Mitten in der Schuldenkrise schaut Europa am Dienstag voller Spannung auf die Slowakei. Das Parlament in Bratislava stimmt als letztes Euroland über die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms ab. Es droht ein Nein und ein vorzeitiges Ende der Regierung: Die slowakische Premierministerin Iveta Radicova will die Abstimmung mit der Vertrauensfrage verbinden. Ohne Zustimmung der Slowakei kann die Erweiterung des Rettungsschirms EFSF nicht umgesetzt werden.
In der Abstimmung gehe es "um die Zukunft der Slowakei in Europa", sagte Radicova. Angesichts einer Krise, die "nicht nur Europa, sondern die ganze Welt bedroht", müsse man "gemeinsam eine verantwortungsvolle Lösung suchen, um diese weltweite Krise zu mildern". Eine so wichtige Frage dürfe nicht durch innenpolitische Streitigkeiten überdeckt werden, betonte die Premierministerin. Die Vertrauenswürdigkeit der Slowakei habe für sie erste Priorität.
Die Schuldenkrise im Euroraum hatte sich in den vergangenen Tagen verschärft. Drei Jahre nach der Finanzmarktkrise müssen wieder Banken gerettet werden. Die belgisch-französische Großbank Dexia wird zerschlagen und teilweise verstaatlicht. In Griechenland wird eine kleine Bank von der Notenbank gerettet. Weil Berlin und Paris erst Ende Oktober ein Gesamtpaket zur Eindämmung der Krise vorlegen wollen, wird der für nächste Woche geplante EU-Gipfel auf den 23. Oktober verschoben.
Malta unterstützt das Hilfspaket
Wenige Stunden vor der entscheidenden Sitzung in Bratislava stimmte am Montagabend in Malta das Parlament des kleinsten EU-Landes dem Rettungsschirm zu. Die Abstimmung in Valletta fiel einstimmig aus. "Dies stellt Maltas Verpflichtung zur europäischen finanziellen Stabilität unter Beweis", sagte Finanzminister Tonio Fenech nach der Abstimmung.
Die Parlamentssitzung in Bratislava beginnt am Dienstag um 13 Uhr (MESZ). Bisherige Äußerungen von Politikern aus Regierung und Opposition lassen aber eine stürmische und lang andauernde Debatte erwarten. Mit der eigentlichen Abstimmung ist daher erst in den Abendstunden zu rechnen. Auch eine neuerliche Verschiebung der Debatte ist derzeit wegen akuter Unstimmigkeiten innerhalb der Regierungskoalition nicht auszuschließen.
Eine Krisensitzung des Koalitionsrates der vier Regierungsparteien ging am Montagabend ohne Einigung über den Euro-Rettungsschirm zu Ende. "Es gibt Momente, die sehr schwierig sind", sagte die vollkommen niedergeschlagen wirkende Premierministerin Iveta Radicova. Am Dienstag wollen die Parteichefs der Koalitionsparteien nochmals zusammentreffen.
Zustimmung nur unter Bedingungen
Die neoliberale zweitstärkste Regierungspartei SaS von Parlamentspräsident Richard Sulik hatte angekündigt, bei der Parlamentssitzung die EFSF-Erweiterung nicht zu unterstützen, falls die Koalitionspartner ihre Bedingungen nicht akzeptierten. Dazu zählt, dass die Slowakei schon jetzt eine Teilnahme am Stabilisierungsmechanismus ESM ausschließt, der dem EFSF ab 2013 nachfolgen soll. Diese Bedingungen hatte Regierungschefin Radicova aber als "für die anderen Euro-Länder nicht akzeptierbar" abgelehnt.
Ohne Suliks SaS findet Radicova jedoch keine eigene Mehrheit im Parlament für die EFSF-Erweiterung. Die sozialdemokratische größte Oppositionspartei Smer von Ex-Premier Robert Fico ist zwar prinzipiell für die EFSF-Erweiterung. Fico hat aber bisher stets betont, er werde nur dann für eine Ja-Mehrheit sorgen, wenn die gegenwärtige Regierung ihre "Unfähigkeit" anerkenne und zurücktrete, um den Weg für vorgezogene Neuwahlen freizumachen.