Nahost-Krise Rice fordert nachhaltigen Frieden

Die diplomatischen Bemühungen laufen auf Hochtouren: Nach einem Blitzbesuch in Beirut reiste US-Außenministerin Condoleezza Rice nach Israel. Im Libanon hatte sie für eine Waffenruhe plädiert, machte diese aber von der Entwaffnung der Hisbollah abhängig.

US-Außenministerin Condoleezza Rice hat sich erneut für eine nachhaltige Friedenslösung im Nahen Osten ausgesprochen. "Jeder Friede muss auf dauerhaften Grundsätzen beruhen", sagte Rice am späten Montagabend bei einem Treffen mit ihrer israelischen Kollegin Zipi Liwni in Jerusalem. Zuvor hatte sie bei einem Besuch in Beirut für eine Waffenruhe plädiert, diese aber von Bedingungen abhängig gemacht. Unterdessen gingen die Kämpfe zwischen der israelischen Armee und der Hisbollah-Miliz im Südlibanon weiter. Erneut griffen israelische Kampfflugzeuge Ziele im Libanon an, während die Hisbollah wieder Raketen auf Nordisrael abschoss.

Für die internationale Gemeinschaft "gibt es einen Weg, voranzukommen" mit der UN-Resolution 1559, sagte Rice am Montagabend in Jerusalem. Die Resolution sieht eine Entwaffnung der Hisbollah- Miliz und die Übernahme der Kontrolle im Südlibanon durch libanesische Streitkräfte vor - neben der Freilassung der verschleppten Soldaten sind dies zwei Kernforderungen der israelischen Regierung für eine Waffenruhe.

Humanitäre Hilfe aus Washington

Rice hatte sich zuvor bei einem überraschenden Besuch in Beirut bereits für eine Waffenruhe ausgesprochen, für die jedoch noch "Bedingungen geschaffen werden müssten, um tragfähig zu sein." Besorgt zeigte sich die US-Außenministerin über die humanitäre Lage im Libanon. "Niemand möchte sehen, dass unschuldige Zivilisten verletzt werden", sagte Rice. Liwni hob hervor, dass dies kein "Konflikt zwischen Israel und dem libanesischen Volk" sei. "Für Israel gibt es aber keine höhere Pflicht als die, seine Bürger zu beschützen."

In Beirut war Rice zuvor mit Ministerpräsident Fuad Siniora und Außenminister Fausi Salluch zusammengetroffen. Ferner sprach sie mit dem schiitischen Parlamentspräsidenten Nabih Berri, der über gute Kontakte zur Hisbollah verfügt. Das Weiße Haus kündigte im Anschluss umfangreiche humanitäre Hilfe für den Libanon an. Die ersten Lieferungen würden bereits an diesem Dienstag per Hubschrauber in der Region eintreffen, sagte ein Sprecher.

Hisbollah-Kämpfer mischen sich unter die Flüchtlinge

Am Dienstag wollte Rice mit dem israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zusammentreffen und am Mittwoch an einer internationalen Nahost-Konferenz in Rom teilnehmen.

Auch der UN-Koordinator für humanitäre Hilfe, Jan Egeland, ist in der Nacht zum Dienstag in Israel eingetroffen, wo er mit der Regierung über die Errichtung eines Korridors für humanitäre Hilfe innerhalb des Libanon verhandeln will. Nach seinem Besuch in Libanon hatte Egeland zuvor die Hisbollah für die hohe Zahl ziviler Opfer bei den israelischen Luftangriffen im Libanon mitverantwortlich gemacht. Die Hisbollah-Kämpfer müssten aufhören, "sich feige unter Frauen und Kinder zu mischen", forderte er.

Spenden sollen Flüchtlingsnot lindern

Die Vereinten Nationen riefen die internationale Gemeinschaft am Montag zu Spenden für die betroffenen Menschen im Libanon auf. Ziel sei es, 150 Millionen Dollar (119 Millionen Euro) humanitärer Hilfe für die etwa 800 000 Flüchtlinge zu sammeln. Ein Teil der Spenden soll nach Syrien gehen, wohin nach UN-Schätzungen schon mehr als 150 000 Libanesen geflohen sind. Weitere 23,8 Millionen Dollar sollen dem UN-Kinderhilfswerk UNICEF für die Versorgung von Kindern und Jugendlichen in der Region zur Verfügung gestellt werden.

Wie ein Armeesprecher am Dienstagmorgen mitteilte, konzentrieren sich die Kämpfe weiter auf die Hisbollah- Hochburg Bint Dschbeil. Der Ort sei noch nicht unter Kontrolle. Seit Montag kamen den Angaben zufolge dort zwei Soldaten und drei Hisbollah-Kämpfer ums Leben. 14 israelische Soldaten seien verletzt worden.

Auch vier Blauhelmsoldaten seien auf ihrem Posten östlich der Hafenstadt Tyrus zwischen die Fronten geraten und durch israelisches Feuer verletzt worden, sagte ein Sprecher der im Südlibanon stationierten UN-Truppe.

Setzt Israel Streumunition ein?

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch warf der israelischen Armee vor, im Südlibanon auch so genannte Streumunition einzusetzen. Die israelische Artillerie habe diese Munition, die bei der Explosion über dem Erdboden eine Vielzahl kleinerer Sprengkörper freisetzt, beim Angriff auf die Ortschaft Blida abgefeuert, heißt es in einer am Montag in Beirut verbreiteten Erklärung der Organisation. Zuvor hatte ein libanesischer Krankenhausarzt in Tyrus erklärt, Verwundungen von Patienten deuteten darauf hin, dass Israel Brandbomben mit Phosphor eingesetzt habe. Bei dem Angriff seien ein Zivilist getötet und mindestens 12 weitere verletzt worden. Nach Ansicht von Human Rights Watch stellt ein Einsatz der Munition in bewohntem Gebiet einen "wahllosen Angriff" und damit einen Verstoß gegen internationale Menschenrechte dar.

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