Vor Lösung des Schuldenstreits Jetzt weht Tsipras zu Hause der Wind entgegen

Das eine Problem ist noch nicht gelöst, da entsteht schon das nächste: Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras mag die Geldgeber beruhigt haben, doch zu Hause in Athen regt sich genau deswegen Widerstand.

Griechischer Ministerpräsident will man gerade wirklich nicht sein. 148 Tage sind seit dem Amtsantritt von Alexis Tsipras vergangen - doch die Chance auf die obligatorischen 100 Tage Narrenfreiheit, in denen neue Regierungen erst einmal in Ruhe gelassen werden, hatte er nie. Nichts weniger als die blanke Existenz seines Landes lastete von Beginn an auf seinen Schultern und denen seiner Minister. Jetzt, knapp fünf Monate und endlose Gipfel später, scheint endlich eine Lösung im Schuldenstreit nahe zu sein. Nur leider beruhigen die neuen Vorschläge aus Athen vielleicht die Geldgeber in Europa - zu Hause in Athen bringt Tsipras' Entgegenkommen die Menschen auf die Zinne - und nicht nur die oppositionellen.

Beinahe mitleidig begrüßte der ehemalige Außenminister Dimitris Droutsas von der sozialdemokratischen Pasok den neuen Hoffnungsschimmer, sagte aber im gleichen Atemzug: "Es wird keine leichte Aufgabe für Herrn Tsipras, das Reformpaket durch das Parlament zu bringen." Der Widerstand von Tsipras eigenen Syriza-Abgeordneten sei jetzt schon groß, seine Versprechen aus dem Wahlkampf könne er nicht mehr nachkommen, und einige Bürger würden bereits von Lügen sprechen. "Jetzt steht er eben da, quasi wie der König ganz nackt ohne Kleidung."

 "Crash-Test für die Regierung"

Diese Einschätzung teilt auch der Athener Vize-Parlamentssprecher Alexis Mitropoulos, ein Parteikollege des Regierungschefs. "Viele Abgeordnete könnten der Vorschlagsliste die Unterstützung verweigern. Ich glaube, dieses Programm wird Schwierigkeiten haben, bei uns durchzukommen."

Auch konservative griechische Medien glauben noch nicht an ein Happy End. Die Zeitung "Kathimerini" etwa schreibt, Tsipras sei in Erklärungsnot und müsse jetzt seinem Parlament und seiner Partei erläutern, warum er von seinen Wahlversprechen so sehr abweiche. Die Abstimmung werde zum "Crash-Test für die Regierung". Ähnlich "Eleftheros Typos": "Sparabkommen - Schock" heißt es dort: Die Hinhaltetaktik der griechischen Regierung habe zu einem aufgeblasenen neuen Sparprogramm in Höhe von 7,9 Milliarden Euro geführt. Jetzt müsse Tsipras seiner Regierung und der Partei seine Kehrtwende erklären. 

"Rettung - koste es, was es wolle"

Resigniert reagiert die eher linke Presse: "In die Richtung eines schmerzhaften Kompromisses", schreibt das Blatt "Efimerída ton Syntaktón" auf ihrer Titelseite. Tsipras wolle eine umfassende und dauerhafte Lösung. Die Lasten des neuen Sparprogramms würden dieses Mal die Reichen tragen, zitiert das Blatt den Regierungschef. Die in der Hafenstadt Thessaloniki erscheinende Zeitung "Angeliaforos" schreibt: "22 Sparmaßnahmen - 7,9 Milliarden Euro". Alexis Tsipras sei entschlossen, auch wenn es teuer wird, das Land aus der Zeit der Krise herauszuführen. Für die liberale Zeitung "Ta Nea" ist die Reformliste alles andere als eine Lösung: Noch immer sei kein Wort über die Umstrukturierung des Schuldenberges gefallen, heißt es in dem Blatt unter der Überschrift: "Wir zahlen acht Milliarden Euro und die Gläubiger wollen mehr." 

nik