Was bleibt also festzuhalten? Vier Wochen sind vergangen, seitdem Donald Trump seinen Anspruch auf die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner angemeldet hat – und bisher ist er sich selbst der größte Gegner, möglicherweise sogar der gefährlichste.
Seit der Ankündigung seiner Kandidatur in Mar-a-Lago, die nichts anderes war als ein stumpfes Herunterspulen altbekannter Positionen, bis zum gemeinsamen Dinner mit zwei abgestürzten Verschwörungsideologen, hat der frühere US-Präsident mehr Kontroversen angehäuft als Unterstützer hinter sich versammelt.
Er half Gelder für jene Randalierer zu sammeln, die den tödlichen Sturm auf das Kapitol im Januar 2021 lostraten, stellte ihnen sogar Begnadigungen in Aussicht, sollte er erneut ins Weiße Haus einziehen. Er hortete offensichtlich noch mehr Geheimdokumente, die nicht in seinem Privatbesitz sein sollten, und hat noch reichlich juristische Fälle vor der Brust. Zuletzt wollte er sogar die Verfassung der Vereinigten Staaten aussetzen lassen, jene politische und rechtliche Grundordnung der USA, auf die der Präsident schwört, sie "zu bewahren, zu schützen und zu verteidigen".
Das war dann sogar Herschel Walker zu viel, einem von Trumps handverlesenen Wasserträgern bei den Kongresswahlen, der nach seiner Niederlage in Georgia an seine Anhänger appellierte, ihr Vertrauen in die Rechtsordnung zu bewahren: "Ich möchte, dass Sie an Amerika glauben und weiterhin an die Verfassung glauben und vor allem an unsere gewählten Beamten glauben", sagte er und verweigerte sich damit vehement, es seinem Gönner nachzutun, der verlorene Wahlen erwiesenermaßen für einen großen Schwindel hält.
Es steht nicht gut um Trump, wenn ihn sogar einst ergebene Schützlinge zurechtweisen, und mit Walker letztlich ein Mann, der zumindest in den Augen des republikanischen Vizegouverneurs von Georgia einer "der schlechtesten republikanischen Kandidaten in der Geschichte unserer Partei" gewesen ist. Überhaupt wird Trump von zahlreichen Republikanern für die insgesamt enttäuschende Performance der Partei bei den Midterms verantwortlich gemacht, die ihn zuvor noch mit öffentlichem – wenn auch unaufrichtigem – Lob überhäuft hatten.
Sein Griff lockert sich
Bei diesem schrecklichen Wahlkampfauftakt, der bisher ohne Wahlkampfauftritte oder Wahlkampfmanager auskommt, verwundert es kaum, dass bislang keiner seiner potenziellen Gegenkandidaten ins Rennen um die Präsidentschaftskandidatur einsteigt. Trump schadet sich gerade selbst mehr, als es wohl irgendein Gegner tun könnte.
Dabei konnte man in den letzten sieben Jahren durchaus den Eindruck gewinnen, dass Trump möglicherweise Recht hatte, als er 2016 sagte: "Ich könnte mitten auf der 5th Avenue stehen und jemanden erschießen, und ich würde keine Wähler verlieren." Allen Peinlichkeiten und Possen zum Trotz hielt ihm die Kernwählerschaft der Republikaner jahrelang die Treue, in seinem letzten Amtsjahr rangierten seine Zustimmungswerte bei rund 90 Prozent. Und jetzt?
Eine Reihe neuer Umfragen zeigt, dass sich Trumps einst eiserner Griff um die Grand Old Party lockert. Sahen ihn im Oktober noch 75 Prozent der Republikaner positiv, sind es laut einer Erhebung der "USA Today" im Dezember nur noch 64 Prozent. Die Quinnipac Universität gibt 70 Prozent der republikanischen Wähler aus, die eine positive Meinung von Trump haben – und damit so wenige wie seit März 2016 nicht mehr.
Das bedeutet freilich nicht, dass Trump schon verloren hat. Die Kandidatenkür der Republikaner beginnt erst im Januar 2024, bis dahin kann viel passieren. Schon bei seinem ersten Anlauf auf das Weiße Haus hatten ihn viele unterschätzt und nicht ernst genommen. Doch die bisherige Lesart, dass die Unterstützung für Trump unerschütterlich ist, erscheint überholt.
Donald Trump, der "Todeskuss"
Seine internen Widersacher sehen sich in ihren langjährigen Bedenken bestätigt, dass Trumps Wahlsieg 2016 eine Verirrung der Geschichte sein könnte – und der beharrliche Versuch eines Comebacks die Hoffnungen der Republikaner zunichte machen könnte, das Weiße Haus zurückzuerobern.
"Ich weiß, dass viele Leute in unserer Partei den ehemaligen Präsidenten lieben", sagte Senator Mitt Romney nach der verlorenen Wahl in in Georgia. "Aber er ist, wenn Sie so wollen, der Todeskuss für jemanden, der eine Parlamentswahl gewinnen will. Und irgendwann müssen wir weitermachen und nach neuen Anführern suchen, die uns zum Sieg führen."
