Barack Obama "Ich verdiene den Preis nicht"

Ernst und demütig verkündete der neue Friedensnobelpreisträger Barack Obama, dass er den Preis eigentlich nicht verdiene. Überbracht wurde ihm die frohe Kunde von seiner Tochter.

Das waren die ersten Worte, die Barack Obama am Morgen zu hören bekommen hat: "Papa, Du hast den Friedensnobelpreis bekommen, außerdem hat Bo heute Geburtstag und Du hast uns ein langes Wochenende versprochen." So weckte ihn die 11-jährige Tochter Malia. Es waren auch die ersten Worte, die der US-Präsident in seiner Stellungnahme nach der sensationellen Entscheidung des norwegischen Nobel-Komitees sagte. Mit ernster Mine trat Obama vor dem Weißen Haus vor die Öffentlichkeit und sagte, er sei überrascht und demütig. "Ich habe nicht das Gefühl, dass ich den Preis verdient habe, wenn man sich die berühmten Persönlichkeiten ansieht, die ihn bisher bekommen haben und so viel erreicht haben."

Dennoch werde er den Nobelpreis annehmen. "Ich verstehe ihn als Aufruf zu Handeln", so Obama, "denn ich betrachte den Preis nicht als eine Bestätigung für Erreichtes, sondern als eine Herausforderung". Obama skizzierte auch gleich die Probleme, die es zu lösen gilt: den Irak-Krieg beenden etwa, den Nahostkonflikt beilegen. Allerdings müsse jedes Land Verantwortung für den Frieden übernehmen, so das US-Staatsoberhaupt. "Keine Nation und kein Präsident kann diese Aufgabe alleine schaffen." Eine atomwaffenfreie Welt werde er in seinem Leben wohl nicht mehr erleben, sagte er, deshalb teile er die Ehrung mit alle denen, "die nach Frieden und Gerechtigkeit streben".

"Einsatz für die Stärkung der Diplomatie"

Es war um 11 Uhr Vormittags, als das Nobelpreiskomitee in Oslo völlig überraschend Barack Obama als diesjährigen Träger des mit einer Million Euro dotierten Preises bekanntgegeben hat. Als Grund nannten die Norweger seinen "Einsatz für die Stärkung der internationalen Diplomatie". Zweifelsohne hat der 44. Präsident in seiner kurzen Amtszeit zumindest außenpolitisch einen umgänglicheren Ton angeschlagen, doch eine Reihe von Kommentatoren reagierten mit Skepsis auf die Entscheidung: Das konservative "Wall Street Journal" etwa fragte schlicht: "Wofür?" Der frühe polnische Politiker Lech Walesa, ebenfalls Friedensnobelpreisträger, sagte: "So schnell? Zu schnell! Das ist zu früh. Er hat noch keinen wahren Erfolg verbucht. Er macht Vorschläge, er fängt gerade erst an, aber er muss das alles erst noch vollbringen." Auch die oppositionellen Republikaner kritisierten die Vergabe: Die Amerikaner fragten sich, "was hat Obama tatsächlich erreicht?", so Parteivorsitzender Michael Steele. Die Entscheidung sei unglücklicherweise Folge von Obamas Strahlkraft als Politstar, sagte Steele. Von den Amerikanern werde Obama keinen Preis erhalten.

Besonders hart waren die Kommentare aus Pakistan und Afghanistan: "Das ist ein Witz", sagte Liaqat Baluch, Chef der religiös-konservativen Partei Jamaat e Islami. Obama habe keine Verdienste für den Frieden vorzuweisen. "Welchen Wandel hat er im Irak, Nahen Osten und in Afghanistan vollbracht?" Ein Sprecher der afghanischen Taliban sagte: "Friedensnobelpreis? Obama hätte besser einen Nobelpreis für das Schüren von Gewalt und das Töten von Zivilisten erhalten sollen." Es sei absurd, dass der Friedensnobelpreis an einen Mann gehe, der zusätzlich 21.000 Soldaten nach Afghanistan geschickt habe.

Der Westen reagiert größtenteils wohlwollend

In der westlichen Welt dagegen wurde die Preisverleihung größtenteils mit Wohlwollen aber auch mit Überraschung aufgenommen: Unter den Staats- und Regierungschefs brachte Norwegens Ministerpräsident Jens Stoltenberg die gemischten Gefühle auf den Punkt: "Das ist ein überraschender, ein aufregender Preis. Es wird sich zeigen müssen, ob Obama seine Ziele bei Versöhnung, Frieden und nuklearer Abrüstung erreichen wird."

Unter den früheren Gewinnern des Friedensnobelpreises, die Obama als erste gratulierten, waren Michail Gorbatschow und Mohammed El-Baradei. "In diesen schwierigen Zeiten müssen Menschen unterstützt werden, die in der Lage sind, Verantwortung zu übernehmen, und die eine Vision, eine Entschlossenheit und einen politischen Willen haben", sagte Gorbatschow, der den Preis 1990 erhalten hatte. Der 2005 geehrte Chef der internationalen Atomenergiebehörde IAEA El-Baradei erklärte: "Mir fällt kein anderer ein, der diese Ehre mehr verdient hätte. In weniger als einem Jahr im Amt hat er die Art und Weise verändert, mit der wir uns und die Welt, in der wir leben, sehen, und er hat die Hoffnung auf eine Welt wieder aufleben lassen, die im Frieden mit sich selbst ist."

Verhaltene Zustimmung bei Friedensforschern

Bei Friedensforschern stößt die Verleihung des Friedensnobelpreises auf verhaltene Zustimmung: Er halte die Entscheidung für nachvollziehbar, sie sei aber "im Grunde ein ungedeckter Scheck für die Zukunft", sagte Matthias Dembinski von der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung. Der Friedensforscher Michael Brzoska erklärte, der Preis könne auch zur Belastung für Obama werden, er dürfe in seiner Wirkung aber auch nicht überschätzt werden. Dembinksi sprach von einer mutigen Entscheidung, mit der er nicht gerechnet habe. "Obama wurde für Leistungen ausgezeichnet, die er erst noch erbringen muss." Tatsächlich habe er aber auch bereits zu einem Wandel des Klimas in der internationalen Diplomatie beigetragen, indem er sich für eine atomwaffenfreie Welt ausgeprochen, die Beziehungen zu Russland auf eine neue Ebene gestellt und sich zu direkten Verhandlungen mit dem Iran bereit erklärt habe. Es gehöre "nicht allzu viel Fantasie" dazu, die Entscheidung als Statement des Nobelpreiskomitees gegen die frühere US-Regierung unter George W. Bush zu interpretieren, sagte Dembinksi.

Angesichts des durchwachsenen Echos hat sich der Vorsitzende des norwegischen Friedensnobelpreiskomitees noch einmal zu der Entscheidung geäußert: "Er hat den Preis bekommen, weil er das internationale Klima verändert hat", sagte Thorbjörn Jagland. "Einige Leute sagen, und ich verstehe das, ist das nicht verfrüht? Zu früh? Nun, ich würde sagen, es könnte in drei Jahren zu spät sein, das zu beantworten. Es ist jetzt, das wir die Gelegenheit haben, zu handeln - wir alle."

nik mit Agenturen

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