Afghanistan 30.000 neue Soldaten sollen Krieg beenden

Präsident Barack Obama will die US-Mission in Afghanistan erfolgreich beenden. Gelingen soll dies mit 30.000 zusätzlichen Soldaten, die die erstarkten Taliban in die Schranken weisen sollen. Die Verbündeten sollen dabei helfen.

Mehr Truppen und ein Zeitplan für den Abzug: Das ist der Kern der neuen Afghanistan-Strategie von US- Präsident Barack Obama. Um den Kampf gegen die radikalislamischen Taliban zu gewinnen, schickt Washington etwa 30.000 zusätzliche Soldaten nach Kabul. Auch die Verbündeten sollen sich stärker engagieren. Zudem soll der Druck auf die afghanische Regierung verstärkt werden, endlich eine eigene schlagkräftige Truppe aufzubauen.

Nach monatelangen Beratungen hat Obama Verteidigungsminister Robert Gates und hohe Militärs bereits angewiesen, die neue Strategie umzusetzen, wie der Nachrichtensender CNN am Montag berichtete. Zugleich informierte er mehrere europäische Staatschefs.

Verbündete sollen mehr Soldaten schicken

Der britische Premierminister Gordon Brown kündigte an, dass London 500 weitere Soldaten an den Hindukusch schickt. Damit erhöhe sich die Zahl der Briten - inklusive Sondereinheiten - auf mehr als 10.000, sagte Brown vor dem Unterhaus in London. Die Soldaten sollten im Dezember zur Verfügung stehen, acht NATO-Staaten hätten bereits Zusagen über mehr Soldaten gemacht. Welche Staaten dies sind, sagte er aber nicht.

Von Frankreich verlangen die USA nach Informationen der Zeitung "Le Monde" die Entsendung von 1500 zusätzlichen Soldaten. Derzeit sind 3400 Franzosen im Afghanistan-Einsatz. Die Frage eines stärkeren Engagements der Alliierten betrifft auch Deutschland. Berlin hat derzeit 4500 Soldaten am Hindukusch stationiert. Eine Entscheidung über eine Aufstockung liegt bisher nicht vor. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg will die internationale Afghanistan-Konferenz Ende Januar abwarten.

Obama informierte laut CNN unter anderem den russischen Präsidenten Dmitri Medwedew, den französischen Staatschef Nicolas Sarkozy und Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi. Der australische Ministerpräsident Kevin Rudd war zu Gesprächen in Washington. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel erwartete den Anruf Obamas, hieß es in Berlin. Die US-Regierung habe die deutsche Seite aber schon am Freitag über die Details ihrer Pläne informiert.

Doppelstrategie: Erst eskalieren, dann abziehen

Nach Ansicht der USA drängt die Zeit: Angesichts der immer stärker werdenden Taliban sollen die ersten zusätzlichen Soldaten schon in den nächsten Wochen nach Afghanistan kommen. Die Stationierung aller 30.000 Soldaten dauere aber bis Ende nächsten Jahres, berichten US-Medien. Derzeit sind 68.000 US-Soldaten vor Ort, insgesamt etwa 100,000 Soldaten der Verbündeten.

Obamas strategischer Neuansatz ist aus zwei Gründen notwendig: Zum einen konnten sich Taliban-Kämpfer neu organisieren. Zum anderen sinkt nach acht Jahren Krieg die Zustimmung der Amerikaner. Ein Grund dafür ist, dass immer mehr Soldaten in Afghanistan sterben. Nach offiziellen Angaben sind bereits über 920 Amerikaner dort gefallen.

Daher setzt Obama auf eine "Doppelstrategie", die eine Eskalation des Krieges vorsieht, zugleich aber auch einen Ausweg und ein Ende für die US-Truppen aufzeigt. Obama wolle in seiner Rede vor allem auch klarmachen, "wie er den Kampf an die Regierung in Kabul zu übertragen gedenkt", schreibt die "New York Times" unter Berufung auf Regierungsvertreter. Obama knüpfe daher seinen Zeitplan für den Rückzug der Kampftruppen nicht an bestimmte Bedingungen wie etwa an Fortschritte im Kampf gegen die Taliban. Wie der Zeitplan genau aussehen könnte, blieb zunächst ungewiss.

Kritische Stimmen aus dem eigenen Lager

Obama hat mit seiner Entscheidung lange gezögert. Wochenlang hatte er mit hohen Militärs sowie mit Außenministerin Hillary Clinton und engsten Vertrauten in seinem "Kriegsrat" beraten. Der Oberbefehlshaber in Afghanistan, General Stanley McChrystal, hatte bereits vor Monaten öffentlich 40.000 Soldaten verlangt. Sonst seien die Taliban nicht zu besiegen.

Nach der neuen Strategie haben die US-Truppen dreierlei Aufgaben: Al-Kaida-Terroristen ausschalten, die Taliban bekämpfen sowie die afghanische Armee ausbilden, damit sie später den Kampf übernehmen kann. Zugleich will Washington Präsident Hamid Karsai dazu bewegen, Korruption zu bekämpfen und wirtschaftliche Entwicklung zu fördern.

Bereits vor der offiziellen Verkündung der neuen Strategie Obamas dringen allerdings kritische Stimmen aus dem eigenen Lager. Nancy Pelosi, die Sprecherin im Repräsentantenhaus, warnt vor "ernsthafter Unruhe" unter Demokraten im Parlament. Wenn es im Parlament um die Finanzierung der Truppen geht, könnte es Streit geben.

DPA
Peer Meinert/DPA