschwingen. Und es sind natürlich auch Leute gefragt worden für das Interview, die mir nicht ganz so wohl gesinnt sind. Journalisten, die sich schon lange mit mir beschäftigen und etwas Böses suchen und sehen wollen; die Lieder zerpflücken, einzelne Textzeilen und Wörter und dann den Teufel an die Wand malen.

Andreas Gabalier
Andreas Gabaliers Best-of-Album zum zehnjährigen Jubiläum ist ab jetzt im Handel erhältlich

Der "Hauch Populismus" schwingt ja aber schon mit.

Ich habe lange überlegt, wie ich damit umgehe. Und je mehr ich reagiert habe, desto größer ist das eigentlich geworden. Deshalb hätte ich es in den letzten Jahren einfach bewusst liegenlassen sollen. Ich habe mich viel zu oft gerechtfertigt. Denn man kann medial einen großen Schaden anrichten, ohne das Gegenüber wirklich zu kennen. Ich habe diesen Medien nie Interviews gegeben. Mit so österreichischen Tageszeitungen wie dem "Standard" oder dem "Falter" habe ich nie gesprochen. Und da gibt es 40 bis 50 Artikel, die sich auf den kritischen Journalismus berufen. Ich muss nicht jedem Zucker in den Hintern blasen – allerdings wäre es von deren Seite professionell gewesen, irgendwann auch mal ein Interview zu führen. Oder nicht gleich den Teufel an die Wand zu malen – weil der Teufel einfach nicht da ist! Ich weiß, dass es einigen zu viel "alte Zeit" in den Liedern ist. Aber ganz bestimmt nicht mit einer negativen Absicht.

Sie fühlen sich also falsch dargestellt von den Medien?

Es sind wenige Artikel in Relation zu den neutralen Artikeln der Berichterstattung. Mir ist es deswegen eigentlich egal, weil diese Zeitungen einfach nichts Positives sehen wollen. An mir und an meiner Erfolgsgeschichte. Die Erfolge muss niemand höher jubeln als sie sind. Sie sind schon groß genug. Es wäre nur schön gewesen, wenn man mal darüber redet, bevor man irgendwelche Hakenkreuz-Geschichten aufschreibt.

Okay, kommen wir zur Hakenkreuzgeschichte. Die Medienberichterstattung ist ja eine Sache. Aber wenn jemand wie Lutz Bachmann (Pegida), diese Symbolik aufgreift und für seine populistischen Zwecke nutzt – was macht das mit Ihnen emotional?

Das habe ich immer scheiße gefunden und da habe ich mich immer klar von distanziert. Wir haben sämtlichen Parteien, die gelegentlich mal angefragt haben oder Dinge gepostet oder verwendet haben, gesagt, dass das zu unterlassen ist. Dass es nicht in unserem Sinne ist. Ich will damit prinzipiell nichts zu tun haben. Ich muss aber oft für ein Millionenpublikum in die Bresche springen, weil man die ja indirekt auch alle mit anpatzt. Das hat mir wehgetan. Da sind so viele kleine Kinder dabei, die sich aus Politik wirklich gar nichts machen. Die können mit dem ganzen Affentheater in unserem Land nichts anfangen.

Letztlich ist es ja aber auch ein Spiel, das sie ziemlich gut beherrschen. Zum einen der Typ in Lederhose, zum anderen der "Hauch von Populismus". Geht Gabalier gar nicht mehr ohne Provokation?

Ich wollte nie bewusst provozieren. Ich habe mich gerechtfertigt und bin für den großen Fankreis in die Bresche gesprungen. Ich sehe es insofern entspannt, weil ich weiß, dass der Name Gabalier für starke Auflagen sorgt. Was da los ist in den sozialen Netzwerken, wenn der Hashtag "Andreas Gabalier" dazu steht! Bei Blättern, die sonst gar keine Klicks kriegen. Es ist nur schade, weil ich, wie gesagt, mit dem Thema nichts zu tun haben will. Und wenn dir meine Musik nicht gefällt, dann hörst du sie halt nicht. Ich bin auch kein Hip-Hop-Fan, deshalb würde ich mich da auch nie so reinsteigern. Ich habe nie einen Redakteur gesehen, der sich darüber aufregt, dass in den Videos Frauen in Bikinis mit ihren Brüsten Autos waschen. Das könnte man in der heutigen Zeit auch kritischer sehen. Macht aber auch niemand.

Na ja, das machen schon viele.

Aber die wenigsten.

Auf Facebook haben Sie sich letztens mit einem Video gemeldet, indem Sie auf eine Begegnung mit einem homosexuellen Paar eingegangen sind. Die zwei Männer haben Ihnen ziemlich deutlich gesagt, dass ihr Freundeskreis Aussagen von Ihnen kritisch sieht und diese nicht in Ordnung finden.

