Kriminologe Integration sei schuld an Schwedens Bandengewalt, sagt der Regierungschef. Ein Experte widerspricht

Polizisten sichern in Schweden einen Tatort
Die Polizei in Schweden ist wegen der anhalten Bandengewalt stark gefordert. Die Regierung will gegensteuern – und macht die Migration für das Problem mitverantwortlich.
© Fredrik Sandberg / TT / Imago Images
Die seit Jahren anhaltende Bandengewalt in Schweden ist in den vergangenen Wochen erneut eskaliert. Der schwedische Ministerpräsident nannte "politische Naivität", eine unverantwortliche Einwanderungspolitik und gescheiterte Integration als Gründe. Das sagt ein Experte zu den Vorwürfen.

Schweden erlebt wieder eine Welle der Gewalt. Kriminelle Banden schießen aufeinander und verüben Sprengstoffanschläge. Allein in der vergangenen Woche sterben innerhalb von zwölf Stunden drei Menschen durch Bomben oder Kugeln. Und es hört nicht auf: In der Nacht zu Donnerstag wird südlich von Stockholm ein Mann durch Schüsse verletzt; nord-westlich der Hauptstadt gibt es eine Explosion an einem Wohnhaus. Laut der Zeitung "Aftonbladet" steht sie möglicherweise in Zusammenhang mit kriminellen Netzwerken. 

Bandengewalt ist in dem skandinavischen Land nichts Neues, seit Jahren bekriegen sich die Gangs. Immer wieder gibt es Tote. Mit Razzien, Verhaftungen und Sondereinsätzen versucht die Polizei, der Lage Herr zu werden. Doch alles ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Vergangene Woche wandte sich der Premierminister des Landes in einer Fernsehansprache an die Nation. Er wolle die Banden jagen und der Gewalt ein Ende setzen, sagte Ulf Kristersson. Dazu soll zum einen das Militär des Landes eingesetzt werden. Zum anderen soll die Migrationspolitik verschärft werden, ebenso Gesetze und Strafen.

Regierungschef macht Vorgänger für Bandengewalt mitverantwortlich

Dass man jetzt so hart durchgreifen müsse, so der liberal-konservative Regierungschef, liege an den Vorgängerregierungen. "Politische Naivität" und "Ahnungslosigkeit" hätten Schweden in diese Lage gebracht, so Kristersson, ebenso wie eine "unverantwortliche Einwanderungspolitik" und eine "gescheiterte Integration".

Auch wenn er es vor laufender Kamera nicht offen aussprach: Kristersson macht auch die Sozialdemokraten für die aktuelle Bandengewalt mitverantwortlich. Diese haben Schweden – mit einigen Jahren Unterbrechung – in den vergangenen Jahrzehnten regiert. Bevor Ulf Kristersson mit seiner liberal-konservativen Regierung, die von den rechtspopulistischen Schwedendemokraten unterstützt wird, 2022 an die Macht kam, regierten die Sozialdemokraten acht Jahre lang.

Die Schwedendemokraten blasen ins gleiche Horn wie Kristersson. Seit Jahren machen sie Migration und gescheiterte Integration für viele Probleme im Land verantwortlich. "Fredrik Reinfeldt hat sie hergeholt, Magdalena Andersson hat ihnen Leistungen gegeben, und die Schwedendemokraten werden sie einsperren und aus dem Land werfen", sagte Parteichef Jimmie Åkesson vor den letzten Wahlen über Migranten im Land.

Ist Migration der Grund für die Gewaltwelle? 

Doch sind es tatsächlich eine verfehlte Migrations- und Integrationspolitik sowie "politische Naivität", die Schweden die anhaltende Bandenkriminalität beschert haben?