Dominion-Klage Lügen über US-Wahl 2020: Historischer Verleumdungsprozess gegen Fox News wird womöglich abgesagt

"Fox schweigt über die Dominion-Klage": Protestaktion vor dem Hauptquartier von Fox News in New York City.
"Fox schweigt über die Dominion-Klage": Protestaktion vor dem Hauptquartier von Fox News in New York City
© Michael M. Santiago / Getty Images / AFP
Das Verleumdungsverfahren der Wahlmaschinen-Firma Dominion gegen den US-Sender Fox News war mit Spannung erwartet worden. Nun hat das Gericht den Prozessstart um einen Tag verschoben – und womöglich findet er gar nicht mehr statt.

Am Montagmorgen Ortszeit sollte im US-Bundesstaat Delaware ein Zivilprozess beginnen, der das Ausmaß des Rechts auf freie Meinungsäußerung für die US-Medien auf den Prüfstand stellen würde: Dominion Voting Systems gegen Fox News. Der Wahlmaschinenhersteller aus Kanada wirft dem Nachrichtensender vor, die Lüge des früheren US-Präsidenten Donald Trump verbreitet zu haben, dass Apparate der kanadischen Firma zur "Fälschung" der Ergebnisse der Präsidentschaftswahl 2020 genutzt worden seien – und das, obwohl der Sender genau gewusst habe, dass die Vorwürfe haltlos waren. Dominion fordert deshalb 1,6 Milliarden Dollar Schadenersatz von Fox News.

Doch kurz vor dem geplanten Prozessstart teilte Richter Eric Davis am Sonntagabend überraschend mit, das Gericht habe beschlossen, den Beginn des Prozesses auf Dienstag, den 18. April 2023 um 9 Uhr zu verschieben. "Ich werde eine solche Ankündigung morgen um 9 Uhr im Gerichtssaal 7E machen", erklärte Davis, ohne einen Grund für die Verzögerung zu nennen.

Fox News soll Vergleich mit Dominion anstreben

Der Grund könnte sein, dass Fox News sich in letzter Sekunde noch außergerichtlich mit Dominion einigen will, wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf eine mit der Angelegenheit vertraute Quelle nun berichtet. Der Sender des Medientycoons Rupert Murdoch führe Gespräche über einen Vergleich mit den Kanadiern. Auch die "Washington Post" und das "Wall Street Journal", das zum Murdoch-Imperium gehört, melden unter Berufung auf anonyme Quellen, dass Fox Vergleichsgespräche anstrebe.

Womöglich haben die Ereignisse der vergangen Tage bei Fox News Zweifel an seinen Erfolgsaussichten in dem Prozess wachsen lassen: "Dominion schien während des gesamten Falles sehr motiviert zu sein, diesen auf öffentlicher Bühne auszutragen und das Gesamtbild von Wahlleugnung zu korrigieren", zitiert der US-Sender CNN RonNell Anderson Jones, Professorin für Recht an der Universität von Utah. "Aber Fox könnte nach einer sehr harten Woche der vorprozesssualen Anhörungen und vor allem angesichts der jüngsten Enthüllungen der ehemaligen Mitarbeiterin, die jetzt im Lager von Dominion ist, einen weitaus größeren Anreiz haben, auf die Forderungen von Dominion einzugehen."

Mit der Mitarbeiterin, die das Lager gewechselt hat, meint Jones Abby Grossberg, eine ehemalige Fox-Produzentin. Grossberg behauptet, Anwälte des Senders hätten sie bei ihrer Aussage im Dominion-Fall dazu gedrängt, Fox News und seine Moderatorinnen und Moderatoren zu schützen.

Richter Davis hatte zudem erst vor wenigen Tagen erklärt, Fox News und dessen Muttergesellschaft Fox Corp. hätten dem Gericht gegenüber falsche Angaben gemacht und die Übergabe von Beweisen verzögert. Er erwäge deshalb weitere Ermittlungen und eine Rüge. Am Sonntag entschuldigte sich der Sender deshalb offiziell beim Richter.

Fox News beruft sich auf Meinungsfreiheit

Fox behauptet, es habe Trumps Lüge von der gestohlenen Wahl nicht unterstützt, sondern lediglich darüber berichtet. Der Sender beruft sich auf den ersten US-Verfassungszusatz, der die Meinungsfreiheit schützt. Murdoch hat jedoch laut einem Ende Februar öffentlich gewordenen Gerichtsdokument unter Eid eingeräumt, dass prominente Fox-News-Moderatoren und -Moderatorinnen nach der Wahl in ihren Sendungen falsche Betrugsvorwürfe "unterstützt" hatten.

Mitte Februar hatte zudem ein Gerichtsdokument von Dominion deutlich gemacht, dass Murdoch und bekannte Fox-News-Persönlichkeiten die Vorwürfe von Trump und dessen Anwalt Rudy Giuliani für unsinnig hielten. Murdoch etwa bezeichnete demnach die Behauptungen intern als "verrückt" und "schädlich".

Sollte es zu keiner Einigung zwischen Fox und Dominion kommen und das Verfahren doch starten, könnte es zu einem der folgenreichsten Verleumdungsfälle werden, die je in den Vereinigten Staaten verhandelt wurden. Bei einer Niederlage drohen dem populären konservativen Fernsehsender ein gewaltiger Imageverlust und finanzieller Schaden.

Verleumdungsklagen gegen Medien sind in den USA allerdings nur sehr schwer zu gewinnen. Der erste Zusatz zur US-Verfassung bietet einen sehr weitreichenden Schutz der Redefreiheit. Um erfolgreich zu sein, müsste Dominion in dem Prozess nachweisen, dass Fox News tatsächlich böswillig gehandelt hat

Quellen: Reuters, NBC News, CNN, "Wall Street Journal"