Arabische Revolution Der Funke springt auch in Syrien über

Syrien gilt als eines der am strengsten kontrollierten Länder im Nahen Osten, die Opposition wird von der herrschenden Ba'ath-Partei klein gehalten. Doch seit Anfang letzter Woche gehen die Menschen in Damaskus, Aleppo und Dara auf die Straße und fordern mehr Freiheit.

Eigentlich galt Syrien nicht unbedingt als anfällig für den Samen der arabischen Revolution, der von Tunesiern und Ägyptern gesät wurde. Denn mit eiserner Hand wird jede Opposition im Land durch das Regime von Präsident Baschar al-Assad unterdrückt. Doch seit Anfang letzte Woche drängt es auch immer mehr Syrer auf die Straße. Täglich gibt es jetzt Berichte über Demonstrationen. Nicht nur in der Hauptstadt Damaskus, auch in Aleppo und Dara fordern die Menschen mehr Freiheit.

Zwar versuchen die staatlich kontrollierten Medien, das Aufbegehren unterm Deckel zu halten. Doch wie schon zuvor in Tunesien und Ägypten finden auch in Syrien Videos und Berichte von den Demonstrationen über oppositionelle Internetseiten und soziale Netzwerke wie Facebook ihren Weg in die Öffentlichkeit. Und dass der Funke wie in Jemen, Bahrain oder Libyen auch hier überspringt, kann nicht mehr ausgeschlossen werden.

Syrien gilt als eines der am strengsten staatlich kontrollierten Länder im Nahen Osten. Seit vielen Jahren wird die Opposition von der alles beherrschenden Ba'ath-Partei klein gehalten. Wegen des seit 1963 geltenden Ausnahmezustands sind viele Verfassungs- und Bürgerrechte außer Kraft. Regimegegner und Menschenrechtsaktivisten werden von Polizei und Geheimdiensten verfolgt, eingesperrt und gefoltert.

Auch auf die jüngsten Proteste reagierte die Staatsgewalt mit Härte. Am Freitag kamen bei Zusammenstößen mit Sicherheitskräften in der Provinzhauptstadt Dara im Südwesten des Landes mindestens fünf Demonstranten ums Leben. Dutzende weitere wurden verletzt.

Bis zu 7000 Menschen gingen daraufhin auch in Damaskus, Homs, Aleppo, Deir al-Zor und anderen Städten auf die Straße und forderten in Sprechchören "Freiheit, Freiheit" oder riefen "Nein zur Korruption".

"Sie haben Sicherheitskräfte und Soldaten am Freitag in Dara mit Hubschraubern in der Nähe der Demonstranten abgesetzt, um ihre Macht zu zeigen", sagte ein Regimegegner, der aus Angst vor Verfolgung seinen Namen nicht nennen wollte, der Nachrichtenagentur dpa. Nach der Auflösung der Proteste hätten nach Augenzeugenberichten mindestens vier Tote auf der Straße gelegen. Die Demonstranten seien machtlos gegen den Einsatz des Militärs.

Am Samstag drohten die Stämme aus Dara, Polizeiwachen und Geheimdienstbüros niederzubrennen, sollte die Regierung die Truppen mit ihren Panzern nicht aus der Stadt abziehen und die Hubschrauber-Überflüge stoppen. Außerdem müssten alle festgenommenen Studenten freigelassen werden, hieß es in der auf einer Oppositions-Website veröffentlichten Erklärung der Stämme.

Bislang haben die Demonstranten vor allem mehr Freiheit gefordert. Der Ruf nach einer Entmachtung der seit vier Jahrzehnten herrschenden Familie Assad war nicht laut geworden. Doch nun droht auch Baschar al-Assad, der das Präsidentenamt 2000 von seinem verstorbenen Vater Hafiz übernommen hatte, der offene Aufstand.

Trotz der Unterdrückung lasse sich die Entwicklung auch in Syrien nicht zurückdrehen, meint ein Regimekritiker. Jetzt habe die Opposition auch hier ihre Stimme gefunden: "Facebook wurde genutzt und wird auch weiter die Massen mobilisieren." Wie zuletzt am Freitag, bei den Protesten am "Tag der Würde" in Dara.

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Weedah Hamzah, DPA