Wer könnte das sein? Bisher ist Trump der einzige Kandidat im Bewerberfeld der Republikaner. Das dürfte nicht so bleiben, mehrere Republikaner sind offenkundig an einer Kandidatur interessiert. Trumps frühe Ankündigung dürfte daher auch der Versuch gewesen sein, sich gegen die potenziellen Gegner einen finanziellen Vorteil bei den Wahlkampfmitteln zu verschaffen. Zwei Wochen nach Bekanntgabe seiner Bewerbung hatte er schon 4,1 Millionen US-Dollar beisammen – eine beträchtliche Summe, wenngleich weitaus weniger als bei früheren Sammelaktionen.
Aber wird das reichen, um den zunehmend schwindenden Rückhalt wettzumachen? Insbesondere Floridas Gouverneur Ron DeSantis, der bei den Kongresswahlen einen beachtlichen Sieg einfuhr, weiß das Momentum zur Zeit auf seiner Seite – er hängt den Ex-Präsidenten in einer aktuellen Umfrage deutlich ab.
Laut Erhebung der Suffolk University und "USA Today" bevorzugen republikanische und den Republikanern nahestehende Wähler DeSantis mit 56 zu 33 Prozent gegenüber Trump. Das ist ein Vorsprung von 23 Prozentpunkten für den Gouverneur. 61 Prozent der Befragten erklärten zwar, sie hätten gerne einen Kandidaten, der Trumps Politik fortsetzt – dieser solle aber nicht Trump sein.
Offiziell erklärt hat DeSantis seine Kandidatur indes nicht. Er hat es nicht eilig, so will es jedenfalls einer seiner Berater verstanden wissen, der sich nach nach den Kongresswahlen mit den Worten zitieren ließ: "Er hat die Möglichkeit, die nächsten Monate zu regieren, während Trump versuchen muss, die Menschen davon zu überzeugen, dass er immer noch die Fähigkeiten dazu hat." Es sei "also fast so, als könnte er dabei zusehen, wie Trump sich selbst schlägt." Auch DeSantis scheint demnach zu glauben, dass er Trump nur bei seiner Selbstdemontage zusehen muss.
Ein Rettungsversuch
Dabei könnte Trump ein breites Bewerberfeld, wie schon 2016, zum Vorteil reichen. Seinerzeit konnte er sich auch deshalb in der Kandidatenkür der Republikaner durchsetzen, weil er 16 Kontrahenten hatte, die sich gegenseitig kannibalisierten. Es ist nicht auszuschließen, dass es diesmal ähnlich laufen könnte.
Neben DeSantis stehen offenbar auch Trumps ehemaliger Vizepräsident Mike Pence und Virginias Gouverneur Glenn Youngkin in den Startlöchern, auch Ex-Außenminister Mike Pompeo oder Senator Tim Scott werden Ambitionen nachgesagt. Um nur einige Namen zu nennen.
Donald Trump will zurück ins Weiße Haus – diese Republikaner könnten ihm gefährlich werden

Die Stimmen der republikanischen Basis könnten sich auf alle möglichen Kandidaten verteilen, während Trump zwar auf eine bröckelnde, aber treue Fan-Basis bauen kann. Zumal er in anderen Umfragen, wie etwa von "Morning Consult", sogar die Nase vor DeSantis hat. Wird das so bleiben? David Paleologos, Direktor des Political Research Centers der Suffolk Universität, meint: "Republikaner und konservative Unabhängige wollen zunehmend Trumpismus ohne Trump". Ein Indiz dafür könnte DeSantis sein, der ein ebenso scharfer Rechtsausleger ist, sich aber weniger von Instinkten und persönlichen Fehden lenken lässt. Er sei ein "Trump mit Hirn", schrieb der "New Yorker".
Das Original will angesichts der miesen Umfragewerte in die Offensive gehen. Am Donnerstag stellte Trump eine "wichtige Ankündigung" in Aussicht, versehen mit markigen Worten und einem kurzen Videoclip: "Amerika braucht einen Superhelden", sagt Trump, bevor ihn eine Animation in einem Heldenkostüm zeigt, das wohl an Superman erinnern soll.
Nur kurz musste spekuliert werden, was er damit gemeint haben könnte. Die Vorstellung eines Running Mates, eines Vizepräsidentschaftskandidaten, war es nicht. Stattdessen überraschte er mit Sammelkarten. NFT-Sammelkarten, um genau zu sein. Bizarre Motive sind dabei: Trump auf einem Elefanten, dem Republikaner-Maskottchen oder Trump im Astronautenanzug. "Stationen meiner Karriere" nennt er das und für den Preis von 99 Dollar gibt es noch ein Preisausschreiben dazu. Tja. In Sachen Clownerie macht ihm keiner was vor, in Sachen Wahlkampf dagegen kann Trump nach diesem Auftakt Hilfe gebrauchen.
Quellen: CNN, AP News, "New York Times", "USA Today", Quinnipac University, "Politico", "Morning Consult", "The Guardian", "The New Yorker", Gallup