Gerichtstermin in Washington Einer ist richtig "angepisst": So reagieren Trumps republikanische Rivalen nach der Anklage-Verlesung

Demonstranten haben sich anlässlich der Anklageerhebung gegen Donald Trump vor dem Gericht in Washington versammelt
Comeback als Präsident oder eine Zukunft im Knast? Demonstranten haben sich anlässlich der Anklageerhebung gegen Donald Trump vor dem Gericht in Washington versammelt
© Stefani Reynolds / AFP
Die Anklage gegen Donald Trump wegen seiner Reaktion auf die Wahlpleite 2020 könnten seine Gegner im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner gegen ihn verwenden. Doch tun sie das auch?

Donald Trumps bislang schwerwiegendste Anklage hat seine innerparteilichen Konkurrenten im Rennen um das Weiße Haus erneut unter Zugzwang gesetzt. Wie schon bei den vorherigen beiden Anklagen wegen seines Umgangs mit Geheimpapieren und wegen Schweigegeldzahlungen an den Pornostar Stormy Daniels müssen Ron DeSantis, Mike Pence und Co. zu den beispiellosen Vorwürfen gegen den früheren US-Präsidenten öffentlich Stellung beziehen.

Trumps Gegner im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner könnten sich darüber freuen, dass ihr ärgster Rivale, der in den Umfragen weit vor ihnen liegt, noch mehr juristischen Ärger am Hals hat und sein Ruf weiter beschädigt wird. Sie könnten die Vorwürfe des Sonderermittlers Jack Smith im Vorwahlkampf sogar als Waffe gegen den 77-Jährigen einsetzen.

Die Mitbewerber könnten stattdessen aber auch der Argumentation von Trump folgen, um es sich nicht mit dessen zahlreichen Anhängern zu verscherzen. Der 77-Jährige weist die Vorwürfe zurück und sieht sich – wieder einmal – als Opfer einer politischen Hexenjagd der Demokraten und seines eigentlichen Gegners bei der Präsidentschaftswahl im November 2024, Amtsinhaber Joe Biden.

So hat Trumps Konkurrenz bislang auf die Anklage reagiert:

Trumps gefährlichster Rivale bei den Vorwahlen äußerte sich nach der Anklageverlesung am Donnerstag weder in den sozialen Medien noch in Interviews. Der Gouverneur von Florida hatte jedoch bereits am Tag zuvor seine Strategie im Umgang mit der Trump-Anklage deutlich gemacht: Statt den Ex-Präsidenten zu attackieren, kritisierte er, dass der Prozess gegen Trump in der traditionell politisch liberalen US-Hauptstadt Washington stattfinden soll.

"Eine Jury in Washington DC würde ein Schinkensandwich verurteilen, wenn es ein republikanisches Schinkensandwich wäre", behauptete DeSantis im Sender Fox News. "Ich denke, die Geschworenen sind voreingenommen, ich denke, sie werden Leute verurteilen wollen, mit denen sie nicht einverstanden sind." Die Amerikaner müssten in der Lage sein, Gerichtsverfahren nicht in Washington abhalten zu lassen, forderte der 44-Jährige. "Oder zumindest sollte man in der Lage sein, Geschworene aus dem ganzen Land auszuwählen."

Mike Pence

Auch der ehemalige Vizepräsident vermied nach der Anklage zunächst eine klare Stellungnahme und widersprach lediglich Trumps Behauptung, er hätte die Absegnung des Wahlergebnissen verhindern müssen: "Präsident Trump lag falsch, als er sagte, ich hätte das Recht, die Wahl zu annullieren", schrieb Pence in den sozialen Medien. "Meine Pflicht im Januar beruhte nicht auf einer Überzeugung, sondern auf dem Gesetz und der Geschichte dieses Landes."

Trump hatte Pence offen aufgerufen, das von ihm geleitete Prozedere des US-Kongresses zur Bestätigung von Bidens Wahlsieg am 6. Januar 2021 zu blockieren. Als Pence sich weigerte, hetzte Trump seine Anhänger gegen seinen Stellvertreter auf. Der Mob skandierte an jenem Tag Rufe wie "Hängt Pence". Pence war gezwungen, sich zusammen mit den Mitgliedern des Kongresses vorübergehend in Sicherheit zu bringen, als die Randalierer das Kapitol stürmten.

Nikki Haley

Die ehemalige Gouverneurin von South Carolina verteidigte ihren Konkurrenten sogar im Sender NBC News: "Wie die meisten Amerikaner bin ich es leid, jedes Trump-Drama zu kommentieren. Ich habe aufgehört zu zählen, ob dies die dritte, vierte oder fünfte Anklage ist", sagte Haley, die unter Trump US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen war, dem Sender NBC News. "Donald Trump trägt eine gewisse Verantwortung für das, was passiert ist, aber Trump hat das Kapitol nicht angegriffen. Dafür sollte er nicht angeklagt werden."

