Angesichts der zunehmenden Machtdemonstration Chinas wollen die USA und Großbritannien Australien bei der Stärkung der Sicherheit im indopazifischen Raum unterstützen. Die US-Regierung will Australien daher den Erwerb von U-Booten mit Nuklearantrieb ermöglichen, um die Sicherheit und die militärische Abschreckung im Indopazifik-Raum zu stärken. US-Präsident Joe Biden sprach am Mittwochnachmittag (Ortszeit) in Washington von sich "rasch entwickelnden Bedrohungen". Gemeinsam mit Großbritannien soll in den kommenden 18 Monaten ein optimaler Weg gefunden werden, um Australien mit den modernen U-Booten auszustatten, hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung von Biden, dem australischen Regierungschef Scott Morrison sowie dem britischen Premier Boris Johnson.
Die US-Regierung habe zuvor erst einmal eingewilligt, diese "extrem vertrauliche" Technologie zu teilen, sagte zuvor ein ranghoher Beamter des Weißen Hauses. Die Initiative ist Teil einer neuen "Sicherheitspartnerschaft" der drei Staaten für Frieden und Stabilität im Indopazifik-Raum. Sie soll in Anlehnung an die englischen Abkürzungen der beteiligten Länder "AUKUS" heißen.
"Bedrohungen von heute und morgen" begegnen
Die Initiative sei ein "historischer Schritt", sagte Biden. Er betonte allerdings, dass es dabei nicht um nuklear bewaffnete U-Boote für Australien gehe. "Das sind konventionelle U-Boote, die nuklear angetrieben werden", sagte Biden. Der australische Regierungschef Morrison kündigte an, dass die U-Boote in Adelaide gebaut werden sollten.
Australien, aber auch die USA blicken mit zunehmender Sorge auf das Auftreten des wirtschaftlich und militärisch aufstrebenden Chinas. Morrison sagte, das neue Dreierbündnis solle helfen, die "Herausforderungen" in der "zunehmend komplexen" indopazifischen Region anzugehen. Australien werde von den USA auch neue Marschflugkörper vom Typ Tomahawk erhalten. Biden, Morrison und Johnson erwähnten China selbst bei ihrer Videoschalte aber nicht.
"Wir müssen in der Lage sein, uns sowohl mit dem derzeitigen strategischen Umfeld in der Region als auch mit dessen möglichen Entwicklungen auseinanderzusetzen", sagte Biden. Ein offener und freier Indopazifik-Raum sei entscheidend für die Zukunft und müsse Bestand haben. Es gehe nun darum, die Verbündeten der USA auf neue Weise zu verbinden und die Fähigkeit zur Zusammenarbeit zu stärken. Dabei müsse den "Bedrohungen von heute und morgen" begegnet werden.
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China zeigt sich empört
Es handele sich um eines der komplexesten und technisch anspruchsvollsten Projekte der Welt, das sich über Jahrzehnte erstrecken und die fortschrittlichste Technologie erfordern werde, betonte der britische Premier Johnson. Die Initiative zeige, wie tief die Freundschaft und wie groß das Vertrauen zwischen den drei Ländern sei. "Nur eine Handvoll Länder verfügt über nuklear angetriebene U-Boote, und es ist eine bedeutsame Entscheidung für jede Nation, sich diese gewaltige Fähigkeit anzueignen", sagte Johnson.
Von einem Nuklearreaktor angetriebene U-Boote würden es Australien ermöglichen, U-Boote länger ununterbrochen zu betreiben, sie seien zudem leiser und hätten mehr Fähigkeiten als jene herkömmlicher Bauart, hatte es zuvor aus dem Weißen Haus geheißen.
