In der Affäre um den Umgang des früheren US-Präsidenten Donald Trump mit geheimen Regierungsunterlagen haben die Ermittler offenbar neue Details zusammengetragen. Der Fernsehsender CNN und andere Medien berichten, Bundesstaatsanwälte seien auf eine Tonaufnahme aus dem Sommer 2021 gestoßen, in der Trump den Besitz eines als geheim eingestuften Dokumentes aus dem Verteidigungsministerium eingeräumt habe. Dabei habe er deutlich gemacht, dass ihm klar sei, nach dem Verlassen des Weißen Hauses vertraulich eingestuftes Material mitgenommen zu haben. "Auf der Aufnahme deuten Trumps Kommentare darauf hin, dass er die Informationen gerne weitergeben würde, sich aber der Einschränkungen seiner Möglichkeiten nach der Präsidentschaft, Aufzeichnungen freizugeben, bewusst ist", schreibt CNN unter Berufung auf zwei mit den Ermittlungen vertraute Quellen.
Zu Trumps Verteidigungsstrategie in dem Fall gehörte bislang die Behauptung, er habe als Präsident kein bestimmtes Verfahren zur Freigabe von Dokumenten einhalten müssen. Der 76-Jährige hat wiederholt erklärt, er habe alle klassifizierten Dokumente automatisch freigeben können und sogar die Macht gehabt, dies mit seinen bloßen Gedanken zu tun. Erst vergangenen Monat verkündete der Republikaner in einer von CNN veranstalteten Bürgerbefragung im Bundesstaat New Hampshire, dass "sie automatisch freigegeben werden, wenn ich sie mitnehme". Die nun ins Spiel gekommene Aufnahme könnte diese Argumentation von Trump untergraben und belegen, dass er über den vorgeschriebenen Freigabeprozesses Bescheid wusste.
Aufnahme könnte wichtiger Beweis gegen Donald Trump sein
Den Berichten zufolge bezogen sich Trumps Äußerungen auf ein Pentagon-Dokument zum Iran. Die "New York Times" schreibt, die Tonaufnahme stamme von einem Treffen, das Trump im Juli 2021 mit mehreren Personen abgehalten habe, die seinem ehemaligen Stabschef im Weißen Haus, Mark Meadows, beim Verfassen von dessen Memoiren halfen. Das Gespräch habe in einem Anwesen Trumps im Bundesstaat New Jersey stattgefunden. Der Ex-Präsident habe das Geheimpapier während des Termins bei sich gehabt.
Sonderermittler Jack Smith, der die Untersuchungen des Justizministeriums gegen Trump leitet, habe sich im Rahmen seiner Ermittlungen auf das Treffen konzentriert, berichtet CNN. Sein Team habe Zeugen zu der Aufnahme und dem Dokument vor einer Bundesjury vernommen. Das Treffen habe so viel Interesse geweckt, dass die Ermittler General Mark Milley, einen der ranghöchsten nationalen Sicherheitsbeamten der Trump-Ära, dazu befragt hätten. Mit den Ermittlungen vertraute Quellen hätten die Aufnahme als "wichtiges" Beweisstück in einem möglichen Verfahren gegen Trump bezeichnet.
Das sieht auch Ty Cobb so, der unter Trump als Anwalt für das Weiße Haus tätig war. Die Tonaufnahme "zerlege" Trumps Verteidigung, insbesondere die Vorstellung, dass "er allein dadurch, dass er Dokumente an sich nimmt, deren Geheimhaltung aufhebt, oder dass er die Befugnis hat, sie in seinem eigenen Kopf aufzuheben, während er mit den Enten im Whirlpool spielt", erklärte Cobb spöttisch auf CNN. Dieses Argument sei "nicht stichhaltig", da die Tonaufnahme zeige, dass Trump wisse, dass er Beschränkungen habe, was er mit diesen Dokumenten tun könne. "Ich denke, sie haben ihren Fuß in seinem Nacken", sagte Cobb. Die neue Enthüllung "macht den Vorwurf der Justizbehinderung noch überzeugender".
