Kämpfer im Sudan haben ein staatliches Medizinlabor mit Proben der Erreger von Krankheiten wie Polio, Cholera und den Masern besetzt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnte am Dienstag, dies schaffe eine "extrem, extrem gefährliche" Situation.
"Die Besetzung des Medizinlabors durch eine Konfliktpartei stellt ein sehr großes biologisches Risiko dar", sagte der WHO-Vertreter im Sudan, Nima Saeed Abid, per Videoschalte bei einer Pressekonferenz in Genf. Er betonte, dass in dem Labor Proben verschiedener potenziell tödlicher Krankheitserreger wie Cholera oder Kinderlähmung gelagert würden.
Nima Saeed Abid fügte hinzu, dass bei den Kämpfen im Sudan mindestens 459 Menschen getötet und 4072 verletzt worden seien.
Kämpfe im Sudan: UN rechnet mit Flüchtlingswelle
Wegen des Konflikts im Sudan rechnen die Vereinten Nationen damit, dass bis zu 270.000 Menschen aus dem nordostafrikanischen Land in die Nachbarländer Tschad und Südsudan fliehen könnten. Die Vertreterin der UN-Flüchtlingskommission (UNHCR) im Tschad, Laura lo Castro, sagte am Dienstag, dort seien bereits 20.000 Flüchtlinge aus dem Sudan eingetroffen. Im "schlimmsten Fall" sei mit der Ankunft von bis zu 100.000 weiteren Geflüchteten zu rechnen.
"Im Südsudan ist das wahrscheinlichste Szenario, dass 125.000 südsudanesische Geflüchtete zurückkehren und 45.000 Flüchtlinge kommen werden", sagte die UNHCR-Vertreterin in dem Land, Marie-Hélène Verney, bei einer Pressekonferenz.
Zwischen den Konfliktparteien im Sudan herrscht seit Dienstag eine von den USA mit ausgehandelte 72-stündige Waffenruhe. Im Sudan sind vor mehr als einer Woche schwere Kämpfe zwischen dem Militär und Paramilitär ausgebrochen. De-facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan, der auch Oberbefehlshaber der Armee ist, will mithilfe des Militärs seinen Stellvertreter Mohammed Hamdan Daglo entmachten, den Anführer der einflussreichen paramilitärischen Gruppe Rapid Support Forces (RSF). Die zwei Männer hatten die Führung des Landes am Horn von Afrika mit rund 46 Millionen Einwohnern durch zwei gemeinsame Militärcoups 2019 und 2021 übernommen.

Deutschland evakuiert weiterhin ausländische Staatsbürger
Deutschland setzt indes die Evakuierung ausländischer Staatsbürger fort. "Die Evakuierung läuft weiter, wir planen weitere Flüge", sagte ein Bundeswehrsprecher am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP. Mit insgesamt fünf Flügen seien seit Sonntagabend knapp 500 Menschen außer Landes gebracht worden, darunter vor allem deutsche Staatsbürger, aber auch Angehörige anderer Nationen. "Unser Ziel ist es, möglichst viele Menschen auszufliegen", sagte der Sprecher weiter.
Die Evakuierungen starteten demnach von einem Flugplatz außerhalb der sudanesischen Hauptstadt Khartum. Deutschland habe dort die Koordination aller Flüge von Frankreich übernommen und regele Flugzeiten und den praktischen Betrieb. Aufgrund der anhaltenden Kämpfe in Khartum hatten Deutschland und zahlreiche andere Länder Evakuierungseinsätze für ihre Staatsangehörigen in dem nordostafrikanischen Land gestartet.
Quellen: Nachrichtenagenturen DPA, AFP und Reuters