Die Grand Jury hat im Fall Stormy Daniels dafür gestimmt, Ex-Präsident Donald Trump wegen einer möglicherweise illegalen Schweigegeldzahlung an die ehemalige Pornodarstellerin vor Gericht zu stellen, und damit ein politisches Erdbeben ausgelöst. Mitglieder von Trumps Republikanischer Partei laufen Sturm gegen die Entscheidung und den New Yorker Bezirksstaatsanwalt Alvin Bragg, der Trump kommende Woche die Anklage verlesen will. Vertreter der Demokraten hingegen verteidigen den Jury-Spruch. Und auch Mitglieder von Trumps Familie melden sich zu Wort.
So reagiert Donald Trump
Trump ist empört über die Anklage und sieht sich als unschuldiges Opfer einer "Hexenjagd" durch "die linksradikalen Demokraten". Staatsanwalt Bragg erledige die "Schmutzarbeit" für Präsident Joe Biden, wettert der 76-Jährige in einer schriftlichen Stellungnahme. "Das ist politische Verfolgung und Wahlbeeinflussung auf dem höchsten Niveau der Geschichte."
Trump wirft den Demokraten vor, sie hätten seit seiner ersten Präsidentschaftsbewerbung für die Wahl 2016 versucht, ihm politisch zu schaden und ihn mit diversen Untersuchungen auch während seiner Amtszeit schikaniert. Nun hätten sie "das Undenkbare getan – eine völlig unschuldige Person in einem Akt eklatanter Wahlbeeinflussung anzuklagen". "Das hat es in der Geschichte unseres Landes noch nie gegeben", beklagt sich der 76-Jährige. All das sei ein Angriff auf das Land und werde auf Biden und seine Demokraten zurückfallen.
Das sagt Stormy Daniels
Daniels, die mit bürgerlichem Namen Stephanie Clifford heißt, bedankt sich bei ihren Anhängern für die Unterstützung. "Ich habe so viele Nachrichten bekommen, dass ich gar nicht antworten kann ... ich will auch nicht meinen Champagner verschütten", twittert sie. Sie erhalte auch Anfragen nach Werbeartikeln und Autogrammen. Für den Versand müssten nun ein paar Tage mehr eingeplant werden.
Trump wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt – diese juristischen Probleme hat er noch am Hals

Die heute 79-jährige Carroll hatte Trump beschuldigt, sie im Frühjahr 1996 in der Umkleidekabine des New Yorker Luxus-Kaufhauses Bergdorf Goodman vergewaltigt zu haben. Öffentlich machte die langjährige Kolumnistin des Magazins "Elle" ihren Vorwurf erst 2019, als Trump Präsident war. Trump bezichtigte Carroll der Lüge und erklärte, sie sei nicht sein "Typ".
Strafrechtlich waren die Vorwürfe verjährt, doch zivilrechtlich konnte Carroll gegen den Milliardär vorgehen, und so verklagte Carroll Trump in New York wegen Verleumdung und im vergangenen November in einer zweiten Klage wegen der mutmaßlichen Vergewaltigung selbst sowie erneut wegen Verleumdung. Sie verlangte Schmerzensgeld und Schadenersatz in nicht genannter Höhe. Weil es sich um einen Zivilprozess und nicht um ein Strafverfahren handelte, drohte Trump keine Gefängnisstrafe.
Für die Geschworenen war der Fall offenbar klar: Nach weniger als dreistündigen Beratungen sprachen sie Carroll fünf Millionen Dollar (rund 4,5 Millionen Euro) zu – zwei Millionen Dollar wegen sexuellen Missbrauchs und drei Millionen Dollar wegen Verleumdung. Ihr Urteil sei für alle Frauen, die ähnliches erlebt hätten, sagte die Autorin nach der Entscheidung. Es gehe ihr nicht um das Geld. Sie habe ihren Namen reinwaschen wollen. Und sie hätte Trump gerne im Zeugenstand vor Gericht gesehen.