Es war mir ein Anliegen, da Stellung zu beziehen. Es ging um meine Aussage bei einer Amadeus-Musikverleihung. Da habe ich gesagt, dass man es in der Musik nicht ganz so leicht hat, wenn man "als Manderl auf Weiberl steht" – würde ich heute vielleicht auch anders formulieren. Was ich damit sagen wollte: Ich verkaufe CDs wie die erfolgreichsten 90er Jahre Stars. Mit "Hulapalu" waren wir Streamingmeister 2016 und 2017. Und wir werden Jahr für Jahr in unterschiedlichen Kategorien nominiert und kriegen eigentlich nie einen Preis. Und das habe ich damit sagen wollen. Aber es ist ein bisschen falsch rübergekommen.

Es wirkt ein bisschen so als wären Sie angefressen, beleidigt, als würden Sie sich falsch verstanden fühlen.

Ich finde es schade, dass Leistung und Erfolg nicht zählen. Nur weil man scheinbar nicht ganz mit dem künstlerischen und politischen Ideal schwimmt. Ich habe mich nie für die Politik stark gemacht, wie das 90 Prozent aller Künstler gerne machen. Und damit ist man automatisch auf der rechten Seite. Das hat mich immer gestört.

In den vergangenen zwei Jahren kam immer wieder die Frage auf, ob Künstler ihre Reichweite nutzen und sich politisch positionieren sollten. Ereignisse wie "Wir sind mehr" in Chemnitz haben das bestätigt. Wie stehen Sie dazu?

Ich habe mir immer gedacht, dass ich ein bisschen Entertainment schenke. Eine Auszeit auf den Konzerten, für Leute, die ohnehin tagein tagaus mit Politik konfrontiert sind. Deshalb habe ich es nie als meine Berufung gesehen, von der Bühne runter zu predigen und zu sagen, was die Leute zu wählen haben. Die Menschen haben die Schnauze voll. Besonders jetzt, wo in Österreich wieder Neuwahlen sind. Am Ende muss es jeder Künstler für sich selbst entscheiden. Wir verkaufen eine Auszeit und drei Stunden kleine, heile Welt. Aber wenn man sich nicht für links stark macht als Künstler, dann ist man automatisch rechts. Das habe ich immer sehr intolerant gefunden von jenen, die eigentlich Toleranz predigen.

Apropos Neuwahlen in Österreich. Wagen Sie eine Prognose?

Das Land steht Kopf. Nein, da kann ich gar nichts sagen. Jeden Tag wird neue Schmutzwäsche gewaschen. Ich finde das traurig, weil die Politiker auf höchster Ebene eigentlich eine Vorbildfunktion hätten und haben sollten. Sie sollten die ganze Situation mal deeskalieren und gemeinsam regieren. Es ist eine persönliche Zurschaustellung und Ego-Befriedigung. Die Leute wissen doch gar nicht mehr, was die einzelnen Parteien machen. Die Politiker haben einen Auftrag, das gemeinsam ins Reine zu bringen.

Die FPÖ ist ja bekanntlich Gabalier-Fan.

Viele Politiker haben öfter mal was auf Facebook geliked. Mir steht es nicht zu, zu bestimmen, wem meine Musik gefällt und nicht gefällt. Ich will nur nicht, dass es politisch verwendet wird. Das war's.

Jetzt ist ein Jubiläum natürlich ein guter Zeitpunkt, sich eine Strategie für die nächsten zehn Jahre zu überlegen. Um zu reflektieren, was man da anders machen könnte.

Ich würde nicht viel anders machen. Natürlich reift man heran und überlegt sich, wie man gewisse Dinge besser formuliert. Aber letztlich muss man das, was man macht, glaubwürdig machen. Und authentisch vertreten. Deshalb kommen die Leute in die Stadien. Ich komme vom Land. Und ich habe das ganze Thema "Heimat" einfach sehr positiv erlebt. Das ist in den Städten in Deutschland natürlich nicht mehr so gern gehört oder gesehen. Aber die Leute sehnen sich nach einer Idylle, nach einer Heimat, die es so vielleicht gar nicht mehr gibt. Das, was ich bei meinen Großeltern auf dem Bauernhof erlebt habe, verpacke ich musikalisch, schmücke es aus, teilweise auch verkitscht. Das soll eigentlich eine Träumerei schaffen und niemanden belasten. Das war nie das Ziel.

Sie sprechen die Heimat an. Ihre neue Single "Pump It Up" ist ein Duett mit Arnold Schwarzenegger. Sie beide sind aus der Steiermark. Aber das ist nicht die einzige Verbindung, oder?

Ich kenne den Arnold schon zehn, zwölf Jahre. Es ist eine liebe Bekanntschaft, die mich geprägt hat. Deshalb wollte ich ihm mit einem Augenzwinkern ein Lied über sein Lebenswerk schenken. Es ist beeindruckend, wie er immer wieder über so viele Jahre Erfolge feiern konnte. Es kann Gegenwind geben – und der darf einem auch ruhig zu denken geben – aber man muss trotzdem weitermachen. Ich bin die ersten Jahre nur belächelt worden. Als "Lederhosen-Jodler", dann ist auf einmal der große Erfolg gekommen. Die Kritiker, die eigentlich Toleranz predigen, treten alles mit Händen und Füßen, was ihrer Anschauung nicht gefällt. Das ist ein kleiner Beigeschmack des Erfolges, aber die Summe dieser großen Welle ist immer sehr schön gewesen.

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