Trump wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt – diese juristischen Probleme hat er noch am Hals
Die heute 79-jährige Carroll hatte Trump beschuldigt, sie im Frühjahr 1996 in der Umkleidekabine des New Yorker Luxus-Kaufhauses Bergdorf Goodman vergewaltigt zu haben. Öffentlich machte die langjährige Kolumnistin des Magazins "Elle" ihren Vorwurf erst 2019, als Trump Präsident war. Trump bezichtigte Carroll der Lüge und erklärte, sie sei nicht sein "Typ".
Strafrechtlich waren die Vorwürfe verjährt, doch zivilrechtlich konnte Carroll gegen den Milliardär vorgehen, und so verklagte Carroll Trump in New York wegen Verleumdung und im vergangenen November in einer zweiten Klage wegen der mutmaßlichen Vergewaltigung selbst sowie erneut wegen Verleumdung. Sie verlangte Schmerzensgeld und Schadenersatz in nicht genannter Höhe. Weil es sich um einen Zivilprozess und nicht um ein Strafverfahren handelte, drohte Trump keine Gefängnisstrafe.
Für die Geschworenen war der Fall offenbar klar: Nach weniger als dreistündigen Beratungen sprachen sie Carroll fünf Millionen Dollar (rund 4,5 Millionen Euro) zu – zwei Millionen Dollar wegen sexuellen Missbrauchs und drei Millionen Dollar wegen Verleumdung. Ihr Urteil sei für alle Frauen, die ähnliches erlebt hätten, sagte die Autorin nach der Entscheidung. Es gehe ihr nicht um das Geld. Sie habe ihren Namen reinwaschen wollen. Und sie hätte Trump gerne im Zeugenstand vor Gericht gesehen.
Trumps Anwalt Joe Tacopina kündigte an, gegen das Urteil in Berufung zu gehen. Er verwies unter anderem darauf, dass Carroll Trump stets Vergewaltigung zur Last gelegt habe, die Geschworenen aber lediglich sexuellen Missbrauch anerkannt hätten. Trump selbst reagierte erbost auf den Ausgang des Zivilprozesses. "Dieses Urteil ist eine Schande, eine Fortsetzung der größten Hexenjagd aller Zeiten", wetterte der 76-jährige auf seiner Onlineplattform Truth Social. Mit Blick auf Carroll erklärte Trump: "Ich habe überhaupt keine Ahnung, wer diese Frau ist."
Vor dem Urteil hatte der Ex-Präsident fälschlicherweise behauptet, er habe sich in dem Verfahren nicht "verteidigen" dürfen. Trump war dem Prozess aus eigenen Stücken ferngeblieben, zu einem Erscheinen vor Gericht war er nicht verpflichtet. Trump war während des Prozesses sogar zu einem Golfplatz in Schottland gereist, der ihm gehört.
Die Bundespolizei FBI hatte im August 2022 Trumps Anwesen in Florida durchsucht und dort etwa 100 teilweise streng geheime Dokumente gefunden, die der Ex-Präsident und sein Team trotz Aufforderung nicht ans Nationalarchiv zurückgegeben hatten. Der vom US-Justizministerium ernannte Sonderermittler Smith versucht festzustellen, wie es dazu kam, dass sich diese Papiere noch in Mar-a-Lago befanden. Er untersucht, ob Trump Maßnahmen ergriff oder anordnete, um die Bemühungen der Regierung zur Sicherstellung aller sensiblen Unterlagen zu unterlaufen und ob es genügend Beweise gibt, ihn wegen Behinderung der Justiz anzuklagen.
Trump kritisiert die Ermittlungen gegen ihn als politisch motiviert und wettert seit Langem, es handele sich lediglich um einen Versuch seiner Gegner, ihn am Wiedereinzug ins Weiße Haus zu hindern. Der 76-Jährige hatte im vergangenen November offiziell seine Bewerbung für die Kandidatur der Republikaner bei der Präsidentschaftswahl im November 2024 verkündet. In den Umfragen liegt er trotz seiner juristischen Probleme klar vor seinen republikanischen Konkurrenten.
Quellen: CNN (1), CNN (2), "New York Times", DPA