Trumps Anwalt Joe Tacopina kündigte an, gegen das Urteil in Berufung zu gehen. Er verwies unter anderem darauf, dass Carroll Trump stets Vergewaltigung zur Last gelegt habe, die Geschworenen aber lediglich sexuellen Missbrauch anerkannt hätten. Trump selbst reagierte erbost auf den Ausgang des Zivilprozesses. "Dieses Urteil ist eine Schande, eine Fortsetzung der größten Hexenjagd aller Zeiten", wetterte der 76-jährige auf seiner Onlineplattform Truth Social. Mit Blick auf Carroll erklärte Trump: "Ich habe überhaupt keine Ahnung, wer diese Frau ist."
Vor dem Urteil hatte der Ex-Präsident fälschlicherweise behauptet, er habe sich in dem Verfahren nicht "verteidigen" dürfen. Trump war dem Prozess aus eigenen Stücken ferngeblieben, zu einem Erscheinen vor Gericht war er nicht verpflichtet. Trump war während des Prozesses sogar zu einem Golfplatz in Schottland gereist, der ihm gehört.
Daniels' Anwalt Clark Brewster erzählt im US-Sender CNN, seine Mandantin sei nicht überrascht gewesen angesichts der Anklage, sondern vielmehr erleichtert. "Es ist wirklich ein Kampf gegen seine (Trumps) Ablehnung der Wahrheit und sein Fabrizieren von Geschichten."
Das sagen die Republikaner
Der Sprecher des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, schwört, dass "das Repräsentantenhaus Alvin Bragg und seinen beispiellosen Machtmissbrauch zur Rechenschaft ziehen wird". Auf Twitter wirft McCarthy Bragg vor, "unser Land in einem Versuch der Einmischung in unsere Präsidentschaftswahl irreparabel beschädigt" zu haben. "Während er routinemäßig gewalttätige Kriminelle freilässt, um die Öffentlichkeit zu terrorisieren, hat er unser heiliges Rechtssystem gegen Präsident Donald Trump instrumentalisiert", behauptet der Trump-Verbündete.
Der ehemalige Vizepräsident Mike Pence spricht von einem "Skandal". "Millionen von Amerikanern hätten den Eindruck, dass es sich um nichts anderes als eine politische Anklage handele, sagt Pence, der von 2017 bis 2021 Trumps Stellvertreter war, im US-Sender CNN. "Dies wird nur dazu dienen, dieses Land weiter zu spalten." Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft in Manhattan sende eine fürchterliche Botschaft über das amerikanische Justizsystem aus. Niemand stehe über dem Gesetz, auch nicht Ex-Präsidenten, betont Pence. Doch in diesem Fall, in dem es um Wahlkampffinanzierung gehe, hätte es nie zu dieser beispiellosen Anklage kommen dürfen. "Das ist eine schlechte Entscheidung eines politischen Staatsanwalts."
Der Gouverneur des Bundesstaates Florida, Ron DeSantis, meint, das Rechtssystem sei missbraucht worden. "Wenn das Rechtssystem als Waffe eingesetzt wird, um eine politische Agenda voranzutreiben, wird die Rechtsstaatlichkeit auf den Kopf gestellt", twittert Trumps möglicher Konkurrent im Rennen um die republikanische Präsidentschaftskandidatur. "Florida wird ein Auslieferungsersuchen nicht unterstützen", fügt DeSantis hinzu, obwohl ein solches überhaupt nicht im Raum steht und Trump laut seinen Anwälten freiwillig nach New York kommen will.
Der Abgeordnete Jim Jordan aus Ohio, der konservative Vorsitzende des Justizausschusses des Repräsentantenhauses, reagiert mit nur einem Wort: "Ungeheuerlich".
Die ultrarechte Abgeordnete Marjorie Taylor Greene aus Georgia, eine von Trumps treuesten Unterstützerinnen im Kongress, behauptet, ohne Beweise zu nennen, Trump sei unschuldig und "der Einzige, der sich diesen modernen Tyrannen in den Weg stellt".
