Die von den USA und Großbritannien angekündigte neue Irak-Resolution wird nach Angaben aus diplomatischen Kreisen noch am Montag im Weltsicherheitsrat in New York eingebracht werden. Den Informationen zufolge wollte der britische UN-Botschafter Jeremy Greenstock den Entwurf am späten Abend (MEZ) einbringen. Ungewiss war zunächst, ob das Dokument lediglich "erhebliche Verletzungen" des Iraks gegenüber den Abrüstungsauflagen der UN feststellen oder auch den Hinweis auf die Konsequenzen nach Resolution 1441 enthalten wird.
Bundeskanzler Gerhard Schröder hat indes sich erneut gegen eine weitere Irak-Resolution des UN-Sicherheitsrats ausgesprochen. Die bestehende Resolution 1441 vom November vergangenen Jahres biete genügend Möglichkeiten, die Fortschritte bei den UN-Waffeninspektionen zu unterstützen, sagte Schröder am Montag in Berlin. Die Grünen appellierten nachdrücklich an Irak, den Forderungen der UN-Waffeninspekteure nachzukommen, um den drohenden Krieg doch noch abzuwenden.
Eine neue Resolution sei "zum gegenwärtigen Zeitpunkt" nicht notwendig, sagte Schröder. Dies sei die gemeinsame Position Deutschlands und Frankreichs. Schröder und der französische Staatspräsident Jacques Chirac wollten bei ihrem Treffen am Abend in Berlin ihr weiteres Vorgehen in der Irak-Frage abstimmen.
"Alternative entwickeln"
Laut Regierungssprecher Bela Anda geht es darum, "auf der Basis des deutsch-französischen Ansatzes eine Alternative zu möglichen anderen Ansätzen im Sicherheitsrat zu entwickeln". An dem informellen Gipfeltreffen in einem Berliner Restaurant nehmen außerdem Fischer und sein französischer Amtskollege Dominique de Villepin teil. Um Irak soll es auch bei den Regierungskonsultationen zwischen Schröder und dem italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi am 6. und 7. März in Bremen gehen.
Grünen-Chef Reinhard Bütikofer zeigte sich zuversichtlich, dass ein Krieg noch abwendbar sei: "Ich glaube nach wie vor, dass es eine Alternative gibt, ohne den Einsatz militärischer Gewalt das Abrüstungsziel zu realisieren." Deutlich forderte er: "Der Irak muss unbedingt sämtliche Forderungen der Waffeninspekteure bedingungslos erfüllen, um seinen Beitrag dazu zu leisten, dass der drohende Krieg doch noch abgewendet werden kann." Am Samstag hatte Bundesaußenminister Joschka Fischer den Einsatz militärischer Gewalt als "allerletztes Mittel" nicht ausgeschlossen.
Der Einsatz von AWACS-Radarfernaufklärungsflugzeugen der NATO zur Überwachung des türkischen Luftraumes angesichts eines möglicherweise bevorstehenden Irak-Krieges hat unterdessen begonnen. Ein Vorauskommando unter Leitung des obersten Kommandeurs der europäischen AWACS-Einheiten, des deutschen Generalmajors Johann-Georg Dora, startete von Geilenkirchen bei Aachen nach Konya in der mittleren Türkei. Dora unterstrich vor Journalisten den rein defensiven Charakter des Einsatzes, den die Türkei erbeten habe. Anda, mit der Überlassung der für die Türkei bestimmten Patriot-Luftabwehrraketen an Holland und dem deutschen Personal in den AWACS-Aufklärern habe die Bundesregierung "ihre Solidarität erfüllt". Anforderungen zusätzlicher Hilfe kenne er nicht.
Merkel trifft mit Cheney zusammen
Die rot-grüne Koalition warnte CDU-Chefin Angela Merkel davor, die Irak-Politik der Bundesregierung während ihrer USA-Reise weiter anzuprangern. Die Kritik, die Merkel vor ihrer Abreise in einem Artikel für die "Washington Post" geübt habe, sei "nicht gut und kein übliches Verhalten", sagte SPD-Generalsekretär Olaf Scholz. Ähnlich äußerte sich der stellvertretende Grünen-Fraktionschef Winfried Nachtwei.
Zum Auftakt ihrer viertägigen politischen Gespräche in den USA wollte Merkel am Montag in Washington mit US-Vizepräsident Richard Cheney zusammentreffen. Anschließend waren Unterredungen mit Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice vorgesehen. Merkel hatte sich in der vergangenen Woche in dem Artikel für die "Washington Post" von der Irakpolitik der Bundesregierung distanziert.