China zeigte sich von dem Vorhaben empört. "Die betreffenden Länder sollten die Null-Summen-Mentalität des Kalten Kriegs aufgeben", sagte ein Sprecher des Außenministeriums am Donnerstag in Peking. Andernfalls schadeten sie am Ende nur ihren eigenen Interessen. Zudem verwies der Sprecher darauf, dass Australien ein Staat ohne Atomwaffen sei, der jetzt plötzlich nuklear angetriebene U-Boot-Technologie mit strategischem militärischem Wert importieren könne. Dies könne andere Staaten der internationalen Gemeinschaft dazu bewegen, ihr Engagement für die Nichtverbreitung von Atomwaffen infrage zu stellen. China selbst gehört seit Langem zu den Atommächten.

Frankreichs Außenminister: "Ich bin wütend"
Auch Frankreich zeigte sich verärgert. Australien hatte 2016 einen milliardenschweren Vertrag mit Frankreich zum Bau von zwölf neuen U-Booten unterschrieben. Der Deal muss jetzt der neuen Initiative weichen. Morrison erklärte, er habe bereits den französischen Rüstungskonzern Naval Group und Präsident Emmanuel Macron über die Entscheidung informiert. "Ich möchte betonen, dass Frankreich ein unglaublich wichtiger Partner im Pazifik bleibt", sagte er. "Aber als Premierminister muss ich Entscheidungen treffen, die der nationalen Sicherheit Australiens dienen, und ich weiß, dass Frankreich dasselbe tun würde. Und ich weiß, dass das letztendlich verstanden wird."
"Dies ist eine Entscheidung gegen den Geist und den Inhalt der Zusammenarbeit zwischen Frankreich und Australien, die auf politischem Vertrauen aufbaut sowie auf der Entwicklung einer hochwertigen Verteidigungsindustrie in Australien", erklärten Außenminister Jean-Yves Le Drian und Verteidigungsministerin Florence Parly am Donnerstag in Paris. Ein europäischer Partner wie Frankreich werde einfach beiseitegeschoben.
Le Drian machte darüber hinaus im Radiosender France Info aus seinem Zorn keinen Hehl: "Ich bin wütend. So etwas macht man nicht unter Verbündeten", sagte der Außenminister. "Das ist ein Schlag in den Rücken." Er sprach von einer "einseitigen, brutalen und unvorhersehbaren Entscheidung". Sie erinnere stark an das Auftreten des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump. "Wir haben mit Australien eine Vertrauensbeziehung aufgebaut. Dieses Vertrauen ist betrogen worden." Die Australier müssten nun erklären, wie sie aus der Sache rauskommen wollten. "Wir sind mit der Geschichte noch nicht fertig."
Neuseeland will keine Atom-U-Boote in seinen Gewässern
Auch in Neuseeland ist man nicht sonderlich erfreut über die Atom-U-Boote des Nachbarn. Die Inselnation will nuklearbetriebenen australischen U-Booten keinen Zutritt zu seinen Gewässern gewähren. Dies gab Ministerpräsidentin Jacinda Ardern am Donnerstag bekannt. "Neuseelands Position in Bezug auf das Verbot von nuklearbetriebenen U-Booten in unseren Gewässern bleibt unverändert", sagte Ardern in der Hauptstadt Wellington. Neuseeland betrachte außenpolitische Entwicklungen "immer mit dem Blick auf das, was im besten Interesse der Region ist". Der Inselstaat lehnt Atomkraft strikt ab.
Anders als Großbritannien ist Australien nicht Mitglied des westlichen Verteidigungsbündnisses Nato, gilt aber als enger Partner der Organisation. Australien hat sich etwa an Nato-Militäreinsätzen in Afghanistan und im Irak beteiligt. Die USA und Australien sind neben dem bilateralen Verhältnis auch über die sogenannte "five eyes" (fünf Augen) Partnerschaft der Geheimdienste verbunden. Zu dem Bündnis gehören Australien, Neuseeland, Kanada, Großbritannien und die USA.
Biden setzt für Sicherheit und Kooperation im Indopazifik zudem auf ein "Quad" genanntes Bündnis. Das Quartett umfasst Australien, Indien, Japan und die USA.