Xi Jinpings Buddy-Netzwerk trägt den martialischen Namen "Neue Armee von Zhejiang" und aus ihr rekrutiert Chinas Machthaber Xi Jinping seine Leute für das Tagesgeschäft, sprich: die Regierung. Zu der Clique, die sich mittlerweile auch schon um die 20 Jahre kennt, gehört auch der neue Ministerpräsident Li Qiang. Die Karrierewege der beiden hatten sich damals in der ostchinesischen Provinz Zhejiang gekreuzt, in der auch die Metropole Shanghai liegt. Seitdem marschieren die beiden Funktionäre untergehakt durch die Institutionen. Und was Li nun zu seinem Amtsantritt sagte, dürfte dem entsprechen, was der Weggefährte Xi will, das er sagte.
Im Wesentlichen skizzierte der neue Regierungschef fünf Bereiche, die für die Führung in Peking entscheidend sind:
- Konjunktur
- Corona-Nachwirkungen
- Verhältnis zu den USA
- Taiwan
- Militär
China strebt nur fünf Prozent Wachstum an
Schon zu Beginn des Nationalen Volkskongresses hatte das Land seine Konjunkturerwartung soweit nach unten geschraubt, wie seit Jahrzehnten nicht: nur fünf Prozent Wachstum sei dieses Jahr drin. Doch auch das könnte schwierig werden, so Li Qiang: "Ich fürchte, dass es nicht einfach sein wird, unser Wachstumsziel zu erreichen, und dass wir unsere Anstrengungen verdoppeln müssen", sagte er auf der Abschlusspressekonferenz. Er sehe viele Unsicherheitsfaktoren, Instabilität und unvorhersehbare Ereignisse. "Das Wirtschaftswachstum zu stabilisieren, ist eine herausfordernde Aufgabe, nicht nur für China, sondern für alle Länder in der Welt."
Vermutlich nicht völlig überzeugt, verteidigte Li hat das harte Vorgehen der Regierung während der Corona-Pandemie. Sein Land habe sich während der Pandemie "stets an den Grundsatz gehalten, dass der Mensch an erster Stelle steht", sagte der Politiker weiter. "Die Ereignisse beweisen, dass Chinas Strategien und Maßnahmen völlig richtig waren." Allerdings hatte er in seiner Zeit als Gouverneur in Shanghai einen eher lockeren Kurs verfolgt, bis er von der Zentralregierung zu einer strikten Null-Covid-Strategie mit Lockdowns verdonnert wurde. Weil sich das Virus dennoch ausbreiteten die Wirtschaft stark in Mitleidenschaft gezogen wurde und es zu Protesten kam, hob Peking die Regeln schließlich abrupt auf.
China und USA sollten zusammenarbeiten
Wie schon Xi, der bei seiner Rede ungewohnt aggressive Töne gegenüber den USA anschlug, wählte Li das Mittel der Anfeindung – reichte aber auch die Hand: Die beiden größten Volkswirtschaften seien eng miteinander verbunden, wovon beide profitierten. "Einkesselung und Unterdrückung sind für niemanden von Vorteil", sagte er, um zugleich Kooperation anzubieten: "China und die Vereinigten Staaten sollten zusammenarbeiten, und müssen das auch. Wenn China und die USA zusammenarbeiten, können wir viel erreichen", so der Ministerpräsident.
In der jüngsten Vergangenheit wurde immer wieder deutlich, wo die Interessen der beiden Staaten kollidieren: etwa in der Bewertung des Überfalls Russlands auf die Ukraine oder beim Schicksal der Inselrepublik Taiwan. Die will Peking annektieren, während sich die USA zu ihrem Schutz verpflichtet hat. Frühere Bekundungen, dass China militärische Gewalt nicht ausschließt, wenn andere Bemühungen nicht zum Erfolg führen, hatte Xi Jinping in seiner Abschlussrede allerdings nicht wiederholt. Er sagte stattdessen, die Beziehungen sollten "friedlich" entwickelt werden. "Einmischung von außen" sowie "spalterische Aktivitäten" von Unabhängigkeitskräften müssten aber entschieden abgelehnt werden. Der Einigungsprozess müsse "unerschütterlich" vorangetrieben werden.
All diese Entwicklungen führen die Staatsführung zu dem Punkt, wonach "Sicherheit das Fundament der Entwicklung, während Stabilität eine Voraussetzung für Wohlstand ist". Also müsse die Verteidigung vorangetrieben und die Streitkräfte "zu einer Großen Mauer aus Stahl" ausgebaut werden, wie Präsident Xi sagte. Die knapp 3000 Delegierten des Nationalkongresses billigten eine starke Steigerung der Verteidigungsausgaben um 7,2 Prozent. Und nebenbei trat am Anfang des Monats ein Gesetz in Kraft, das es ermöglicht alle Chinesinnen und Chinesen zwischen 18 bis 60 Jahren im Kriegsfall einziehen zu können.
Trotz dieses Säbelrasselns war Russlands Angriffskrieg in der Ukraine mit keinem Wort erwähnt. Zwar gab es bei der Pressekonferenz des neuen Regierungschefs Fragen, doch die waren abgesprochen und so konnte sich niemand danach erkundigen. Nach Presseberichten will Xi dieses Frühjahr nach Moskau reisen. Bislang bekommt Moskau vom großen Nachbarn Rückendeckung.
Quellen: DPA, AFP, "FAZ"