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Andauernde Proteste Irans Bilanz des noch jungen Jahres: sieben Todesurteile, zwei Hinrichtungen

Im Iran sitzen zwei junge Männer in weißer Oberbekleidung in einem Gerichtssaal und sprechen in Mikrofone
Mohammed Mahdi Karami und Sejed Mohammed Hosseini sind 2023 im Iran bereits hingerichtet worden
© IRINN / AFP
Der Iran geht mit aller Härte gegen die Proteste im Land vor. Schon in den ersten Tagen des Jahres 2023 hat die Justiz sieben Todesurteile ausgesprochen oder bestätigt und zwei Menschen hingerichtet. Was über die Fälle bekannt ist.

Im Iran greifen Regime und Justiz hart gegen die anhaltenden Proteste durch. Nach Informationen der Menschenrechtsorganisation Amnesty International droht mindestens 26 Demonstranten im Iran die Todesstrafe. Hunderte Demonstrierende wurden bereits getötet und tausende weitere festgenommen. Eine häufige Anklage lautet im Iran "Krieg gegen Gott". Das ist im Strafrecht der Theokratie eines der schwersten Verbrechen gegen die islamische Ordnung und wird mit dem Tode geahndet. Auch "Korruption auf Erden" kann nach iranischem Recht mit dem Tode bestraft werden. Die Menschenrechtsorganisation "Iran Human Rights" (IHR) zählt auf ihrer Homepage 109 Demonstrierende, denen die Todesstrafe droht, sowie 481 vom Regime bei Protesten Getötete.

18 Todesurteile, vier Hinrichtungen im Iran

Seit Beginn der Proteste hat die iranische Justiz 18 Todesurteile verkündet, von denen vier bereits vollstreckt wurden. In der Nacht zu Montag hatten in der Hauptstadt Teheran zahlreiche Menschen und Angehörige gegen eine kurz bevorstehende Exekution protestiert. Allein aus dem Jahr 2023 stammen folgende Todesurteile und Hinrichtungen:

Mehdi M.

Der 18-jährige Mehdi M. sei zum Tode verurteilt worden, weil er ein Häuschen der Verkehrspolizei in der Stadt Nowschar im Westen des Landes angezündet habe, berichtet die Organisation Iran Human Rights (IHR) mit Sitz in Oslo am Neujahrstag. Er sei der "Korruption auf Erden" schuldig gesprochen worden sowie der "Feindschaft gegen Gott". Diese doppelte Anklage führte demnach zu einem zweifachen Todesurteil. IHR-Direktor Mahmud Amiry-Moghaddam sagte der Nachrichtenagentur AFP, dass M. nach allen verfügbaren Informationen der jüngste im Zusammenhang mit den Protesten zum Tode Verurteilte sein dürfte.

Mohammed B.

Ebenfalls am 1. Januar erklärte die iranische Justiz auf ihrer Internetseite "Misan Online", dass das Todesurteil gegen den nach IHR-Angaben 19-jährigen Mohammed B. bestätigt worden sei. Die Todesstrafe für B. sei am 6. Dezember "vom Obersten Gericht bestätigt worden", hieß es. Er kann damit keine Rechtsmittel mehr einlegen und kann jederzeit hingerichtet werden.

B. wurde ebenfalls dafür vor Gericht gestellt, ein "Feind Gottes" zu sein. Nach Angaben von "Misan Online" wurde ihm vorgeworfen, einen Sicherheitsbeamten mit einem Messer attackiert und "die Bürger in Angst und Schrecken versetzt" zu haben. Zudem wurde ihm zur Last gelegt, den Verwaltungssitz in der Stadt Pakdascht südöstlich der Hauptstadt Teheran "in Brand gesetzt" zu haben.

Arshia Takdastan

Arshia Takdastan sei der "Korruption auf Erden" und des "Krieges gegen Gott" schuldig gesprochen worden, berichtete der Internetdienst Misan Online der iranischen Justizbehörde am vergangenen Donnerstag.

Takdastan sei der "Anführer einer Menge auf dem Hauptplatz der Stadt Noschahr" im Norden des Landes gewesen und habe dabei "schwere Straftaten begangen", berichtete Misan Online weiter. Über das Alter des Verurteilten und das Datum seiner Festnahme machte die Behörde keine Angaben. Der Verurteilte kann gegen das Urteil Berufung einlegen.

Saleh Mirhaschemi, Madschid Kasemi und Sajed Jaghubi

Saleh Mirhaschemi, Madschid Kasemi und Sajed Jaghubi seien schuldig gesprochen worden, weil sie für den Tod von drei Sicherheitskräften bei einer Demonstration am 16. November in der Provinz Isfahan mitverantwortlich seien, teilte die Nachrichtenwebsite der iranischen Justizbehörden, Misan, am Montag mit. Nach Angaben von Misan wurden sie in erster Instanz wegen "Kriegs gegen Gott" zum Tode verurteilt.

Zwei weitere Angeklagte erhielten Haftstrafen, darunter der 26-jährige Fußballer Amir Nasr-Asadani. Er wurde zu insgesamt 26 Jahren Gefängnis verurteilt. Gegen alle Urteile kann laut Misan noch vor dem Obersten Gerichtshof Berufung eingelegt werden.

Mohammed Mahdi Karami und Sejed Mohammed Hosseini

Mohammed Mahdi Karami und Sejed Mohammed Hosseini waren am Samstag nach Angaben der iranischen Justiz gehängt worden. Sie waren im Dezember laut der Internetseite der Justizbehörde als "Hauptverantwortliche" für den Tod eines Mitglieds der paramilitärischen Bassidsch-Miliz bei Demonstrationen in der Stadt Karadsch westlich von Teheran schuldig gesprochen worden. Am Dienstag hatte der Oberste Gerichtshof das Urteil gegen die beiden bestätigt. Die Hinrichtungen am Samstag sorgten international für Entsetzen.

Dschawad R.

Wie das Justizportal Misan am Dienstag mitteilte, wurde Dschawad R. wegen seiner Beteiligung als "Rädelsführer der Unruhen" in der nördlichen Hafenstadt Noschahr für schuldig befunden und zum Tode verurteilt. Gemäß islamischer Rechtsauffassung wurde der Mann wegen "Kriegsführung gegen Gott" und "Korruption auf Erden" angeklagt. Gegen das Urteil kann noch Berufung eingelegt werden.

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Proteste im Iran

Im Iran gibt es seit Monaten Proteste gegen die islamische Führung. Ausgelöst wurden sie durch den Tod der 22-jährigen Kurdin Mahsa Amini. Sie war am 16. September gestorben, nachdem die Sittenpolizei sie in Teheran wegen eines Verstoßes gegen die strikte islamische Kleiderordnung festgenommen hatte. Aktivisten gehen davon aus, dass Amini von der Polizei misshandelt wurde.

Die iranische Führung geht entschieden gegen die Proteste vor. Hunderte Teilnehmer wurden bereits getötet und tausende weitere festgenommen.

mit Agenturen

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