In wenigen Wochen werden die neuen Abgeordneten ins US-Parlament einziehen, damit wird auch der parlamentarische Untersuchungsausschuss seine Arbeit einstellen. Als Abschlussakt tagt das Gremium zur Untersuchung des Kapitolsturms das letzte Mal öffentlich. Eineinhalb Jahre lang hatten die Parlamentarier ermittelt, was genau am 6. Januar 2021 geschehen ist. Sie haben mehr als tausend Zeugen befragt und mehr als eine Million Dokumente durchforstet. Jetzt also die Stunde der Wahrheit, in der sie beschließen werden, gegen wen sie strafrechtliche Ermittlungen empfehlen. Dabei geht es vor allem um einen Namen: Donald Trump.
Um was genau geht es bei dem Untersuchungsausschuss?
Der 6. Januar 2021 war ein schwarzer Tag für die US-Demokratie. Im Laufe des Tages hatten sich Tausende von Menschen in Washington versammelt, um gegen die Zertifizierung der Präsidentschaftswahl vom November zu demonstrierten. Es waren vor allem Anhänger des abgewählten US-Präsidenten, die auf dessen Geheiß in der Hauptstadt erschienen waren. Am Nachmittag begannen sie das US-Kapitol, Sitz des US-Parlaments, zu erstürmen. Sie drangen ins gesamte Gebäude ein, dabei wurden zahlreiche Menschen verletzt, fünf kamen ums Leben.
Der Untersuchungsausschuss will klären, wie genau es zu den Unruhen kam und ob es sich dabei womöglich um einen gezielten Umsturzversuch gehandelt hat.
Welche Vorwürfe erhebt das Gremium?
Darüber werden sich die Mitglieder im Laufe des Tages austauschen. Medienberichten zufolge stehen die Vorwürfe Aufstand, Behinderung eines offiziellen Vorgangs und der sehr weit gefasste Straftatbestand der Verschwörung zum Betrug an den USA im Raum. Ebenso wie die Aufforderung an das Justizministerium, strafrechtliche Ermittlungen gegen Donald Trump einzuleiten.
Was würden Ermittlungen gegen Donald Trump bedeuten?
Zunächst können die Parlamentarier nicht selbst gegen den Ex-Präsidenten ermitteln, sondern nur das zuständige Justizministerium bitten, mit den Untersuchungen zu beginnen. Diese Aufforderung wäre zwar ein Paukenschlag, wenn auch nur ein symbolischer. Denn die oberste Strafverfolgungsbehörde des Landes beschäftigt sich bereits mit dem 76-jährigen Ex-Präsidenten.
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Wie lautet der Verdacht gegen Trump?
Justizminister Merrick Garland ernannte kürzlich Staatsanwalt Jack Smith zum Sonderermittler gegen den Republikaner. Der geht der Frage nach, ob der Republikaner rechtswidrig die Machtübergabe nach der Präsidentschaftswahl durch den Kongress behinderte. Smith kümmert sich auch um die laufenden Untersuchungen zu den Geheimdokumenten, die Trump bei seinem Auszug aus dem Weißen Haus in sein Luxusanwesen Mar-a-Lago im Bundesstaat Florida mitgenommen hatte.
Welche Rolle genau soll Trump am 6. Januar gespielt haben?
Der abgewählte US-Präsident hatte nach seiner Niederlage gegen den Demokraten Joe Biden einen regelrechten Feldzug gestartet, um den Ausgang der Wahl zu kippen und sich im Weißen Haus zu halten. Der Amtsinhaber erhob durch nichts belegte Vorwürfe des Wahlbetrugs und erklärte, in Wirklichkeit gewonnen zu haben – obwohl ihm Mitarbeiter schon früh deutlich machten, dass an seinen Vorwürfen nichts dran ist, wie der Untersuchungsausschuss zeigte.
Als das alles scheiterte, versuchte er seinen Vizepräsidenten Mike Pence dazu zu bringen, die endgültige Zertifizierung von Bidens Wahlsieg durch den Kongress am 6. Januar 2021 zu blockieren. Doch der weigerte sich - und Trump schickte seine nach Washington gereisten Anhänger auf einen Marsch zum Kapitol und rief sie auf, "auf Teufel komm raus" zu kämpfen. Der folgende Sturm des Parlamentsgebäudes mit fünf Toten und 140 verletzten Polizisten sei "der Höhepunkt eines Putschversuchs" gewesen, so der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Bennie Thompson, im Sommer.
Welche Position haben die Mitglieder des Ausschusses bislang?
Das Gremium gehören sieben Abgeordnete der Demokraten und die Republikaner Liz Cheney und Adam Kinzinger an. In einer Reihe öffentlicher Anhörungen in diesem Jahr haben sie klar gemacht, dass sie den damaligen Präsidenten als Hauptverantwortlichen für den Sturm auf den US-Kongress ansehen. "Ich denke, dass es Beweise dafür gibt, dass Donald Trump im Zusammenhang mit seinen Bemühungen, die Wahl zu kippen, strafbare Handlungen begangen hat", sagte Ausschuss-Mitglied Adam Schiff jetzt im US-Fernsehen.
Welche juristischen Konsequenzen würden Trump drohen?
Bislang hat Jack Smith noch keine Anklage erhoben. Sollte es zu weiteren Untersuchungen kommen und Trump eines Tages wegen Aufruhrs verurteilt werden, dürfte er kein politisches Amt mehr ausüben. Das würde etwa seine Ambitionen zunichte machen, bei der nächste Wahl 2024 wieder anzutreten. Seine Kandidatur hat der Ex-Präsident bereits angekündigt. Bis das entsprechende Urteil endgültig gefällt wird, dürfte aber noch viel Zeit vergehen, möglicherweise bis über 2024 hinaus.
Wie geht es nun weiter?
Nach der letzten öffentlichen Sitzung wird der Ausschuss am Mittwoch seinen Abschlussbericht vorlegen. Möglicherweise werden darin auch Strafermittlungen gegen Trump-Vertraute empfohlen. Solche Empfehlungen an das Justizministerium haben erstmal keine unmittelbaren Auswirkungen, denn die Anklagebehörde entscheidet selbst, ob es Strafanzeige stellt und ihn und/oder seinen Vertrauten letztlich anklagt oder nicht. Sollte das Gremium aber juristische Schritte empfehlen, dürfte der Druck auf Sonderermittler Smith wachsen, in Richtung einer Anklage zu schreiten.