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Belarussischer Diktator Anbiederung ohne Ende: Wie Kreml-Propagandisten Lukaschenko retten wollen und sich dabei blamieren

Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko
Der belarussische Machthaber Lukaschenko greift auf die Dienste russische Propagandisten zurück 
© Maxim Guchek / DPA
Seit es bei dem Staatsfernsehen in Belarus zu Massenkündigungen gekommen ist, halten Kreml-treue Medien die Propagandamaschinerie für Alexander Lukaschenko am Laufen. Nun lieferte der russische Staatssender Rossija 1 ein Paradebeispiel für diesen Kurs. 

Am vergangenen Sonntag versammelten sich in Minsk und anderen belarussischen Städten erneut tausende Menschen. Sie forderten den Rücktritt des Diktators Alexander Lukaschenko. Seit der umstrittenen Präsidentenwahl am 9. August, bei der sich Lukaschenko nach 26 Jahren im Amt wieder zum Sieger erklären ließ, gibt es Massenproteste und Streiks gegen ihn. Doch der letzte Diktator Europas trüge nicht diesen Titel, wenn er seine Macht zu leicht aufgeben würde. Mit allen Mitteln kämpft in den vergangenen Monaten er um sein politisches Überleben – nicht zuletzt mit tatkräftiger Unterstützung russischer Propagandisten.

Seit es beim russischen Staatsfernsehen im Zuge der Proteste zu Massenkündigungen kam, übernehmen zunehmend Kreml-getreue Medienvertreter die dringend benötigte Propaganda-Arbeit. Die Moderatorin des russischen Staatsfernsehsenders Rossija 1 Naila Asker-zade lieferte nun ein Paradebeispiel diese Arbeit ab. Für ihre Sendung "Aktuelle Gesichter" traf sie Lukaschenko in Minsk. Er chauffierte sie in seinem Mercedes, nahm sie zu einem Eishockey-Spiel mit, fütterte sie mit Pfannkuchen und stellte sie seinem Sohn vor.

Eine Stunde lang führt Naila Asker-zade die Zuschauer durch die ganz eigene Welt des Lukaschenko – sie stets mit einer Mischung aus Unterwürfigkeit und Bewunderung in den Augen, er mit einem gönnerhaften Du auf den Lippen. In gewohnter Manier wird Lukaschenko wie der Vater der Nation, der Tag und Nacht schuftet, in Szene gesetzt. "Wie ein Sklave auf den Galeeren", so drückte es einst Wladimir Putin aus. "Der Präsident ist wie ein Eichhörnchen im Rad, es ist unmöglich anzuhalten. Und du rennst, bis du zusammenbrichst", so Lukaschenko. "Meine Arbeitstage haben keinen Anfang und kein Ende. In kritischen Perioden arbeite ich tagelang", klagt er. Als die "Protestler", wie Lukaschenko die Demonstranten zugleich abfällig und verharmlosend bezeichnet, durch die Straßen gezogen seien, habe es keine freien Tage für ihn gegeben.

Wie ein Kind zu Besuch bei Santa Claus 

Ehrfurchtsvoll erbittet sich die Moderatorin die Erlaubnis, Platz im Präsidentensessel Lukaschenkos nehmen zu können – fast wie ein kleines Mädchen, das bei Santa Claus mal auf den Schoss will. "Telefonieren Sie hier auch mit Putin?", fragt sie noch ehrfurchtvoller. "Du kannst ihn ja mal gleich anrufen", erwidert Lukaschenko und zeigt ihr, wie man ein Telefon bedient. "Nicht so schüchtern. Nur zu."

Im Gegenzug kassiert Lukaschenko von Asker-zade Komplimente, Wimperngeklimper und noch mehr bewundernde Blicke. Auf ihrer Instagram-Seite setzt die 33-Jährige die Lobhudelei auf Lukaschenko fort. 14 Posts setzte sie bislang anlässlich ihres Besuchs bei Lukaschenko ab. Der Sohn des Machthabers hat ihr dabei offenbar besonders angetan. "Nikolai ist wirklich ein sehr netter junger Mann. Als zivilisierte Menschen bemühen wir uns momentan sehr, Schönheitsnormen abzulegen, aber aus irgendeinem Grund freuen wir uns immer noch, wenn wir eine schöne Person sehen. [...] Ich verstehe junge Mädchen, die verrückt nach Nikolai sind", schwärmt sie, als ob sie selbst 15 Jahre alt ist. 

Zusammen mit Lukaschenko dem Älteren wird auch gleich der Jüngere hochstilisiert. Nikolai sei der "Oppositionelle" in der Familie, der immer seine Meinung sagt und seinem Vater auch Paroli bietet, so das Bild, das Asker-zade in ihrer Sendung zu zeichnen versucht. Das Bild, das aber die Zuschauer gleichzeitig zu sehen bekommen, führt ihre Bemühungen ab absurdum: Ihr gegenüber sitzt ein 16-Jähriger, der wie ein braver Schüler die Hände vor sich auf dem Tisch aufeinanderlegt und aus halbgeöffneten Augen sein Gegenüber kaum anschaut.

"Ein Propaganda-Gräuel"

Während die Moderatorin aber um die Gunst von Lukaschenko heischt, biedert sich dieser Wladimir Putin und der russischen Bevölkerung an. Der Kreml-Chef sei sein einziger Freund. "In diesem Jahr hat er bewiesen, dass er nicht nur mein Freund, sondern auch der Freund des belarussischen Volkes ist", erklärt Lukaschenko. "Für das belarussische Volk, also für mich, ist das Volk Russlands ist eine sehr nahestehende, brüderliche Nation. Das sind unsere Brüder." 

Doch weder die Schmeicheleien noch das Handwerk der Kreml-Propagandisten entfalten offenbar die gewünschte Wirkung. Am ersten Tag der Veröffentlichung der Sendung in voller Länge auf Youtube überwog die Zahl der "Dislikes" die Zahl der Likes um fast das Dreifache. Die Kommentarfunktion hat der Sender Rossija 1 ausgeschaltet – eine gängige Praxis der russischen Staatsmedien, wenn sich zu viele kritische Kommentare unter den Beiträgen sammeln. 

Unter dem "Trailer" zu der Sendung sind die Kommentare jedoch noch sichtbar und sie fallen eindeutig aus: "Ein Propaganda-Gräuel", "Abscheuliche 65 Sekunden", "Das ist eine Schande, kein Journalismus!", so kommentieren die Nutzer das Propagandawerk von Naila Asker-zade. 

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