Ausland EU-Außenpolitik stößt in Irak-Krise an ihre Grenzen

Die Irak-Krise zeigt der Europäischen Union nach Einschätzung führender Diplomaten einmal mehr die Grenzen ihrer gemeinsamen Außenpolitik auf.

Wenn sich die Außenminister der 15 Staaten am Montag in Brüssel nur wenige Stunden vor der New Yorker Vorstellung des Berichts der UNO-Waffeninspektoren treffen, sei eine gemeinsame Position in den wesentlichen Streitfragen nicht zu erwarten, hieß es in den Delegationen wichtiger EU-Länder am Freitag in Brüssel. Falls es überhaupt eine gemeinsame Erklärung geben werde, dann werde diese wahrscheinlich kurz den kleinsten gemeinsamen Nenner der EU-Staaten ausdrücken: Unterstützung der Waffeninspektoren, das Ziel der Entwaffnung des Irak und die Unterstützung des UNO-Sicherheitsrates.

Griechenland will Schulterschluss der Union

Gleich vier EU-Staaten sind derzeit im UNO-Sicherheitsrat vertreten, dem Chef-Waffeninspektor Hans Blix in New York am Montag einen Zwischenbericht vorlegen will. Noch vor der Außenministersitzung will die griechische EU-Ratspräsidentschaft am Montagmorgen die ständigen Sicherheitsratsmitglieder Frankreich und Großbritannien, die hinzugewählten Mitglieder Deutschland und Spanien und mit dem außenpolitischen EU-Vertreter Javier Solana zusammen bringen, um eine Annäherung zu versuchen.

Botschafter ratlos

Doch erfahrene Diplomaten glauben nicht mehr ein geschlossenes Auftreten der EU-Staaten. Im Kreise der EU-Botschafter habe auf einer vorbereitenden Sitzung „ein Gefühl der Rat- und Hilflosigkeit“ geherrscht, berichtete ein Teilnehmer, der nicht genannt werden wollte. „Hier sind anscheinend die Grenzen der EU erreicht.“ Trotz eines großen Engagements Solanas spreche die EU nicht mit einer Stimme. „Keiner in Europa bringt es fertig, den USA zu sagen, was sie tun oder lassen sollen.“

Deutschland und Frankreich wollen den Waffeninspektoren mehr Zeit für weitere Kontrollen geben. Die Franzosen wollen auch die EU zur Verhinderung eines Irak-Krieges mobilisieren. Spanien habe sich noch nicht festgelegt und bewege sich irgendwo zwischen den Positionen Deutschlands und Frankreichs einerseits und Großbritanniens andererseits, sagten Brüsseler Diplomaten. Die Briten haben den USA Unterstützung bei einem Militärschlag zugesichert, notfalls auch ohne Zustimmung des Sicherheitsrates.

Kommt ein EU-Außenminister?

„Es gibt eine überwältigende Mehrheit in der EU für eine zweite (UNO-)Resolution“, hieß es in EU-Kreisen. Doch noch ist die EU in der Außenpolitik auf Einstimmigkeit angewiesen. Dies könnte sich in Zukunft zumindest einigen Bereichen jenseits von Krieg und Frieden ändern, wenn der EU-Reformkonvent den deutschen und französischen Vorschlägen folgt. Diese sehen mit Ausnahme von militärischen oder verteidigungspolitischen Fragen Mehrheitsabstimmungen vor.

Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hob Freitag die Bedeutung des vorgeschlagenen EU-Außenministers hervor. „Gerade die aktuellen Debatten zeigen, wie notwendig es ist, inhaltlich eine gemeinsame europäische Außenpolitik zu entwerfen und sie dann auch durch einen europäischen Außenminister vertreten zu lassen“, sagte er nach einem Treffen mit Konvents-Präsident Valery Giscard d’Estaing in Berlin. Die Diskussionen im Konvent haben gezeigt, dass der Posten des Außenministers wahrscheinlich im Verfassungsentwurf des Gremiums enthalten sein wird.

Doch der kritische Moment steht der EU-Außenpolitik wohl lange vor den Konventsvorschlägen im Sommer bevor. „Das Katastrophen-Szenario wäre, wenn die Briten den Amerikanern bei einer Intervention ohne UNO-Mandat und ohne anerkannte Beweise gegen Irak folgen“, sagte ein europäischer NATO-Diplomat.