US-Repräsentantenhaus Dritter Kandidat wirft nach wenigen Stunden das Handtuch – und hat schon einen Nachfolger

US-Republikaner Tom Emmer will sich zum Sprecher des US-Repräsentantenhauses wählen lassen
US-Republikaner Tom Emmer wollte sich zum Sprecher des US-Repräsentantenhauses wählen lassen
© Drew Angerer / Getty Images North America / AFP
Das Chaos im US-Repräsentantenhaus geht weiter. In nur zehn Stunden hatten die Republikaner mit Tom Emmer einen neuen, dritten Kandidaten für den Vorsitz gewählt. Nach dessen Rücktritt soll Nummer vier es richten, Mike Johnson.

Die Krise im seit drei Wochen blockierten US-Repräsentantenhaus verschärft sich immer mehr. Nun soll es der Abgeordnete Mike Johnson als neuer Kandidat für den Vorsitz des US-Repräsentantenhauses richten. Die Republikaner wollen ihn heute nominieren. Der 51-Jährige habe bei einer internen Abstimmung mit anderen Anwärtern 128 Stimmen erhalten, berichteten US-Medien am späten Dienstagabend (Ortszeit). Er wolle die Berufung am Mittwoch offiziell machen und sich zur Wahl für den Chefposten in der Kammer stellen, sagte Johnson Reportern. Seine Nominierung bedeutet nicht automatisch, dass er bei der offiziellen Wahl auch eine notwendige Mehrheit erhält.

Der Jurist und frühere Radiomoderator aus dem Bundesstaat Louisiana ist bereits der vierte Kandidat für den Vorsitz, seitdem sein Parteikollege Kevin McCarthy Anfang Oktober in einer historischen Abstimmung abgewählt worden war. Johnson habe sich seinerzeit geweigert, die Niederlage von Donald Trump bei der Präsidentenwahl 2020 anzuerkennen, hieß es in Medienberichten.

Erst Stunden vor der Berufung Johnsons war der Republikaner Tom Emmer für den Posten nominiert worden. Der 62-Jährige zog seine Kandidatur Medienberichten zufolge aber nach wenigen Stunden zurück, weil er keine Mehrheit für das spätere Votum im Plenum der Kammer auf die Beine stellen konnte. So war deutlich geworden, dass der Fraktionsgeschäftsführer der Republikaner angesichts von parteiinternen Widerständen kaum Chancen auf das dritthöchste Staatsamt in den USA hatte.

26 Republikaner wollten Tom Emmer Unterstützung verweigern

Der Vertreter des traditionell-konservativen Parteiflügels hatte sich am Dienstag fraktionsintern für die Nachfolge des vor drei Wochen abgesetzten Vorsitzenden Kevin McCarthy durchgesetzt. Die Nummer drei der Republikaner-Fraktion kam in der letzten Abstimmungsrunde auf 117 Stimmen, der Zweitplatzierte Mike Johnson bekam 97 Stimmen.

In der Folge signalisierten aber 26 Abgeordnete, dass sie Emmer bei der Wahl zum Vorsitzenden im Plenum nicht unterstützen wollen. Angesichts der knappen Mehrheit der Republikaner im Repräsentantenhaus hatte der Vertreter des Partei-Establishments damit keine Chance, im Plenum zum "Speaker" gewählt zu werden. 

Rechte Hardliner werfen Emmer vor, nicht ausreichend hinter Ex-Präsident Donald Trump zu stehen. Sie stören sich auch daran, dass der Abgeordnete aus dem Bundesstaat Minnesota sich für Ukraine-Hilfen und für die Ehe für alle ausgesprochen hat.

Knapp zwei Stunden später einigte man sich in einer erneuten Abstimmung auf den vorher Zweitplatzierten Mike Johnson aus Louisiana als neuen Kandidaten.

Für eine Wahl zum "Speaker" ist eine Mehrheit von 217 Abgeordneten nötig. Die Republikaner verfügen derzeit mit 221 Abgeordneten nur über eine knappe Mehrheit in der Kongresskammer, die Demokraten von Präsident Joe Biden stellen 212 Abgeordnete.

Das Repräsentantenhaus ist schon seit drei Wochen gelähmt und kann damit keine Gesetze und keine neuen Militärhilfen für Israel und die Ukraine beschließen. Der bisherige Vorsitzende McCarthy war am 3. Oktober durch eine Revolte rechter Hardliner in den eigenen Reihen gestürzt worden. Die Suche nach einem Nachfolger verläuft höchst chaotisch.

Jordan und Scalise ebenfalls gescheitert

Der zunächst von den Republikanern nominierte Mehrheitsführer Steve Scalise zog seine Kandidatur zurück, nachdem klar wurde, dass er die notwendige Mehrheit verfehlen würde. Der daraufhin nominierte rechte Hardliner Jim Jordan fiel im Plenum bei drei Anläufen klar durch. Die Fraktion entzog dem Trump-Vertrauten daraufhin am vergangenen Freitag die Nominierung. Nun scheiterte auch der 62-jährige Emmer, der seit 2015 im Repräsentantenhaus sitzt.

Das seit Wochen andauernde Chaos bei den Republikanern hat weitreichende Folgen: Ohne Vorsitzenden ist die Parlamentskammer bei der Gesetzgebung blockiert. Damit kann der Kongress unter anderem keine weiteren Militärhilfen für das von der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas überfallene Israel und die von Russland angegriffene Ukraine beschließen, um die Präsident Biden das Parlament gebeten hat. Den USA droht zudem Mitte November ohne Lösung im Haushaltsstreit ein sogenannter Shutdown.

DPA · AFP
Frankie Taggart / wue / mm / mb