Vivek Ramaswamy

Der millionenschwere Pharmaunternehmer sprang Trump noch deutlicher zur Seite und erhob schwere Vorwürfe gegen Präsident Joe Biden und seine Administration: "Ich glaube, wir leben gerade in einer Zeit, in der wir das Gefühl haben, dass die Regierung die Wahrheit unterdrückt", behauptete Ramaswamy im Sender Fox News Digital, ohne Belege dafür vorzulegen. "Die ersten drei Anklagen – sie stanken nach Politisierung. Und ich denke, das ist einfach eine Realität. Ich denke, das schafft einen schrecklichen Präzedenzfall. Ich denke, es gibt einen Unterschied zwischen einem schlechten Urteil und einem Verbrechen. Jedes Fehlurteil zu kriminalisieren, ist ein gefährlicher Weg, den wir in diesem Land beschreiten sollten."

Verhandlung in Washington: So geht es jetzt weiter mit der dritten Anklage gegen Donald Trump
So geht es jetzt weiter mit der dritten Anklage gegen Donald Trump

Doug Burgum

Der Gouverneur von North Dakota drückte sich um eine Positionierung für oder gegen Trump und griff ebenfalls die US-Regierung an: "Die Biden-Administration liebt es, wenn wir über Anklagen reden, weil sie dann nicht über ihre schreckliche Erfolgsbilanz bei der nationalen Sicherheit sprechen muss", sagte Burgum in der Fox-News-Sendung "Special Report".

Will Hurd

Anders als die meisten seiner Mitbewerber um die Kandidatur der Republikaner schoss der frühere Kongressabgeordnete aus Texas scharf gegen Trump und rief die Wählerinnen und Wähler auf, ihm bei den Vorwahlen ihre Stimme zu verweigern. "Die Tatsache, dass ein ehemaliger Präsident in der Hauptstadt unserer Nation vor einem Richter steht und in einem Streitfall plädiert muss, in dem es darum geht, eine Wahl zu kippen, ist einfach ungeheuerlich", wetterte Hurd in einem CNN-Interview. "Mir geht es wie den meisten Amerikanern. Ich bin aufgebracht, ich bin verärgert, ich bin angepisst."

"Aber das Tolle daran ist: Wir können etwas dagegen tun", fuhr der ehemalige CIA-Beamte fort. "Wir haben die Chance zu sagen, genug ist genug, und ihn in einer Wahl zu besiegen. ... Lassen Sie uns keine Angst vor diesem Vorsprung haben, den er im Moment hat. Es ist nur eine Momentaufnahme, und diejenigen unter uns, die es satt und müde und wütend sind, dass Donald Trump für das Amt des Präsidenten kandidiert, um nicht ins Gefängnis zu müssen, sollten etwas dagegen tun. Es liegt in unserer Hand."

Asa Hutchinson

Auch der frühere Gouverneur von Arkansas griff Trump scharf an: "Die heutige Anklageerhebung gegen Donald Trump ist ein trauriger Tag für die Partei von Lincoln und Reagan", kommentierte Hutchinson den Gerichtstermin vom Donnerstag. "Er hat seine Anhänger am 6. Januar hinters Licht geführt und er versucht, es erneut zu tun."

Der 72 Jahre alte ausgewiesene Trump-Kritiker forderte einen Richtungswechsel bei der Republikanischen Partei: "Die GOP braucht eine Kurskorrektur. Ich plane, eine solche auf der Debattenbühne anzubieten. Helfen Sie mir, mich zu qualifizieren!"

Trump sieht sich als Opfer "politischer Verfolgung"

Donald Trump hatte am Donnerstag im Zusammenhang mit versuchtem Wahlbetrug und dem Angriff seiner Anhänger auf das Kapitol zur Anklageverlesung vor einem Gericht in Washington erscheinen müssen. In der 45-seitigen Anklageschrift werden ihm vier formale Anklagepunkte zur Last gelegt, darunter Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten. Im Falle einer Verurteilung könnte dem 77-Jährigen eine jahrzehntelange Haftstrafe drohen.

Trump weist alle Anschuldigungen zurück und plädierte vor Gericht auf "nicht schuldig". Er wertet jedes juristische Vorgehen gegen ihn als Versuch seiner Gegner, ihn an einem Wiedereinzug ins Weiße Haus zu hindern. Er sei das Opfer der "Verfolgung eines politischen Gegners". Der frühere Amtsinhaber will bei der Präsidentenwahl erneut für die Republikaner antreten, muss dafür aber zunächst die parteiinternen Vorwahlen gewinnen. Im Feld der republikanischen Präsidentschaftsbewerber liegt er Umfragen zufolge weit vorne.

Die neue Anklage ist bereits die zweite auf Bundesebene gegen Trump, und insgesamt die dritte. In den vergangenen Monaten war der Ex-Präsident bereits im Zusammenhang mit Schweigegeldzahlungen an den Pornostar Stormy Daniels vor mehreren Jahren und wegen der unrechtmäßigen Aufbewahrung geheimer Regierungsdokumente nach dem Ende seiner Amtszeit angeklagt worden.