Nach langem Hin und Her hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) der Ukraine die Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern zugesagt. In einem ersten Schritt sollen Kiew aus Bundeswehr-Beständen 14 Leopard-Panzer zur Verfügung gestellt werden. Ziel ist es laut Bundesregierung, zusammen mit Partnerländern "zwei Panzer-Bataillone mit Leopard-2-Panzern für die Ukraine zusammenzustellen".
Zuvor hatten bereits mehrere Staaten – darunter Polen, die Niederlande und Großbritannien – angekündigt, ebenfalls Kampfpanzer westlicher Bauart zu schicken. Nur wenige Stunden nach der deutschen Zusage verkündeten auch die USA, man wolle 31 Kampfpanzer vom Typ M1 Abrams liefern.
Die Entscheidung der Bundesregierung und der lange Weg dahin wurden auch im Ausland aufmerksam – und teils skeptisch – verfolgt. Während viele Medien nun von einer "guten Nachricht" sprechen, gibt es auch scharfe Kritik an dem Zögern des Kanzlers. Die internationale Presseschau im Überblick.
Panzerlieferungen in der Presse: "Die Europäer gehen wie Pinguine. Jeder will in der Mitte sein, nicht vorne"
"Rzeczpospolita" (Polen): Die deutsche Regierung wird Leopard-Panzer in die Ukraine schicken und vor allem anderen Ländern die Möglichkeit geben, ihre Bestände an Panzern aus deutscher Produktion – bis zu hundert Stück – für das angegriffene Kiew zu spenden. Das ist eine sehr gute Nachricht. Erstens für die Ukrainer, denn mit den besten westlichen Fahrzeugen können sie sich besser auf die Abwehr der nächsten russischen Offensive vorbereiten. Es ist auch eine gute Entscheidung für unsere Region. Die Unfähigkeit Deutschlands, mutige Entscheidungen zu treffen, hat zur Schwächung der Einheit Mitteleuropas beigetragen.
"Lidove noviny" (Tschechien): Deutschland ist in einer Lage, die für Außenstehende schwer verständlich ist. Einerseits sieht es sich dem Vorwurf ausgesetzt, dass deutsche Panzer dort töten werden, wo sie vor 80 Jahren getötet haben. Doch wenn die Bundesregierung entschieden hätte, keine Panzer an Kiew zu liefern, wäre ihr vorgeworfen worden, mit ihrem Pazifismus zu ermöglichen, dass Russen in der Ukraine töten. Es hat lange gedauert, bis für Bundeskanzler Olaf Scholz die Argumente für Panzerlieferungen, um die russische Aggression zu bremsen, überwogen haben. (...) Wie sehr das lange Zögern dem Ruf Berlins unter den westlichen Verbündeten geschadet hat, wird sich erst noch zeigen. Vielleicht haben die Deutschen ihre Führungsrolle in Europa bereits verloren. Denn wer weiß, wie das Ganze ohne den Druck der USA, Polens und der skandinavischen Länder überhaupt ausgegangen wäre."
"Le Figaro" (Frankreich): Diese strategische Entscheidung stellt einen Wendepunkt im Krieg dar. Es muss aber festgehalten werden, dass sie im Durcheinander getroffen wurde, unter der Triebfeder Polens und anderer, die bereit waren, auf das normalerweise notwendige grüne Licht aus Berlin zu verzichten. Die Europäer gehen wie Pinguine voran, die sich im Packeis anrempeln: Jeder will in der Mitte der Truppe sein und nicht vorne oder an der Seite. (...) Und das alles ohne überlegten Schlachtplan, aber unter dem unermüdlichen Druck (des ukrainischen Präsidenten) Wolodymyr Selenskyj.
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"Deutschland will nicht weiter der Bremsklotz sein"
"Neue Zürcher Zeitung" (Schweiz): Scholz hat gerade noch einmal die Kurve gekriegt, in letzter Minute sozusagen, sein Zaudern und Zögern war zuletzt nur noch grotesk. Jahrzehntelang hat Deutschland von der Solidarität in der Nato profitiert, doch sein Regierungschef erweckte monatelang nicht den Eindruck, ebenso rückhaltlos zur Verteidigung Osteuropas beitragen zu wollen. (...) Mit der Entscheidung, nun sogar moderne Leopard 2A6 in die Ukraine zu schicken, scheint Olaf Scholz diesen inneren Impuls überwunden zu haben. Er hat sich festgelegt. Deutschland will nicht weiter der Bremsklotz in Europa sein. Endlich, muss man sagen.
"de Volkskrant" (Niederlande): Bundeskanzler Olaf Scholz traf seine Entscheidung unter starkem inneren und äußerem Druck – zehn Monate nach dem ursprünglichen Ersuchen aus Kiew. Der Beschluss entspricht dem Muster westlicher Waffenunterstützung für die Ukraine, die zwar ständig zunimmt, aber bisher nur ausgereicht hat, um die Ukraine über Wasser zu halten, und nicht, um Russland wirklich zurückzudrängen. Die Frage, ob die von den Vereinigten Staaten und den europäischen Ländern in den letzten Wochen angebotene Unterstützung mehr bewirkt als die Aufrechterhaltung einer blutigen Pattsituation, kann jetzt nicht beantwortet werden.
"Público" (Portugal): "Auf Druck europäischer Partner und der USA hat Deutschland seine Unentschlossenheit überwunden. (...) Für den Kreml ist die Entscheidung Deutschlands keine gute Nachricht, da die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine vor einer neuen russischen Offensive erhöht wird. Die Panzer sind zwar keine Garantie dafür, dass die Ukraine verlorenes Territorium befreien und diesen Krieg gewinnen könnte, aber sie gewährleisten eine geschlossene Front, um dem Angriff Wladimir Putins zu widerstehen. Die Panzer haben einen Zweck: zu verhindern, dass Putin gewinnt. Das ist keine Kleinigkeit.
"Solidarität des Westens ist nach fast einem Jahr Krieg weiterhin groß"
"The Times" (Großbritannien): "Die Zustimmung Deutschlands zur Entsendung von Leopard-Panzern hat, wenngleich sie spät kam, ein schädliches langwieriges Gezerre innerhalb der Nato vermieden. Die Solidarität des Westens mit der Ukraine ist auch nach fast einem Jahr Krieg weiterhin groß. Trotz Zweifel der republikanischen Mehrheit im US-Repräsentantenhaus gibt es keine Anzeichen dafür, dass die Regierung Biden, die bereits mehr als 18 Milliarden Dollar für die Ukraine-Hilfe ausgegeben hat, ihre Unterstützung verringern wird.
"Wall Street Journal" (USA): Die verspätete Entscheidung überwindet das, was ein wachsender Riss in der Nato-Koalition bei der Unterstützung der Ukraine wurde. Polen beantragte eine Exportgenehmigung und drohte, einige seiner Leopard-Panzer ohne Zustimmung Berlins zu schicken. Großbritannien hatte bereits angekündigt, 14 Challenger-Panzer zu schicken, und andere europäische Länder sind bestrebt, dasselbe zu tun. Deutschland riskierte, ein pazifistischer europäischer Ausreißer zu werden. (...) In dieser Situation forderte er (Kanzler Olaf Scholz) die USA auf, ihre erstklassigen Abrams-Panzer zu liefern, damit es nicht so aussähe, als würde Deutschland einen Alleingang machen.