Verteidigung gegen Russland Polens Regierungschef löst Spekulationen über Waffenstopp für Ukraine aus

Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj (l.) und Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki
Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj (l.) und Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki nach dem Kauf polnischer Radschützenpanzer im April
© Michal Dyjuk / AP / DPA
Der polnischsprachige Dienst der Nachrichtenagentur PAP interpretierte Morawieckis Äußerungen anders als der englischsprachige. In der polnischen Version wurde der Regierungschef nicht so wiedergegeben, dass sich daraus eindeutig ein vollständiger Waffenlieferungsstopp ableiten ließ.

Im Konflikt um das polnische Importverbot für ukrainisches Getreide hat Polens Regierungschef mit einer Äußerung über Waffenlieferungen an Kiew für Spekulationen gesorgt. In einem am Mittwochabend geführten Interview des Fernsehsenders Polsat News entgegnete Ministerpräsident Mateusz Morawiecki auf die Frage des Moderators, ob Polen trotz des Getreide-Streits die Ukraine weiter bei Waffenlieferungen und humanitärer Hilfe unterstützen werde: "Wir liefern schon keine Rüstungsgüter mehr an die Ukraine, sondern rüsten uns selbst mit den modernsten Waffen aus."

Morawiecki führte weiter aus, Polen haben seine Bestellungen für Rüstungsgüter enorm erweitert. "Wenn du dich nicht verteidigen willst, musst du etwas haben, womit du dich verteidigen kannst - zu dieser Regel bekennen wir uns." Die Streitkräfte sollten so modernisiert werden, dass Polen über eine der stärksten Landarmeen Europas verfügen werde, sagte Morawiecki.

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Kontext deutet eher auf keinen vollständigen Waffen-Stopp

Während seine erste Aussage zu den Rüstungsgütern klar formuliert schien, deutete der Kontext des Interviews darauf hin, dass Morawiecki eher keinen vollständigen Stopp der polnischen Waffenlieferungen an Kiew gemeint haben dürfte - vielmehr schien er darauf abzuheben, dass Polen nicht nur Waffen an das Nachbarland liefere, sondern parallel dazu auch die eigene Armee aufrüste. Mehrere polnische Nachrichtenportale, darunter der englischsprachige Dienst der staatlichen Nachrichtenagentur PAP, interpretierten Morawieckis Äußerung allerdings so, dass Polen vor dem Hintergrund des Konflikts um das Getreide seine Waffenlieferungen an die Ukraine einstellen werde. Eine Bitte der Deutschen Presse-Agentur um Klarstellung ließ die polnische Regierung zunächst unbeantwortet.

An einer anderen Stelle des Interviews betonte Morawiecki, dass die Regierung in Warschau keinesfalls die Sicherheit der Ukraine gefährden werde. "Unser Drehkreuz in Rzeszow wird im Einvernehmen mit den Amerikanern und der Nato weiterhin die gleiche Rolle spielen wie bisher und auch in Zukunft", versicherte er. Über die Stadt Rzeszow im Südosten Polens läuft ein Großteil der westlichen Militärhilfe für die Ukraine in deren Abwehrkampf gegen den Aggressor Russland.

Das EU- und Nato-Land Polen ist nicht nur einer der wichtigsten politischen und militärischen Unterstützer der Ukraine. Es hat seit Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 auch eine große Zahl von Kriegsflüchtlingen aus dem Nachbarland aufgenommen.

Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version hieß es unter Berufung auf die Nachrichtenagentur AFP, Polen habe seine Waffenlieferungen an die Ukraine eingestellt. Zu den Zitaten von Polens Regierungschef gibt es allerdings unterschiedliche Angaben und noch keine Klarstellung aus Warschau. Wir haben den Artikel daher angepasst

wue / mit DPA- und AFP-Material