Karikaturen-Streit Dänische Diplomaten fliehen aus Botschaft in Jakarta

Aus Angst vor Übergriffen aufgebrachter Muslime flüchtete das dänische Botschaftspersonal an einen geheimen Ort. Auch aus anderen muslimischen Ländern zog Dänemark seine Diplomaten ab.

Nach Drohungen aufgebrachter Muslime ist das Personal der dänischen Botschaft in Jakarta aus dem Gebäude geflohen. Botschafter Niels Erik Anderson und seine Mitarbeiter hätten einen geheimen Ort aufgesucht, teilte der indonesische Außenminister Hassan Wirajuda am Sonntag mit. Das dänische Außenministerium erklärte am Samstagabend, es gebe konkrete Hinweise auf geplante Übergriffe einer extremistischen Gruppe. Die Regierung in Kopenhagen forderte alle Dänen auf, Indonesien unverzüglich zu verlassen.

Auch die Botschaften in Syrien und im Iran seien geschlossen worden. Die konsularischen Aktivitäten Dänemarks in Syrien werden dem Ministerium zufolge fürs erste von der deutschen Botschaft in Damaskus übernommen.

Indonesischer Präsident plädiert gegen Nachdrucke

In den vergangenen Tagen waren dänische Botschaften in mehreren Ländern Ziel von Attacken aufgebrachter Muslime, die gegen die Veröffentlichung von Karikaturen des islamischen Propheten Mohammed protestierten. Der indonesische Außenminister Wirajuda bedauerte die Flucht der dänischen Diplomaten. "Wir haben für ihren Schutz gesorgt", sagte er auf einer Religionskonferenz in Jakarta. 200 Polizisten hätten das Botschaftsgebäude bewacht. Präsident Susilo Bambang Yudhoyono forderte Zeitungen weltweit auf, die Karikaturen nicht mehr abzudrucken. Der Nachdruck verstärke nur die gewaltsamen Proteste in der islamischen Welt, schrieb der Präsident des bevölkerungsreichsten muslimischen Landes in einem Gastbeitrag für die "International Herald Tribune".

Auch der norwegische Botschafter in Saudi-Arabien entschuldigte sich am Wochenende für die Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen in einer Zeitung seines Landes. Der Diplomat Jan Bugge-Mahrt sagte nach einem Treffen mit dem Vorsitzenden des Schura-Rats am Samstag, die norwegische Regierung und die Bürger verurteilten die beleidigenden Zeichnungen. Meinungsfreiheit dürfe nicht zur Verletzung des Glaubens und der Würde anderer führen. Eine kleine Zeitung in Norwegen hatte am 10. Januar als erste die Mohammed-Karikaturen aus der dänischen "Jyllands-Posten" nachgedruckt.

Erdogan will vermitteln

Während die weltweiten Proteste gegen die zunächst in einer dänischen Zeitung erschienenen Zeichnungen etwas nachließen, demonstrierten am Wochenende auch in deutschen Städten mehrere tausend Moslems friedlich gegen die in ihren Augen unangebrachte Darstellung des Propheten. In Ankara bewarfen türkische Demonstranten das französische Konsulat mit Eiern. Die Polizei konnte jedoch einen Sturm auf das Gebäude verhindern, wie der Sender NTV berichtete. Für ein Ende des Streits bot sich der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan als Vermittler an.

Rechtsgerichtete Volkspartei legt in Umfragen zu

Die rechtsgerichtete Dänische Volkspartei profitiert offenbar vom Streit über die Mohammed-Karikaturen. Das legen die Ergebnisse einer Umfrage nahe, die am Sonntag in "Jyllands-Posten" veröffentlicht wurde. Demnach konnte die drittgrößte dänische Partei ihre Zustimmungswerte gegenüber dem Vormonat um 3,6 Prozentpunkte auf 17,8 Prozent steigern. Die Dänische Volkspartei unterstützt im Parlament die Minderheitsregierung von Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen.

AP · Reuters
AP/Reuters

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