Schimon Peres war Israels letzter Gigant - so lautete am Mittwoch nach dem Tod des Ex-Präsidenten das einstimmige Credo. Mit dem 93-jährigen Friedensnobelpreisträger starb der letzte Repräsentant der politischen Gründergeneration Israels. Als Szymon Perski in Polen geboren, hatte er nach seiner Einwanderung beim Aufbau des jüdischen Staates mitgeholfen - an der Seite des legendären Staatsgründers David Ben Gurion. Viele Palästinenser sehen den Pionier des israelischen Zionismus allerdings eher als jemanden, der ihren eigenen Traum von einem unabhängigen Staat Palästina verhindert hat.
Nach der Staatsgründung 1948 widmete Peres fast sieben Jahrzehnte seines Lebens dem öffentlichen Dienst - zweimal war er Regierungschef, sieben Jahre lang Präsident und mehrmals Minister. "Sein wichtigstes Anliegen war es immer, dem jüdischen Volk zu dienen", sagte sein Sohn Chemi Peres kurz nach der Todesnachricht im Scheba-Krankenhaus bei Tel Aviv. Dies habe er bis zu seinem letzten Tag getan.
In der Welt eine Lichtgestalt, in der Heimat umstritten
Mit Peres starb auch der letzte der drei Politiker, die 1994 für die Vereinbarung der israelisch-palästinensischen Friedensverträge gemeinsam mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden waren. Ein Jahr nach der Auszeichnung war Israels Regierungschef Izchak Rabin von einem jüdischen Fanatiker erschossen worden, um weitere Gebietsabtretungen an die Palästinenser zu verhindern. Der Palästinenserpräsident Jassir Arafat starb 2004. Und zwei Jahrzehnte nach Abschluss der Verträge gilt auch der Nahost-Friedensprozess als gescheitert.

Wegen seines unermüdlichen Einsatzes für eine Friedensregelung in Nahost war Peres, der stets besonnen auftrat und mit sonorer Stimme sprach, auf dem internationalen Parkett dennoch hoch angesehen und galt fast als eine Art Lichtgestalt. Der Vetter der Hollywoodschauspielerin Lauren Bacall wirkte glaubwürdig und staatsmännisch. Dabei war er in seiner Heimat lange eine sehr umstrittene Figur.
In Israel wurde der dreifache Vater, der mit polnischem Akzent sprach, als "ewiger Verlierer" belächelt, der immer wieder von politischen Rivalen an die Seite gedrängt wurde. Seine Vision von blühenden Landschaften in einem friedlichen Nahen Osten wurde angesichts der harten Realität in einer umkämpften Region gerade von vielen Rechten als weltfremde Spinnerei belächelt. Erst mit seiner Ernennung zum Staatspräsidenten im hohen Alter erhielt er die breite Anerkennung, die er sich immer gewünscht hatte.
Abgeordneter nennt Peres "blutrünstigen Kriminellen"
Palästinenser warfen ihm aber bis zuletzt vor, er habe als Feigenblatt der israelischen Besatzung gedient. Während Peres nach seinem Schlaganfall auf der Intensivstation lang, verurteilte ihn Basel Ghattas, arabischer Abgeordneter im israelischen Parlament, als "blutrünstigen Kriminellen", der Kriegsverbrechen verübt habe. "Peres ist von Kopf bis Fuß mit unserem Blut bedeckt", sagte er.
Vorgeworfen wurde Peres als damaligem Regierungschef auch lange eine Verantwortung für das "Massaker von Kana", bei dem 1996 rund 100 libanesische Zivilisten starben. Während der Operation "Früchte des Zorns" hatte die israelische Artillerie ein UN-Schutzlager getroffen.
Auch Peres' Rolle als Vater des israelischen Atomprogramms will nicht so recht zu seinem friedlichen Image passen. Als junger Mann wurde Peres vom Staatsgründer Ben Gurion zum Rüstungsbeauftragten ernannt. Dabei knüpfte er enge Kontakte zu Frankreich, das letztlich auch beim Bau des Atomreaktors in Dimona half.
Netanjahu würdigt Peres als "Mann des Friedens"
Das Mitglied der Arbeitspartei wandelte sich jedoch allmählich zum zähen Verfechter einer umfassenden Friedensregelung in Nahost. "Als Mann des Friedens hat er sich bis zu seinen letzten Tagen für eine Versöhnung mit unseren Nachbarn und eine bessere Zukunft für unsere Kinder eingesetzt", sagte Regierungschef Benjamin Netanjahu am Mittwoch.
Wie symbolisch ist es da, dass Peres' letztes öffentliches Amt, seine Zeit als Staatspräsident, nach sieben Jahren ausgerechnet während des blutigen Gaza-Kriegs 2014 endete. Die Erfüllung seines schönen Traums von Frieden in einem "neuen Nahen Osten" durfte er selbst nicht mehr miterleben.