Während Wladimir Putin vor seiner Haustür eines der größten Manöver seit dem Ende des Kalten Krieges abhält, inszeniert sich der Machthaber von Belarus Alexander Lukaschenko als Diener seines Volkes. Im Interview mit einem der phrenetischsten Propagandisten des Kremls, Wladimir Solowjow, gibt er den Landesvater. Noch ist das Gespräch nicht in Gänze veröffentlicht worden. Doch einzelne Ausschnitte werden bereits von regimetreuen Bloggern im Netz verbreitet.
Doch das, was offenbar als Perlen verkauft werden sollte, entlarvt tatsächlich den Diktator hinter der aufgesetzten Maske. So erkundigt sich Solowjow: "Wie viele Jahre wird Lukaschenko noch der Führer von Belarus sein? Haben Sie die Antwort auf diese Frage sich selbst schon gegeben?" Der Propagandist nennt Lukaschenko nicht Präsident, nicht Staatschef – er nennt ihn Führer. Und es ist in der Vorstellung Solowjows Lukaschenko selbst, der über seinen Verbleib an der Macht entscheidet, nicht das belarussiche Volk.
Und Lukaschenko gibt ihm Recht: "Wenn um Belarus herum eine schwierige Situation herrschen wird, wie etwa ein Krieg, und wenn wir im Inneren zerrissen werden, wie 2020, dann wird er es immer sein", antwortet er und spricht von sich selbst in der dritten Person. "Aber wenn alles ruhig bleibt, und ein Anwärter auftaucht, dann werden wir entscheiden." Offen bleibt, ob Lukaschenko hier das Pluralis Majestatis rausgerutscht ist.
Alexander Lukaschenko in seiner Paraderolle
Schließlich schlüpft der Diktator in seine Paraderolle, die des sich aufopfernden Landesvaters. "Glauben Sie mir, ich bin nicht Präsident, weil ich so gerne Präsident sein will", fährt Lukaschenko mit einem Schmunzeln im Gesicht fort. "Gott bewahre dich davor, in eine solche Situation zu kommen", sagt er in einem vertraulichen Ton an Solowjow. "Wenn du abhängig von vielen Rahmenbedingungen bist, dann bist du einfach gebunden." Sei es durch dein Land, "das du mit eigenen Händen mit jemandem erschaffen hast" oder deine Kinder.
"Das ist also keine Arbeit, das ist ein Dienst", ergänzt der langgediente TV-Moderator willfährig. Das gefällt Lukaschenko. "Das hast du ganz richtig gesagt", gibt er zurück.
Dem Diktator zu Diensten
Als das Gespräch auf die landesweiten Massenproteste im Sommer 2020 kommt, rollt der Propagandist den rhetorischen roten Teppich aus. "Als sie mit einem Maschinengewehr rausgekommen sind, wurde klar, dass Sie eher bereit sind, zu sterben als zu gehen", sagt er ganz pathetisch, während Lukaschenko eine stoische Miene aufsetzt. Dass auch diese Worte den Charakter des diktatorischen Regimes offenbaren, entgeht auch dieses Mal den beiden. Das verwunderlichste an dem kuriosen Auftritt ist für Solowjow aber nicht die Kalaschnikow in Lukaschenkos Händen, sondern das Fehlen eine Helms.
Auf die restlichen Perlen aus diesem Meisterwerk der Propaganda dürfen wir gespannt bleiben. Die bereits veröffentlichten Ausschnitte können Sie zum Beispiel auch bei den unabhängigen TV-Sender Dozhd sehen.
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