US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld soll einem Online-Magazin zufolge Erniedrigungen und Misshandlungen eines Guantanamo-Häftlings im Jahr 2002 erlaubt haben. Ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums wies den am Freitag veröffentlichten Bericht des Online-Magazins Salon.com als "Erfindung" zurück. Das Magazin zitiert aus einem Untersuchungsbericht der Armee vom Dezember 2005, in dem von direktem, regelmäßigem Kontakt Rumsfelds zu dem für die Verhöre im US-Gefangenenlager Guantanamo Bay auf Kuba zuständigen General die Rede ist. Angesehene hochrangige Militärs hatten zuvor den Rücktritt des Verteidigungsministers gefordert.
In dem Bericht mit dem Titel "Was Rumsfeld wusste" heißt es, der Minister habe während der Befragung des Häftlings Mohammed al Kahtani regelmäßig mit Generalmajor Geoffrey Miller gesprochen, der eine zentrale Rolle in der Behandlung der Häftlinge in Guantanamo und im Irak spiele. Der aus Saudi-Arabien stammende Kahtani wird demnach verdächtigt, in die Anschläge vom 11. September verwickelt zu sein. Der Saudi sei während des Verhörs erniedrigt und misshandelt worden. Die Soldaten seien bei der Befragung einem Plan gefolgt, den Rumsfeld genehmigt habe, heißt es in dem Salon-Bericht.
Misshandlungen von Rumsfeld genehmigt
Der Armee-Ermittler Generalleutnant Randall Schmidt wird mit dem Satz zitiert: "Der Verteidigungsminister ist persönlich in die Befragung einer Person involviert". Dem Bericht zufolge soll Schmidt die Aussage beeidigt haben. Er sei zu dem Schluss gekommen, dass Rumsfeld zwar die bei Kahtani angewandten Verhörmethoden nicht spezifisch angeordnet, jedoch Taktiken genehmigt habe, die auch Misshandlungen einschlossen. Kahtani soll Ende 2002 über 54 Tage lang unter anderem gezwungen worden sein, sich nackt von einer Frau verhören zu lassen, Frauenunterwäsche anzuziehen und Hunde-Kunststücke an einer Leine vorzuführen. Die Soldaten hätten ihn außerdem als homosexuell bezeichnet, berichtet Salon.
US-Präsident George W. Bush hat seinen Verteidigungsminister Donald Rumsfeld gegen Rücktrittsforderungen aus den Reihen des Militärs verteidigt. Rumsfeld habe seine volle Unterstützung und genieße seine tiefste Wertschätzung, erklärte Bush am Freitag. Die entschlossene und konstante Arbeit des Verteidigungsministers sei genau das, was die USA derzeit bräuchten, hieß es in der Stellungnahme weiter.
Rumsfeld spielt Forderungen herunter
Rumsfeld selbst spielte die Rücktrittsforderungen in einem am Freitag ausgestrahlten Fernsehinterview herunter: "Wenn wir jedes Mal den Verteidigungsminister wechselten, wenn ihm zwei oder drei von Tausenden und Abertausenden von Admirälen und Generälen nicht zustimmen, wäre das Ministerium ein Karussell", sagte Rumsfeld dem Sender al Arabija. Er habe Bush während des Skandals um die Misshandlungen im Gefängnis Abu Ghraib zwei Mal seinen Rücktritt angeboten, dieser habe ihn jedoch nicht akzeptiert, fügte der Minister hinzu.
Mehrere pensionierte Generäle der US-Armee, darunter Kommandeure aus dem Irak-Einsatz, haben Rumsfeld Arroganz vorgeworfen sowie Ignoranz gegenüber den Einschätzungen seiner im Feld eingesetzten Führungskräfte. Insgesamt forderten sechs ehemalige Generäle den Rücktritt des Verteidigungsministers.
Eingreifen des Präsidenten ungewöhnlich
Es ist höchst ungewöhnlich, dass der Präsident ein Regierungsmitglied in einer eigens veröffentlichten Erklärung verteidigt. Auf die Frage, warum Bush die Notwendigkeit dazu empfunden habe, antwortete der scheidende Stabschef des Präsidialamtes, Andrew Card, an seinem letzten Amtstag: "Der Verteidigungsminister wurde in Frage gestellt. Er erfüllt seine Aufgaben großartig und der Präsident sagte eben dies."
Meinungsumfragen zufolge nehmen die Zweifel der US-Bürger an der Irak-Politik ihres Präsidenten seit Monaten zu. Vor diesem Hintergrund gingen zuletzt immer mehr Ex-Generäle mit ihrer Kritik an Rumsfeld an die Öffentlichkeit. Der Verteidigungsminister müsse für eine ganze Serie von groben Fehlern zur Rechenschaft gezogen werden, sagte beispielsweise der pensionierte Marine-General Anthony Zinni vor wenigen Tagen dem Nachrichtensender CNN. Die Fehler hätten damit begonnen, dass Rumsfeld "zehn Jahre des Planens einfach weggeworfen hat. Pläne, die in Rechnung gestellt haben, was uns bei einer Besetzung des Iraks erwartet." Kritiker werfen der Regierung Bush seit langem vor, den Einsatz nicht ausreichend vorbereitet zu haben. Im Irak wurden mehr als 2370 US-Soldaten getötet.