Ukraine-Hilfen Gelingt der EU ein Kompromiss mit Viktor Orban? Darum geht es beim EU-Sondergipfel

Ungarns Regierungschef Viktor Orban stellt sich derzeit bei weiteren Hilfen für die Ukraine quer
Ungarns Regierungschef Viktor Orban stellt sich derzeit bei weiteren Hilfen für die Ukraine quer
© Denes Erdos / AP / DPA
Ungarns Regierungschef Viktor Orban könnte den ganz großen Bruch mit der EU riskieren. An diesem Donnerstag verhandeln die 27 Staaten über die weitere Unterstützung der Ukraine. Auch für das kriegsgebeutelte Land steht viel auf dem Spiel.

Bei einem EU-Sondergipfel in Brüssel soll an diesem Donnerstag ein letzter Versuch unternommen werden, den ungarischen Regierungschef Viktor Orban zu einer Zustimmung zu Plänen für neue Ukraine-Hilfen zu bewegen. Über das Paket mit finanziellen Unterstützungszusagen in Höhe von 50 Milliarden Euro für die Zeit bis Ende 2027 hätte eigentlich bereits bei einem regulären EU-Gipfel im vergangenen Dezember entschieden werden sollen. Damals legte Orban allerdings ein Veto ein und verhinderte damit eine Einigung. 

Der Ungar hatte zuvor mehrfach die Sinnhaftigkeit der Pläne infrage gestellt und in diesem Zusammenhang auch darauf verwiesen, dass die EU aus seiner Sicht zu Unrecht für sein Land vorgesehene Gelder aus dem Gemeinschaftshaushalt eingefroren hat.

Viktor Orban stellt Bedingungen für die ungarische Zustimmung

Vor dem Gipfel sagte Orban nun in einem Interview des französischen Magazins "Le Point", Ungarn sei bereit, Teil einer Lösung zu sein. Voraussetzung sei allerdings, dass man jedes Jahr neu darüber entscheide, ob man weiter Geld schicken wolle oder nicht. Andere Mitgliedstaaten wie Deutschland lehnen dies jedoch ab. Ein Grund ist, dass sie der Ukraine langfristig Unterstützung zusichern wollen. Zudem geht es auch darum, Ungarn Erpressungsmöglichkeiten zu nehmen. So werfen EU-Diplomaten Orban vor, er versuche, mithilfe einer Veto-Politik die wegen Rechtsstaatsbedenken eingefrorenen EU-Gelder freizupressen.

Orban weist dies zurück. Er verweist dabei auch auf die im Juni anstehenden Europawahlen. Jetzt für die Ukraine 50 Milliarden Euro für den Zeitraum bis Ende 2027 fest zuzusagen, könnte den Bürgern seiner Meinung nach den Eindruck vermitteln, dass ihre Stimme keine Rolle spiele.

Nach Angaben von EU-Diplomaten und -Beamten wollen sie Orban deshalb eine "Notbremse" vorschlagen. Damit könnte dieser jährliche Aussprachen über die Hilfen erwirken.

EU könnte Ungarn das Stimmrecht entziehen

Sollte bei den Gesprächen mit Orban keine Lösung gefunden werden, wollen die anderen EU-Staaten im 26er-Kreis – also ohne Ungarn – handeln. Zugleich gilt es als wahrscheinlich, dass es dann Diskussionen über mögliche Schritte zum Entzug von Ungarns Stimmrecht bei EU-Entscheidungen geben würde. Das dafür notwendige Artikel-7-Verfahren wegen mutmaßlicher Rechtsstaatsdefizite läuft bereits seit Jahren. Es wurde allerdings bislang nicht engagiert vorangetrieben – unter anderem in der Hoffnung auf ein Einlenken Orbans in Streitfragen.

Bei dem Gipfel will sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj per Videoschalte an die Gipfelteilnehmer richten, wie es aus Brüssel hieß. Weitere Themen des EU-Sondergipfels werden der Nahost-Konflikt und die EU-Militärhilfen für die Ukraine sein. Zu den Militärhilfen hatte jüngst Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eine Debatte angeregt. Er kritisiert, dass andere große EU-Länder für das laufende Jahr deutlich weniger Geld für Waffen- und Munitionslieferungen eingeplant hätten als Deutschland. Dies gefährdet seiner Meinung nach das Durchhaltevermögen der Ukraine im Abwehrkrieg gegen Russland.

DPA · AFP
mkb

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