Äußerungen der SPD Zweifel an Regierungs-Dementi zu Kundus-Affäre

Die SPD zieht in der Kundus-Affäre ein Dementi der Bundesregierung massiv in Zweifel. Diesem Dementi zufolge war das Kanzleramt nicht schon vor der Bundestagswahl zu der Einschätzung gelangt, der von der Bundeswehr angeordnete Luftangriff im afghanischen Kundus sei militärisch unangemessen gewesen.

Die SPD zieht in der Kundus-Affäre ein Dementi der Bundesregierung massiv in Zweifel. Diesem Dementi zufolge war das Kanzleramt nicht schon vor der Bundestagswahl zu der Einschätzung gelangt, der von der Bundeswehr angeordnete Luftangriff im afghanischen Kundus sei militärisch unangemessen gewesen. Der SPD- Verteidigungsexperte Rainer Arnold sagte der "Berliner Zeitung" (Dienstag), im Kanzleramt gebe es schließlich ein für die Bundeswehr zuständiges Referat. Deswegen wäre es doch ein "normaler, unaufgeregter Vorgang", wenn diese Abteilung auch den Angriff in Kundus untersucht hätte, sagte Arnold.

Nach dem Rücktritt von Franz Josef Jung sei der neue Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) der Einzige in der deutschen Politik, der die Einschätzung vertrete, der Angriff Anfang September sei angemessen gewesen. Guttenberg hatte sich Anfang November nach Lektüre eines geheim gehaltenen NATO- Untersuchungsberichts entsprechend geäußert.

An dieser Fehleinschätzung ändere auch der Bericht deutscher Feldjäger von Anfang September nichts, der erst Ende vergangener Woche öffentlich wurde und Guttenberg zunächst nicht vorgelegen haben soll, so der SPD-Abgeordnete Arnold. "Damals wollte Guttenberg die Anerkennung der Soldaten." Heute stehe er vor einem Dilemma: "Ändert er seine Position, hat er in der Bundeswehr ein Problem. Ändert er sie nicht, hat er ein politisches Problem."

Die Generalbundesanwaltschaft betonte derweil, dass eine angekündigte Neubewertung des Luftangriffs bei Kundus durch Guttenberg keine Auswirkungen auf das laufende juristische Verfahren haben werde. "Wir müssen unsere juristische Prüfung selbstständig vornehmen", sagte ein Sprecher der Behörde dem "Kölner Stadt- Anzeiger" (Dienstag). "Diese Prüfung dauert an." Sie könne bis ins nächste Jahr dauern.

Die Generalbundesanwaltschaft werde den Feldjäger-Bericht, in dem explizit von zivilen Opfern die Rede ist, und alle weiteren verfügbaren Unterlagen in ihre Bewertung einbeziehen. Bisher sei der Feldjäger-Bericht noch nicht in Karlsruhe eingegangen. Die Behörde muss auf Bitten der Generalstaatsanwaltschaft Dresden klären, ob der Befehlshabende Oberst Georg Klein mit seinem Befehl gegen Völkerstrafrecht verstieß. In einem solchen Fall würde sie ein formelles Ermittlungsverfahren gegen Klein einleiten. Käme die Generalbundesanwaltschaft zum gegenteiligen Schluss, würde sie das Verfahren an die Generalstaatsanwaltschaft Dresden zurückverweisen. Dort würde geprüft, ob ein Verstoß gegen deutsches Strafrecht vorliegt, schreibt der "Kölner Stadt-Anzeiger".

Der Verteidigungsexperte der Grünen im Bundestag, Omid Nouripour, kritisierte den neuen Verteidigungsminister wegen seiner Äußerung zum Luftangriff in Afghanistan. In der SWR-Talkshow "2+Leif" sagte Nouripour am Montagabend, er wisse nicht, wie Guttenberg nach der Lektüre der Untersuchungsberichte zu dem Ergebnis gekommen sei, dass dieser Militärschlag angemessen gewesen wäre. "Das ist indiskutabel, und wir werden die Frage, wie er zu einem Ergebnis solcher Art überhaupt gekommen ist, natürlich permanent im Untersuchungsausschuss stellen müssen."

SPD, Linke und Grüne forderten schon am Montag Aufklärung darüber, was Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vor der Bundestagswahl über zivile Opfer und Verstöße gegen Einsatzregeln bei der Bombardierung zweier Tanklastwagen auf deutschen Befehl wusste. Heute (Dienstag) Abend will Verteidigungsminister zu Guttenberg im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags auftreten. Voraussichtlich wird am Mittwoch ein Untersuchungsausschuss beschlossen. Dieser könnte noch vor Weihnachten seine Arbeit aufnehmen.

DPA
DPA