Senator Lindsey Graham, ebenfalls ein enger Verbündeter Trumps, wertet die Anklage als "eine der unverantwortlichsten Entscheidungen in der amerikanischen Geschichte, die je ein Staatsanwalt getroffen hat".
Die Gouverneurin von Arkansas, Sarah Huckabee Sanders, die als Trumps Pressesprecherin im Weißen Haus tätig war, fordert, Bragg solle zurücktreten.
So reagieren die Demokraten
Der Abgeordnete Adam Schiff aus Kalifornien, Mitglied des Justizausschusse im Repräsentantenhaus, stellte fest, zwar sei eine Anklage gegen einen früheren Präsidenten "einmalig" in der Geschichte des Landes, aber das gelte auch für das rechtswidrige Verhalten, für das Trump angeklagt wurde. "Ein Rechtsstaat muss die Reichen und Mächtigen zur Rechenschaft ziehen, auch wenn sie hohe Ämter bekleiden. Vor allem, wenn sie es tun. Alles andere ist keine Demokratie", twittert Schiff.
Der Abgeordnete Jim Clyburn aus South Carolina, stellvertretender Vorsitzender der Demokraten, zitierte Thomas Paine, der 1776 in seinem Buch "Common Sense" schrieb, dass "in Amerika das Gesetz König ist".
Der New Yorker Abgeordnete Dan Goldman, der als Hauptberater im ersten Amtsenthebungsverfahren gegen Trump fungierte, erklärt, dass "keine Person über dem Gesetz steht".
Der Abgeordnete Ritchie Torres, ebenfalls aus New York, twittert in Anspielung auf den früheren Mafiaboss Al Capone, der letztlich "nur" wegen eines Steuervergehens hinter Gittern landete: "Donald Trump ist der Al Capone der amerikanischen Politik".
Senator Richard Blumenthal aus Connecticut, ein ehemaliger Bundesstaatsanwalt, betont, die Justiz sei verpflichtet, den Tatsachen und dem Gesetz nachzugehen, wo immer sie hinführen. "Der ehemalige Präsident Trump hat die gleichen Rechte wie jeder andere Angeklagte, und die Justiz wird ihn als unschuldig betrachten, bis seine Schuld bewiesen ist."
Das sagt Trumps Familie
Trumps ältester Sohn Donald Trump jr. vergleicht die Anklage mit Entscheidungen von massenmordenden Diktatoren: "Das sind Dinge, die Mao, Stalin, Pol Pot – sie würden erröten. Es ist so schamlos. Es ist so verrückt", sagt der 45-Jährige in einem live gestreamten Video kurz nach Bekanntwerden der Jury-Entscheidung.
Trumps zweiter Sohn, Eric Trump, meint: "Das ist staatsanwaltschaftliches Fehlverhalten wie in der Dritten Welt." In einem Text an die Nachrichtenagentur Associated Press bezeichnet er die Anklage als opportunistisches Vorgehen gegen einen politischen Gegner in einem Wahljahr.
Trumps Nichte Mary L. Trump dagegen bejubelt die Anklage: "Es ist offiziell, Donald Trump ist: Der erste Mann im Oval Office, gegen den zweimal ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet wurde, der erste Mann im Oval Office, der einen Aufstand anzettelt, der erste, der [bei der Präsidentschaftswahl] zweimal weniger Stimmen erhält und jetzt der erste, der angeklagt wird", schreibt die 57-Jährige, die ein Enthüllungsbuch über ihre Familie veröffentlicht hat und ihrem Onkel vorwirft, sie um ihren Erbteil betrogen zu haben. "Aber die Medien übersehen den wichtigsten Grund, warum dies so bedeutsam ist: Für die Opfer von Donald ist dies endlich ein gewisses Maß an Gerechtigkeit", fügt sie hinzu. "Es hat lange auf sich warten lassen, aber nach allem, was Donald diesem Land angetan hat, haben wir es überstanden."
Quellen: Twitter, CNN, Associated Press, DPA